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Die Chaosschwestern sind die Größten!

Die Chaosschwestern sind die Größten!

Titel: Die Chaosschwestern sind die Größten! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: cbj Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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nämlich. Auch in den Schulpausen sind wir nicht im Mindesten so träge wie andere, die nur im Pausenhof abhängen oder sich irgendwo auf den Rasen schmeißen. Nein, wenn schon Rasen, dann rasen Dodo und ich zwischen den Unterrichtsstunden sofort ins nächste Mädchenklo und frischen unser Make-up auf. Wir haben schließlich Niveau! Und dazu gehört natürlich tadelloses Aussehen – in JEDER Situation. Unsere freien Nachmittage verbringen wir damit, uns durch die neuesten Modemagazine zu büffeln. Auch wenn das sehr zeitraubend ist und mitunter ziemlich viel Lesearbeit erfordert. Aber wir wollen auf keinen Fall neue Trends verpassen. Immer informiert, immer up to date – das ist unser Motto! Und mal ehrlich, wer bringt schon so viel Einsatz? Das kann man ja wohl kaum faul nennen!
    Während die süß-runzelige Frau Flieder munter weiter plappert und mir freundliche Fragen stellt, denke ich schon wieder zielstrebig weiter. (Ja, denn das sind Dodo und ich nämlich auch: zielstrebig! ) Ich mustere ihre Haut.
    Hm … eine gute Portion Grundierung wäre natürlich notwendig. Dann ein sanftes Rouge auf die Wangen. Hauptsächlich, um die Aufmerksamkeit ein wenig von den Falten weg und hin zu ihrer hübschen Gesichtsform zu lenken. Und dann noch ein kräftiges Rot auf die Lippen. (Hilde Flieders Lippen sind total schön geschwungen, fällt mir gerade auf.) Denn ich sehe einfach nicht ein, wieso sich alle Leute ab sechzig nur noch in unauffälligen Klamotten verschanzen und auch in puncto Gesicht und Haare total zurückstecken sollten. Ich meine – hallo? –, es ist doch keine Schande, alt zu sein!
    Wenn ich mich hier so umgucke … Wie wunderschön und total maravilloso könnte man alle diese Persönlichkeiten mit dem richtigen Make-up zur Geltung bringen!
    HUIII ! Tut sich da gerade eine neue Karrierechance für mich und Dodo auf? Stylingberatung für die reife Dame? Ja, das ist ja wohl totalmente und absoluto BINGO ! Was für eine muy, muy acojonante Idee! Und die absolute Marktlücke dazu!
    Hoffentlich klaut mir die keiner, bevor ich ein richtiges Businesskonzept ausgearbeitet habe! Was für ein muy fantástico Einfall – ich bin wirklich ein Genie! Ein einziger Tag im Seniorenheim und schon habe ich praktisch die nächste Million für uns verdient!
    »Tiara?«
    »Ja?«
    »Entschuldige, hast du mich nicht gehört?«
    »Äh, doch, äh, ich glaube, ich war gerade in Gedanken.«
    »Ich fragte, ob du es weit bis zu uns hier hast.«
    »Aber nein«, antworte ich schnell, »nur etwas über eine Viertelstunde Fußweg. Ich wohne in der Kastanienallee. Die ist hinten bei …«
    »Ich weiß, wo die Kastanienallee ist«, unterbricht mich die süße Rapunzel-Hilde mit einem Leuchten im Gesicht. »Dort wohnte vor über siebzig Jahren meine beste Freundin, Helene Knobloch. Und zwar in der Nummer neunzehn. Ein sehr schönes gelbes Haus.«
    »Aber genau DA wohne ich!«, rufe ich erstaunt. »Nur ist das Haus jetzt altrosa gestrichen und nicht mehr gelb.«
    Die alte Dame guckt mich erstaunt an. »Ja, bist du denn mit Helene Knobloch verwandt?«
    »Nein«, erzähle ich, »mein Vater hat das Haus von einem sehr entfernten Verwandten geerbt. Aber der hieß nicht Knobloch.«
    »Ach«, meint Frau Flieder fast bedauernd, »dann muss das Haus nach dem Krieg wohl verkauft worden sein. Ach, ich war so lange nicht da, ich bin nämlich nach dem Krieg für viele Jahre nach Amerika gegangen und habe Helene ganz aus den Augen verloren.« Dann lächelt sie mich an. »Aber es ist schön, dass jetzt immer noch nette Leute dort wohnen. Hast du denn noch Geschwister?«
    Geschwister? Na, also damit kann ich dienen! Und zwar reichlich.
    Und dann setzen wir uns in den Nebenraum, der wie ein riesiges Wohnzimmer aussieht, trinken Kaffee und quatschen und erzählen und lachen. Andrea hat nämlich gesagt, dass Dodo und ich nachmittags den Leutchen einfach Gesellschaft leisten sollen. (Woraufhin ich bescheiden fragte, ob wir dann vielleicht nur halbtags, nämlich nachmittags, arbeiten könnten, da wir in dem Bereich Gesellschaftleisten bestimmt viel bessere Ergebnisse als vormittags erzielen würden. Das fand die Andrea allerdings nicht sehr witzig.)
    Während Dodo und ich zwei Tassen sehr leckeren Cappuccino in uns reinkippen, hören wir eine Menge Geschichten.
    Donnerwetter! Was man bei alten Leuten komischerweise immer vergisst, ist, dass die ja schon ein irre langes Leben hinter sich haben. Wenn man bloß ein altes Gesicht und tatterige Hände und Beine

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