Die Chorknaben
dann meine Frau ein blaues Auge verpaßt hat! Jetzt weiß ich endlich, für wen diese feine Dame arbeitet, du gottloser, heidnischer kleiner Wichser, du!« Und für einen Moment vergaß plötzlich jeder Ora Lee und sah statt dessen völlig verdutzt Pater Willie an, da er sich zum zweitenmal in seinem Leben einer absolut vulgären Sprechweise bedient hatte.
»Ich kann ja auch nichts dafür«, fuhr Pater Willie belämmert fort. »Jedenfalls hat mir noch nie jemand so übel mitgespielt wie damals.«
»Laßt mich mal versuchen«, erbot sich Calvin Potts. »Nachdem Dean kein normales Englisch mehr versteht, sollten wir vielleicht am besten so mit ihm reden wie mit diesen Nutten in Vietnam. Die konnten doch kein Wort Englisch, und irgendwie haben wir es doch immer geschafft, uns mit ihnen zu verständigen.« Mehrere Chorknaben hießen diesen Vorschlag gut, so daß sich also Calvin vor den friedlichen Rotschopf kniete, dessen Gesicht von den Augenbrauen bis zum Kinn mit getrockneter Barbecuesauce verschmiert war, und probierte es mit Pidgin-Englisch. »Ora Lee wollen Bumm-Bumm. Sie viel gut. Ganze Zeit Bumm-Bumm. Viel gut. Du verstehen?« Und Wasmeinstdu-Dean klatschte vergnügt in die Hände und kicherte.
»Meine Fresse, der blöde Kerl freut sich doch nur, daß sich jemand mit ihm abgibt«, schimpfte Spencer van Moot. »Das führt doch zu nichts. Dean ist doch kein Schlitzauge. Mit deinem Pidgin-Englisch kommst du auch nicht weiter.«
»Na, hast du vielleicht eine bessere Idee?« konterte Calvin. »Ja, allerdings«, erwiderte Spencer. »Ich hab' mir die Sache durch den Kopf gehen lassen. Er sitzt doch im Moment da, und seine Verfassung entspricht in etwa der eines Dreijährigen.«
»Ja, so in etwa«, stimmte ihm Harold Bloomguard zu. »Also gut«, fuhr Spencer fort. »Es hätte wohl wenig Sinn, einem Dreijährigen zu erzählen, er sollte sich mal eben in die Büsche schlagen, um 'ne Nummer zu schieben, oder? Mit einem Dreijährigen muß man sprechen wie mit einem Dreijährigen.« Spencer van Moot drängte Calvin Potts beiseite und hockte sich vor Wasmeinstdu-Dean auf den Boden. »Spencer hat eine tolle Überraschung für Deanie«, begann Spencer verzweifelt. »Ora Lee liebt Deanie. Ora Lee wird Deanie nehmen und wie einen Riiiiieeesenballon aufblasen!« Und Spencer van Moot zeichnete vor Wasmeinstdu-Deans wäßrigen Augen einen riesigen, wurstförmigen Ballon in die Luft, während der dreijährige Polizist mit überkreuzten Beinen in seinem bekleckerten Bugs-Bunny-T-Shirt im Gras saß und, wie ein Baby vor Vergnügen quietschend, in die Hände klatschte.
»Ach du meine Güte«, bemerkte Harold Bloomguard grimmig, »der wird ja von Minute zu Minute jünger.«
»In ein paar Minuten wird er noch anfangen, zu brüllen«, warf Pater Willie ein.
»Er muß unbedingt ein Bäuerchen machen«, warf Francis Tanaguchi ein.
»Das werden wir gleich haben. Weg da!« dröhnte Spermwhale Whalen, während er nach vorn gestolpert kam und sich neben den hoffnungslos betrunkenen Rotschopf ins Gras setzte, der inzwischen, das Gehirn mehr oder weniger Sülze, untätig seine Hände im Schoß verschränkt hielt.
»Gebt mir 'ne Dose Bier«, verlangte Spermwhale; Baxter Slate warf ihm eine zu.
Unter den Blicken der anderen Chorknaben riß Spermwhale sie auf, tränkte ein Papiertaschentuch mit Bier und setzte sich vor Dean, um ihm die Barbecuesauce aus dem Gesicht zu waschen und die Haare aus der Stirn zu streichen; Wasmeinstdu-Dean ließ sich das auch widerstandslos gefallen.
Als der junge Mann schließlich wieder einigermaßen sauber war, wandte sich Spermwhale an ihn: »Jetzt hör mal gut zu, Deany. Hör mir gut zu, Kleiner. Ich bin's, dein Da Da. Spermwhale. Du erkennst mich doch, oder?« Und Wasmeinstdu-Dean leckte sich glücklich die Lippen und schrie: »Bier! Bier!«
»Nein, nein«, schüttelte Spermwhale den Kopf. »Erst hörst du mir zu. Dann kannst du dein Bier haben. Verstanden?«
Wasmeinstdu-Dean sah kurz in die Runde und begann dann wie über einen obszönen Witz zu kichern.
»Also gut, Deany, mein Junge, wir sind ja nun schon 'ne ganze Weile Kumpel, und ich weiß, daß du Vertrauen zu dem alten Spermwhale hast. Hör mir also jetzt gut zu. Diese Sache, die der Alkohol mit dir anstellt, daß du mehr oder weniger den Verstand einer Karotte hast, das ist doch auf keinen Fall gut für dich. Du mußt die Wirkung des Alkohols in den Griff kriegen. Ich mache das schon seit Jahren so. Weißt du noch, wie ich den Luftangriff auf
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