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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Palm Springs geflogen habe, sturzbesoffen?« Und Wasmeinstdu-Dean erfüllte ihre Herzen mit neuer Hoffnung, da er sie alle annickte.
    »So ist es brav!« lobte ihn Spermwhale. »Du erinnerst dich also! Siehst du, ich weiß doch, daß du kapierst, was hier vor sich geht. Und jetzt konzentrier dich mal schön, ja? Und nun zu dem, was heute nacht hier passiert ist. Der gute alte Spermwhale hat die gute alte Carolina wieder einmal so hergevögelt, daß sie vor Erschöpfung glatt eingeschlafen ist. Das heißt, daß im Augenblick nur Ora Lee Tingle zur Verfügung steht. Aber nun stell dir mal vor. Sie will unbedingt mit dir als erstem eine Nummer schieben. Und das bedeutet, daß du jetzt schön hinter diese Büsche dort drüben gehst und Ora Lee zeigst, was für ein toller Kerl du bist. Und dann kommen vielleicht noch ein paar andere Kumpels zum Zug. Na, was hältst du davon?« Aber Wasmeinstdu-Dean neigte nur seinen Kopf zur Seite und runzelte verständnislos seine Stirn, so daß die anderen neuerlich Furcht beschlich.
    »Dann laß es mich dir einfacher erklären«, machte Spermwhale unbeirrt weiter. »Du brauchst nur da rüber und mit Ora Lee eine Nummer zu schieben; das ist alles. Also, du stehst jetzt schön auf und beweist den Jungs hier, daß du mehr als nur ein wurmiger Rettich bist. Du hörst jetzt schön auf den guten alten Spermwhale und gehst da rüber und vögelst Ora Lee dje Socken von den Füßen. Klar?« Der Kreis erwartungsvoller Gesichter schimmerte schweißüberströmt im Mondschein, und niemand wagte zu atmen, als der grienende Rotschopf nach Worten rang. Sie kamen und wichen wieder aus seinem Bewußtsein, und hin und wieder ergaben sie sogar einen Zusammenhang.
    Schließlich sah er Spermwhale Whalen voll in die Augen und hob seine Hand zu den rosigen Backen des ältesten Chorknaben, um in völligem Ernst zu fragen: »Was meinst du, Spermwhale? Sag mir einfach, was du meinst?« Und dann hämmerten acht Chorknaben – minus Roscoe Rules, der an einen Baum gekettet war, und Wasmeinstdu-Dean, der verwirrt in die Luft grinste – mit den Fäusten auf ihre eigenen Köpfe ein, kämpften mit Phantomen im Dunkeln, zeigten das Weiße ihrer Augen oder stöhnten herzerbärmlich.
    Plötzlich sprang Spermwhale auf, packte Wasmeinstdu-Dean an seinem Gürtel und seinem Hemd und hob ihn einen Meter in die Höhe, was Harold Bloomguard einen entsetzten Schrei entlockte: »Tu ihm nicht weh, Spermwhale!« Und Baxter Slate schrie dazwischen: »Er kann doch nichts dafür, Spermwhale!« Spencer van Moot brüllte: »Bring dieses Arschloch um!« Und Wasmeinstdu-Dean brach in heftige Tränen aus und heulte: »Warum hacken schon wieder alle auf mir rum? Ich kapier' das einfach nicht! Ich kapier's nicht!« Spermwhale Whalen trug den wimmernden Chorknaben in Richtung Büsche, wo Ora Lee Tingle ihre Decke ausgebreitet hatte, und warf den Rotschopf auf das dösende Mädchen. »Da!« bellte Spermwhale. »Du stupider, matschbirniger Trottel! Das ist es, WAS ICH MEINE!«
    »Oh, hallo, Dean, mein Schatz«, murmelte Ora Lee im Erwachen und zog Dean an sich.
    Der wimmernde Chorknabe wischte sich die Augen an seinem T-Shirt ab und blickte sich schniefend nach Spermwhale und den anderen um, um sich schließlich wieder dem Mädchen unter ihm zuzuwenden, das verführerisch mit der Zunge über ihre Lippen fuhr.
    »Ach so!« platzte Wasmeinstdu-Dean heraus. »Ach so! Wieso habt ihr das nicht gleich gesagt? Jetzt kapiere ich.« Und die Chorknaben seufzten einstimmig vor Erleichterung auf und stolperten zurück zu ihren Decken.
    Währenddessen kam ein einundfünfzigjähriger, von Schlafstörungen geplagter Friseur, der in einem Hotel in der Alvarado Street wohnte, zu einem sehr frühen Morgenspaziergang durch die kühle, erfrischende Dunkelheit des MacArthur Park geschlendert und fand einen von der Hüfte abwärts nackten Mann vor, welcher, seine Arme um den Baumstamm geschlungen, vor einer Ulme saß. Der Name des Friseurs war Luther Quigly, und dies war der stimulierendste erotische Anblick, den er je gesehen hatte. Es war, als wären seine wildesten sexuellen Fantasien Wirklichkeit geworden.
    »Mein Gott! Mein Gott!« flüsterte Luther Quigly.
    »Wer ist da?« wollte Roscoe wissen.
    »Oh!« entfuhr es Luther Quigly. »Oh!« Und der zierliche Friseur mit dem schütteren Haar lehnte sich an einen Eukalyptusbaum und hoffte, daß sein Herz sich wieder etwas beruhigen würde.
    »Wer sind Sie?« fragte Roscoe, dessen Schultern und Rücken inzwischen

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