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Die Chirurgin

Die Chirurgin

Titel: Die Chirurgin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Warren Hoyt in Wirklichkeit war.
    Dr. Zucker kam aus dem Schlafzimmer und sagte zu Moore: »Hier stimmt irgendetwas nicht.«
    »Ist Hoyt unser Täter oder nicht?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Was haben wir denn überhaupt?« Moore blickte zu Crowe, der sie an der Tür in Empfang genommen hatte.
    »Wir haben einen Volltreffer bei der Schuhgröße. 42 – passt auf die Abdrücke am Ortiz-Tatort. Wir haben Haare auf dem Kopfkissen gefunden – kurz, hellbraun. Sieht auch nach einem Treffer aus. Und wir haben ein langes schwarzes Haar auf dem Badezimmerboden entdeckt. Schulterlang.«
    Moore runzelte die Stirn. »Eine Frau war hier?«
    »Vielleicht eine Freundin.«
    »Oder ein weiteres Opfer«, sagte Zucker. »Eine, von der wir noch nichts wissen.«
    »Ich habe mit der Vermieterin gesprochen, die im Erdgeschoss wohnt«, sagte Crowe. »Sie hat Hoyt zuletzt heute Morgen gesehen, als er von der Arbeit nach Hause kam. Sie hat keine Ahnung, wo er sich jetzt aufhält. Ist nicht schwer zu erraten, was sie über ihn gesagt hat. Guter Mieter. Ruhiger Mann, hat noch nie Ärger gemacht. «
    Moore sah Zucker an. »Was meinten Sie, als Sie sagten, hier stimmt etwas nicht?«
    »Es gibt hier keine Mordwerkzeuge. Keine Instrumente. Sein Auto steht direkt vor der Tür, und da ist auch kein Werkzeug drin.« Zucker deutete auf das fast leere Wohnzimmer. »Diese Wohnung sieht nicht wirklich bewohnt aus. Im Kühlschrank sind nur einige wenige Sachen. Im Bad finden sich nur Seife, Zahnbürste und Rasierer. Es ist wie ein Hotelzimmer. Eine Übernachtungsmöglichkeit, mehr nicht. Das ist nicht der Ort, wo er seine Fantasien am Leben hält.«
    »Er wohnt aber hier«, wandte Crowe ein. »Seine Post kommt hierher, seine Klamotten sind hier.«
    »Aber das Allerwichtigste fehlt«, sagte Zucker. »Seine Trophäen. Hier sind keine Trophäen.«
    Lähmende Angst fuhr Moore durch sämtliche Glieder. Zucker hatte Recht. Aus jedem seiner Opfer hatte der Chirurg eine anatomische Trophäe herausgeschnitten; er würde sie behalten haben, als ständige Erinnerung an seine Mordtaten. Um ihm zu helfen, die Zeit zwischen seinen Beutezügen zu überbrücken.
    »Wir haben hier nicht das ganze Bild vor uns«, meinte Zucker. »Ich muss Hoyts Arbeitsplatz sehen. Sein Labor.«
     
    Barry Frost setzte sich an den Computer und gab den Namen Nina Peyton ein. Ein neuer Bildschirm baute sich auf, randvoll mit Daten.
    »Dieser Computer ist sein Fischteich«, sagte Frost. »Hier angelt er sich seine Opfer.«
    Moore starrte verblüfft auf den Monitor. Ringsumher im Labor surrten Maschinen und klingelten Telefone; Laboranten hantierten mit Reagenzgläsern, und die Gestelle mit Blutproben ratterten in ihren Apparaturen. Hier in dieser antiseptischen Welt des rostfreien Stahls und der weißen Kittel, in einer Welt, in der alles der Heilkunst diente, hatte der Chirurg sich in aller Ruhe seine Beute gesucht. An diesem Computer hatte er die Namen sämtlicher Frauen aufrufen können, deren Blut oder Körperflüssigkeiten jemals im Interpath-Labor analysiert worden waren.
    »Das hier ist das größte diagnostische Labor der Stadt«, sagte Frost. »Wenn Sie sich irgendwo in Boston in einer Arztpraxis oder einer Ambulanz Blut abnehmen lassen, wird die Probe mit großer Wahrscheinlichkeit zur Analyse in dieses Labor geschickt.«
    Hierher, zu Warren Hoyt.
    »Er hatte ihre Adresse«, sagte Moore, der die Informationen über Nina Peyton vom Monitor ablas. »Den Namen ihres Arbeitgebers, ihr Alter, ihren Familienstand…«
    »Und ihre Diagnose«, warf Zucker ein. Er deutete auf den Bildschirm, auf das Wort Vergewaltigung. »Genau das ist es, worauf der Chirurg Jagd macht. Das ist es, was ihn anmacht. Emotional geschädigte Frauen. Frauen, die durch sexuelle Gewalt gezeichnet sind.«
    Moore hörte die Erregung in Zuckers Stimme. Es war das Spiel, das ihn faszinierte, der intellektuelle Wettstreit. Endlich konnte er sehen, wie sein Widersacher arbeitete, und ermessen, welche geistige Leistung dahinter stand.
    »Hier hat er gesessen«, sagte Zucker, »und mit ihrem Blut hantiert. Er kannte ihre beschämendsten Geheimnisse.«
    Jetzt richtete er sich gerade auf und blickte sich im Labor um, als sehe er es zum ersten Mal. »Haben Sie sich eigentlich jemals überlegt, was so ein medizinisches Labor alles über Sie weiß?«, fragte er. »Die ganzen persönlichen Informationen, die Sie preisgeben, wenn Sie den Arm freimachen und sich mit einer Nadel pieksen lassen? Ihr Blut verrät Ihre intimsten

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