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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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alle zu ihren Autos rannten und wegfuhren, falls jemand die Schüsse gehört hatte und die Polizei verständigte. Zu seinem Leidwesen konnte Roscoe Rules jedoch nicht verschwinden, da er feststellen mußte, daß es seine eigenen Schlüssel gewesen waren, die er in den Teich geworfen hatte. Noch bis Tagesanbruch mußte er in dem zähen Schlamm herumwaten und -wühlen.
    Der endgültige Schlußstrich wurde schließlich von Ora Lee Tingle gezogen, als sie um fünf Uhr früh zusammen mit Carolina Moon halb bekleidet über den Rasen in Richtung Park View Street trottete.
    Sie wandte sich noch einmal um und schrie: »Das war wirklich eine tolle Singstunde, Jungs! Und mach dir keine Sorgen, Roscoe, wir werden dich in Zukunft nicht mehr Entenficker nennen!«

 

    13
    Catullus
    E s dauerte zwei Wochen, bis zum erstenmal nach dieser denkwürdigen Singstunde wieder davon die Rede war, in den Mac-Arthur Park zu gehen. Roscoes Schießerei unter den Enten hatte sie doch alle etwas beunruhigt, und so hatten am nächsten Tag zehn Chorknaben und zwei Bedienungen die Zeitungen nach irgendeiner Meldung durchgesehen, ob im Park irgendwelche Personen durch Schüsse verletzt worden waren. Zum Glück stießen sie jedoch auf nichts Dergleichen. Also kamen sie langsam wieder in Stimmung für eine Singstunde. Sie wurde für einen Donnerstagabend in den letzten Augusttagen einberufen. Harold Bloomguard wollte auf jeden Fall dafür sorgen, daß alle Teilnehmer ihre Schußwaffen in ihren Autos ließen.
    »Es geht auf keinen Fall, daß noch einmal auf die armen Enten geschossen wird«, äußerte Harold den anderen gegenüber.
    »Und wie war's damit, auf Schwule zu ballern?« schlug Roscoe Rules vor.
    »Ob du's glaubst oder nicht, aber ich finde es richtig schön, nach zwei Wochen bei der Sitte wieder in 'nem Streifenwagen zu sitzen«, sagte Sam Niles in der Dienstagnacht davor zu Harold Bloomguard.
    »Mir sind diese stinkenden Klos langsam auch ganz schön zum Hals herausgehangen«, stimmte Harold ihm zu und pustete ein Spuckebläschen auf das Lenkrad.
    Sam sank in seinem Sitz zusammen und beobachtete träge den Verkehr, der um diese nächtliche Stunde nicht sehr dicht war. Als Harold zwecks eines kleinen Schauplatzwechsels in Richtung Miracle Mile fuhr, hatte er nichts dagegen einzuwenden.
    »Kannst du dich noch an die Nutte erinnern, die hier gewohnt hat?« fragte Sam, als sie an einem frisch gestrichenen Wohnblock vorbeifuhren.
    »Ja, manchmal war es bei der Sitte ja auch ganz amüsant«, nickte Harold.
    Und dann sagte Sam Niles etwas, was er noch zutiefst bereuen sollte: »Einfach so, fahr doch mal bei Gina Summers' Wohnung vorbei, direkt am Wilshire.«
    »Wessen Wohnung?«
    »Ach, diese Sadonutte, die ihre eigene Folterkammer hat und immer diese ganz speziellen Nummern bringt.«
    »Ach ja«, meinte Harold. »Ich hab' die Alte ja nie gesehen. Aber ich kann mich noch erinnern, wie du und Baxter von ihr erzählt habt.«
    »Willst du zusehen, wie sie sich heute abend am Fenster auszieht?« schlug Sam Niles vor. »Dann kannst du sie mal sehen. Titten hat die – wie Avocados.«
    »Sehr gut!« stimmte Harold zu.
    Als Harold vor dem Haus, in dem Gina Summers wohnte, an den Straßenrand fuhr und die Lichter ausschaltete, murmelte Sam Niles: »Ja, sie ist zu Hause. Siehst du dort oben in der Eckwohnung im sechsten Stock das Licht? Warten wir einfach mal 'ne Weile. Mal sehen, ob sie nicht gleich nackt vorm Fenster vorbeistolziert.«
    »Zeit haben wir ja zur Genüge«, erwiderte Harold, seine Blicke auf das erleuchtete Fenster geheftet.
    Nachdem sie jedoch fünf Minuten so gesessen hatten, wurde Harold ungeduldig und sagte: »Na?«
    »Heute abend gibt's wohl nichts zu sehen. Fahren wir lieber wieder«, schlug Sam vor.
    In eben diesem Augenblick trat Gina Summers, ein langes Stück Leder um den Hals geschlungen, ans Fenster. Sie knöpfte ihre Bluse auf und stand, das Lederband über die Schulter geworfen, bis zur Taille nackt da, als sie die Jalousien herunterließ.
    »Nicht schlecht!« entfuhr es Harold Bloomguard. »Harold, das war doch der Gürtel eines Mannes?« fragte Sam Niles seinen Partner.
    »Es war ein langer, breiter Ledergürtel. Vielleicht benützt sie ihn auch als Peitsche!«
    »Verdammt. Sie hat gerade einen Freier in der Wohnung.«
    »Na und?«
    »Na und? Weißt du denn nicht, daß Scuz Baxter und mich hier vier Nächte lang auf der Lauer hat liegen lassen, um diesem Luder endlich etwas anhängen zu können? Aber wir hatten nie auch nur

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