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Die Chorknaben

Die Chorknaben

Titel: Die Chorknaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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diese Geschichte erledigt war, sehnte sich Spencer nach nichts anderem mehr, als zum Wilshire Boulevard zu fahren und dort Leberpastete mit pochiertem Steinbutt und sautierten Gurken zu essen. Aber Pater Willie machte den Fehler, sich über Funk mit der Zentrale in Verbindung zu setzen, worauf sie sofort einen Auftrag erhielten.
    »Sieben-A-Dreiunddreißig, Sieben-Adam-Dreiunddreißig, sehen Sie nach der Frau in der Eleventh Ecke Ardmore; möglicherweise tot.«
    »Eine Tote – und das um Viertel nach elf! Verdammte Scheiße, Padre, wie oft soll ich dir noch sagen, du sollst dieses verdammte Mikrofon in Ruhe lassen und dich nicht ständig zurückmelden!«
    »Ich weiß ja, Spencer«, entschuldigte sich Willie. »Ich weiß.«
    »Du bist einfach viel zu gewissenhaft!«
    »Ich weiß.«
    »Warte nur, bis du diesen Job mal 'ne Weile gemacht hast. Glaubst du, die Sergeants scheren sich einen Dreck darum, ob wir uns die Füße heiß laufen? Glaubst du, Lieutenant Finque schert sich auch nur den kleinsten Dreck darum?«
    »Ich weiß ja, Spencer, ich weiß.«
    »Meine Fresse, ich hab' jetzt schon Kopfweh. Mein Kopf tut weh, und übel ist mir bis in den Magen hinunter.«
    »Ich weiß.«
    »Scheiße, meine Vichyssoise habe ich heute abend auch nicht gekriegt.«
    »Das tut mir leid.«
    »Und aus meiner Veau a la creme ist auch nichts geworden.«
    »Was soll ich da schon machen …«
    »Und dabei hatte ich mich schon so auf ein paar Coquilles St. Jacques Parisienne gefreut!« schluchzte Spencer.
    »Ist das nicht dieses Zeug mit den Muscheln und Knoblauch und Kräutern?«
    »Nein, das ist Provençale. Ich meine die mit Muscheln und Pilzen.«
    »In einer Weißweinsoße?«
    »Ja.«
    »Die schmecken mir auch.«
    »Und dann Artischockenherzen mit Trüffeln!« schwärmte Spencer weiter. »Oh mein Gott!«
    »Es tut mir wirklich leid, Spencer«, entschuldigte sich Pater Willie.
    »Als du mit mir zu arbeiten angefangen hast, konntest du noch nicht mal 'ne französische Speisekarte lesen. Ich habe dich regelrecht ausgebildet!« erinnerte Spencer van Moot seinen Partner.
    »Ich weiß, Spencer, ich weiß.«
    »Und das ist der Dank dafür. Und das alles nur, weil du so verdammt etepetete sein mußt und dich bei der Zentrale zurückmeldest. Jetzt kann ich mir diesen fiesen Leichengestank reinziehen, anstatt eine Souffle au chocolat zu genießen! Das soll mal einer aushalten!«
    »Ich werd's wieder gutmachen, Spencer«, versprach Pater Willie, wobei er sich fragte, wann er wohl endlich lernen würde, sich wie ein alter Hase zu benehmen.
    Auf der Veranda eines zweistöckigen Holzhauses, südlich von der angegebenen Stelle, saß eine verhutzelte Alte in einem schwarzen Kleid und schmutzigen Strümpfen. Sie hielt eine Dose Bier in der Hand und winkte den beiden zu, als Spencer mit dem Suchscheinwerfer die Gegend ableuchtete, wobei er insgeheim hoffte, den Anrufer nicht zu finden.
    Sie parkten den Wagen, und Spencer trödelte angewidert herum. Gemächlich setzte er sich seine Mütze auf und griff nach der Taschenlampe. Er blickte beim Aufsetzen der Mütze immer in den Rückspiegel, um seine Frisur nicht in Unordnung zu bringen.
    »Was gibt's, Ma'am?« Pater Willie richtete seine Taschenlampe auf die Stufen der Veranda, während die alte Frau die Bierdose leerte, ohne aus ihrem Schaukelstuhl aufzustehen. Sie miefte wie feuchtes, halbvermodertes Unkraut.
    »Schätze, mein Mieter im Keller ist tot«, grinste die alte Frau triumphierend.
    »Wie kommen Sie denn darauf … äh, uh.« Auf der obersten Stufe der Veranda angelangt, roch Spencer bereits die Antwort auf seine Frage, und zwar mit einer Eindringlichkeit, die ihn den Modergeruch der alten Frau vergessen ließ.
    »Wann haben Sie ihn entdeckt?« erkundigte sich Pater Willie, während Spencer stillschweigend vor sich hinfluchte, daß er anstatt eines Peach Melba nun mit so etwas vorlieb nehmen mußte.
    »Er hat sich drei Tage nicht mehr blicken lassen, so daß ich schon dachte, er wäre ausgezogen, ohne die Miete zu bezahlen. Und vor etwa einer Stunde, als etwas Wind aufkam, habe ich ihn dann sozusagen entdeckt.« Spencer nickte seufzend und ging Pater Willie durch den muffigen Korridor der Pension voraus, in der sieben alleinstehende Männer untergebracht waren. Sie fanden die Kellertür leicht offenstehend vor.
    »Ich möchte nur wissen, ob diese alte Hexe tatsächlich Bier säuft, oder ob das Fledermausmilch ist«, brummte Spencer.
    »Da unten ist er«, sagte Pater Willie und mußte sich fast

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