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Die Chirurgin

Die Chirurgin

Titel: Die Chirurgin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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vergewaltigt, bevor er sie getötet hatte.
    Moore blätterte um und stieß auf diverse Haar- und Faseranalysen. Der Schambereich des Opfers war ausgekämmt worden, und man hatte die gefundenen Haare analysiert. Darunter hatte sich auch ein rotbraunes Schamhaar befunden, das als von Capra stammend identifiziert wurde. Er überflog die nächsten paar Seiten mit Laborberichten, in denen es um verschiedene am Tatort gefundene Haare ging. Die meisten, ob Scham- oder Kopfhaare, stammten vom Opfer selbst. Auf dem Teppich hatte man auch ein kurzes blondes Haar gefunden, das später aufgrund der komplexen Strukturen der Zellen im Markstrang als nicht menschlich erkannt worden war. In einer handgeschriebenen Notiz hieß es: »Mutter des Opfers hat einen Golden Retriever. Ähnliche Haare im Wagen des Opfers auf dem Rücksitz gefunden.«
    Er wandte sich der letzten Seite des Haar- und Faserberichts zu und hielt inne. Hier war die Analyse eines weiteren Haares, diesmal von einem Menschen stammend, das jedoch nicht identifiziert worden war. Es war auf dem Kopfkissen gefunden worden. In jedem Haushalt findet sich eine ganze Palette von ausgefallenen Haaren. Der Mensch verliert jeden Tag Dutzende von Haaren, und je nachdem, wie sehr man auf Reinlichkeit achtet und wie oft man Staub saugt, kann sich auf Decken, Teppichen und Sofas eine mikroskopisch kleine Kartei sämtlicher Besucher ansammeln, die sich irgendwann über einen gewissen Zeitraum in dem betreffenden Haus aufgehalten haben. Dieses einzelne Haar, das auf dem Kopfkissen gefunden worden war, hätte von einem Liebhaber stammen können, von einem Gast, der im Haus übernachtet hatte, oder von einem Verwandten. Jedenfalls gehörte es nicht Andrew Capra.
     
    Einzelnes menschliches Kopfhaar, hellbraun. A0 (geschwungen), Schaftlänge 5 cm. Telogenphase. Trichorrhexis invaginata festgestellt. Herkunft unbekannt.
     
    Trichorrhexis invaginata. Bambushaar. Der Chirurg war dort gewesen.
    Moore sank wie vom Donner gerührt in seinen Stuhl zurück. Früher am Tag hatte er die Berichte des Labors von Savannah über die Fälle Fox, Voorhees, Torregrossa und Cordell gelesen. An keinem diese Tatorte war ein Haar mit Trichorrhexis invaginata gefunden worden.
    Aber Capras Partner war die ganze Zeit dort gewesen. Er war unsichtbar geblieben, hatte kein Sperma, keine DNS hinterlassen. Der einzige Hinweis auf seine Anwesenheit war dieses eine Haar – und Catherines verschüttete Erinnerung an seine Stimme.
    Ihre Partnerschaft hat schon mit dem ersten Mord begonnen. In Atlanta.

20
    Peter Falcos Arme steckten bis zu den Ellenbogen im Blut. Er sah kurz vom Tisch auf, als Catherine in den Schockraum gestürmt kam. Die Spannungen, die zwischen ihnen entstanden waren, das Unbehagen, das sie in Peters Gegenwart empfand – all das war augenblicklich vergessen. Ihre Rollen waren jetzt wieder die von zwei routinierten Profis, die in der Hitze der Schlacht Seite an Seite kämpften.
    »Es kommt noch einer rein!«, sagte Peter. »Das macht dann vier. Sie sind noch dabei, ihn aus dem Wagen rauszuschneiden.«
    Blut spritzte aus der Wunde. Er schnappte sich eine Gefäßklemme vom Tablett und setzte sie flugs in die offene Bauchhöhle ein.
    »Ich werde assistieren«, sagte Catherine und riss den Klebeverschluss eines sterilen Kittels auf.
    »Nein, ich komme hier schon klar. Kimball braucht dich in Raum 2.«
    Wie um seine Aussage zu bekräftigen, begann das Kreischen einer Sirene das Stimmengewirr im Raum zu übertönen.
    »Der da gehört dir«, sagte Falco. »Viel Spaß.«
    Catherine rannte hinaus zur Einfahrt. Draußen warteten Dr. Kimball und zwei Schwestern bereits auf die Ambulanz, die soeben zurücksetzte. Noch bevor Kimball die Hecktür aufgerissen hatte, konnten sie den Patienten schreien hören.
    Es war ein junger Mann; seine Arme und Schultern waren von Tätowierungen überzogen. Er schlug wild um sich und fluchte, während das Team seine Trage herauszog. Catherine warf einen Blick auf das blutgetränkte Tuch, das seine unteren Extremitäten bedeckte, und wusste, warum er schrie.
    »Wir haben ihn schon am Unfallort mit Morphium vollgepumpt«, sagte einer der Sanitäter, als sie ihn in den Schockraum 2 schoben. »Schien überhaupt keine Wirkung zu haben.«
    »Wie viel?«, fragte Catherine.
    »Vierzig, fünfundvierzig Milligramm i.v. Wir haben aufgehört, als sein Blutdruck in den Keller ging.«
    »Auf mein Kommando rüberheben!«, sagte eine Schwester. »Eins, zwei, drei!«
    » Verdammte Scheisse!

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