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Die Chirurgin

Die Chirurgin

Titel: Die Chirurgin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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irgendetwas von ihr zu fordern. Ein Freund, der eine Freundin tröstete.
    »Sag mir, wie ich dir helfen kann«, sagte er. »Ganz egal, was es ist.«
    Sie seufzte. »Ich bin so müde, Peter. Könntest du einfach nur mit mir zu meinem Wagen gehen?«
    »Ist das alles?«
    »Das ist alles, was ich im Moment wirklich brauche. Dass jemand, dem ich vertrauen kann, mich begleitet.«
    Er trat einen Schritt zurück und lächelte. »Dann bin ich hundertprozentig der Richtige.«
    Die fünfte Etage der Parkgarage war menschenleer, und der Widerhall ihrer Schritte auf dem Beton klang, als ob eine Schar gespenstischer Verfolger ihnen auf den Fersen sei. Wäre sie allein gewesen, dann hätte sie sich die ganze Zeit nervös umgeschaut. Aber Peter war an ihrer Seite, und sie hatte keine Angst. Er ging mit ihr zu ihrem Mercedes. Er wartete, bis sie sich hinter das Steuer gesetzt hatte. Dann schlug er die Fahrertür zu und deutete auf das Schloss.
    Sie nickte und drückte auf den Knopf der Zentralverriegelung. Ein beruhigendes Klicken, und sämtliche Türen waren gesichert.
    »Ich ruf dich später an«, sagte er.
    Als sie davonfuhr, konnte sie ihn im Rückspiegel sehen. Er winkte ihr nach. Dann verschwand er aus ihrem Gesichtsfeld, als sie um die Ecke bog und die Rampe herunterfuhr.
    Auf dem Nachhauseweg in die Back Bay konnte sie sich das Lächeln nicht verkneifen.
    Manche Männer sind es wert, dass man ihnen vertraut, hatte Moore zu ihr gesagt.
    Aber welche?
    Das wirst du nicht wissen können, bis es hart auf hart kommt. Dann wird er derjenige sein, der immer noch an deiner Seite steht.
    Ob als Freund oder als Liebhaber, Peter würde immer einer dieser Männer sein.
    Als sie die Commonwealth Avenue erreicht hatte, verlangsamte sie die Fahrt, bog in die Einfahrt zu ihrem Gebäude ein und drückte auf den Knopf der Garagen-Fernbedienung. Rumpelnd öffnete sich das Sicherheitstor, und sie fuhr hindurch. Im Rückspiegel beobachtete sie, wie das Tor sich wieder schloss. Erst jetzt parkte sie auf ihrem Stellplatz ein. Solche Vorsichtsmaßnahmen waren ihr schon in Fleisch und Blut übergegangen, und nie ließ sie eines dieser Rituale ausfallen. Sie warf einen prüfenden Blick in den Fahrstuhl, bevor sie eintrat; ließ den Blick durch den Flur schweifen, bevor sie die Kabine wieder verließ. Kaum hatte sie ihre Wohnung betreten, da verriegelte sie sämtliche Schlösser. Die Festung war gesichert. Erst jetzt konnte sie sich endgültig entspannen.
    Sie stand an ihrem Fenster, nippte an einem Eistee und genoss die kühle Luft ihres Apartments, während sie auf die Straße herabblickte, wo die Menschen mit schweißglänzenden Gesichtern vorübereilten. In den vergangenen sechsunddreißig Stunden hatte sie drei Stunden Schlaf bekommen. Ich habe mir diese kleine Wohltat redlich verdient, dachte sie, als sie sich das eiskalte Glas an die Wange hielt. Ich habe es verdient, heute Abend früh ins Bett zu gehen und das Wochenende mit ausgiebigem Nichtstun zu verbringen. Sie würde nicht an Moore denken. Sie würde den Schmerz nicht an sich heranlassen. Noch nicht.
    Sie leerte ihr Glas und hatte es gerade in der Küche abgestellt, als ihr Piepser losging. Ein Anruf aus dem Krankenhaus war das Allerletzte, womit sie sich jetzt herumschlagen wollte. Als sie in der Telefonzentrale des Pilgrim Hospital zurückrief, konnte sie die Verärgerung in ihrer Stimme nicht verbergen.
    »Hier spricht Dr. Cordell. Ich weiß, dass Sie mich gerade angerufen haben, aber ich habe heute Abend keinen Dienst. Wissen Sie was, ich werde meinen Piepser jetzt einfach ausschalten.«
    »Tut mir Leid, Sie zu belästigen, Dr. Cordell, aber der Sohn eines gewissen Herman Gwadowski hat angerufen. Er besteht darauf, sich heute Nachmittag mit Ihnen zu treffen.«
    »Unmöglich. Ich bin schon zu Hause.«
    »Ja, ich sagte ihm auch, dass Sie schon ins Wochenende gegangen sind. Aber er sagt, er sei nur noch heute in der Stadt. Er will Sie sprechen, bevor er einen Anwalt einschaltet.«
    Einen Anwalt?
    Catherine ließ sich gegen den Küchentresen sinken. O Gott – für so etwas hatte sie einfach nicht die Kraft. Nicht jetzt. Nicht, solange sie so müde war, dass sie kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte.
    »Dr. Cordell?«
    »Hat Mr. Gwadowski gesagt, wann er sich mit mir treffen will?«
    »Er sagte, er würde bis sechs in der Cafeteria des Krankenhauses warten.«
    »Danke.« Catherine legte auf und starrte benommen auf die glänzenden Kacheln. Wie peinlich sie darauf achtete, diese

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