Die Chorknaben
dir die Ente weh getan, Roscoe?« fragte Carolina Moon tröstend.
»Ich bringe euch alle um, ihr Säcke!« heulte Roscoe, während er vor dem Baum kniete. Die Rinde rieb rauh gegen seine mitgenommenen Genitalien.
»Laßt ihn einfach für ein paar Minuten allein«, schlug Spermwhale Whalen vor. »Laßt ihn erst mal.«
»Diesmal ist er, glaube ich, wirklich sauer auf uns«, meinte Pater Willie, als sie zu den Decken zurückgingen, um die letzten Tropfen aus den leeren Flaschen zu nuckeln.
»Ich finde, wir sollten es uns zur Regel machen, daß bei den Singstunden keiner eine Waffe dabeihat«, gab Harold Bloomguard zu bedenken.
Während nun der an die Ulme gekettete Roscoe tobte und wütete, kehrten die Chorknaben an ihre Plätze zurück, da Carolina Moon ankündigte, sie würde sich mit ihrer Decke in die Büsche schlagen und eine Nummer schieben.
»Ich komme als erster dran!« rief Harold Bloomguard aufgeregt.
»Und dann ich!« meldete sich Spencer van Moot an. »Wann ich drankomme, kann ich mir schon denken«, schmollte Pater Willie.
Aber Carolina Moon legte sich Spermwhale Whalens mächtigen Arm um die Schulter und stützte den riesigen Brocken von Mann auf dem Weg zu ihrem Nest, während Calvin Potts ihnen verärgert nachrief: »Paß nur auf, Spermwhale, daß du nicht in Liegestützposition abkratzt. In deinem Alter solltest du lieber mal etwas langsamer treten.« Inzwischen war es vier Uhr früh. Alexander Blaney war nach Hause gegangen und versuchte eben, seiner nörgelnden Mutter klarzumachen, daß er völlig allein im MacArthur Park geschlafen und sich keineswegs mit einem tätowierten Seemann herumgetrieben hatte.
Im Park hatte sich indessen Ora Lee Tingle dazu entschlossen, Carolina Moons Beispiel zu folgen und öffentlich ihren Auserwählten bekannt zu geben.
»Ich möchte Wasmeinstdu-Dean«, verkündete sie. »Wieso ausgerechnet den?« winselte Spencer van Moot. »Der kriegt doch nicht mal mehr mit, was wir hier reden.«
»Ihn oder keinen«, erklärte Ora Lee Tingle mit Bestimmtheit. »Was willst du damit sagen? Was willst du damit sagen?« fragte Wasmeinstdu-Dean blöde, während die anderen Chorknaben ausgiebig fluchten und nervös im Kreis herumgingen. »Ich werde jetzt jedenfalls meine Decke nehmen und mich damit in die Büsche schlagen, und wenn mir dabei jemand Gesellschaft leistet, dann Wasmeinstdu-Dean«, verkündete Ora Lee.
Daraufhin setzten sich die Chorknaben wieder und begannen, Wasmeinstdu-Dean an den Wangen zu tätscheln und seine Handgelenke und Knöchel zu massieren, während er sie nur mit einem besoffenen, treuherzigen, idiotischen Lächeln geistesabwesend anstarrte, das sie erschaudern ließ.
Und dies vor allem, nachdem Spermwhale Whalen aus den Büschen trat und verkündete: »Für heute abend wird's wohl bei Nummer eins bleiben.«
»Was meinst du? Was meinst du?« fragte Pater Willie, nicht Wasmeinstdu-Dean.
»Carolina ist hinüber. So alt bin ich wohl doch noch nicht, Jungs; was meint ihr? Am Ende überlebe ich euch junges Gemüse noch alle.«
»Na ja, ob hinüber oder nicht; ich bin jedenfalls als nächster dran«, winselte Spencer van Moot.
»Nein, das bist du nicht«, funkelte ihn Spermwhale Whalen bedrohlich an. »Wir sind doch keine Tiere, die sich an einem wehrlosen Mädchen vergreifen!« Darauf erhob sich großes Heulen und Zähneknirschen im MacArthur Park, als verschiedene Chorknaben vergeblich auf Spermwhale Whalen einredeten, der jedoch für sie alle aufgrund seines Alters, seiner langen Jahre bei der Polizei, seiner Courage und seiner Fähigkeit, sie zu Matsch zu prügeln, eine unumstößliche Autorität darstellte.
»Was ist denn mit Ora Lee los? Sie ist doch wohl noch bei Bewußtsein, oder nicht?« warf Spermwhale ein.
»Ja, aber sie möchte als ersten Wasmeinstdu-Dean oder gar keinen«, jammerte Pater Willie, der langsam klang wie sein Partner Spencer van Moot.
»Ach so.« Spermwhale schüttelte traurig den Kopf, als er den sabbelnd im Gras sitzenden Chorknaben betrachtete, dem sein rotes Haar von Harold Bloomguard völlig zerzaust wurde, da dieser immer noch wie ein Verrückter seine Hand- und Fußgelenke massierte.
Dann setzte sich Francis Tanaguchi neben Wasmeinstdu-Dean und malte ihm in den leuchtendsten Farben aus, welch ungeheuren Dinge Ora Lee Tingle mit ihm anstellen würde, woraufhin Pater Willie aufgebracht losbrüllte: »Genau das hat mir die Drachenlady damals, in jener Nacht, versprochen, als sie mich angerufen hat, und woraufhin mir
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