Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
schrill.
Tika taumelte herum und sah einen weiteren Drakonier. Sie schwang ihren Schild und blockte seinen Schwerthieb ab. Dann, mit einer aus Angst geborenen Kraft, schlug sie immer wieder mit ihrem Schild auf den Drakonier ein, sie wußte nur, daß sie dieses Ding da töten mußte. Sie drosch weiter auf ihn ein, bis sie eine Hand auf ihrem Arm fühlte. Sie fuhr mit ihrem blutverschmierten Schild herum und sah Caramon.
»Es ist alles in Ordnung!« sagte der Krieger besänftigend. »Es ist alles vorbei, Tika. Sie sind alle tot. Du hast es gut gemacht, ganz gut.«
Tika blinzelte. Einen Moment lang erkannte sie ihn nicht wieder. Dann senkte sie zitternd ihren Schild.
»Mit dem Schwert war ich nicht so gut«, sagte sie, immer noch zitternd.
Caramon bemerkte es. Er nahm sie fest in seine Arme und strich ihr über die verschwitzten roten Locken.
»Du warst mutiger als viele erfahrene Krieger«, sagte der große Mann mit seiner tiefen Stimme.
Tika sah hoch in Caramons Augen. Ihre Angst schmolz weg, und an ihre Stelle trat eine tiefe Freude. Sie schmiegte sich an Caramon. Seine harten Muskeln an ihrem Leib und der Geruch von Schweiß, vermischt mit dem von Leder, erhöhten ihre Aufregung. Tika schlang ihre Arme um seinen Hals und küßte ihn mit solch einer Heftigkeit, daß ihre Zähne in seine Lippen drangen und sie sein Blut schmeckte.
Caramon, völlig erstaunt, spürte den Schmerz – ein seltsamer Gegensatz zu ihren weichen Lippen – und wurde von Lust überwältigt. Er begehrte diese Frau mehr, als er je eine andere begehrt hatte – und es waren viele gewesen – in seinem Leben. Er vergaß, wo er war, wer um ihn herum war. Sein Gehirn und sein Blut gerieten in Wallung, und er spürte den Schmerz seiner
Leidenschaft. Er preßte Tika an seine Brust, hielt sie fest und küßte sie mit fast brutaler Intensität.
Den Schmerz seiner Umarmung empfand Tika als herrlich. Sie sehnte sich danach, daß der Schmerz zunehmen und sie einnehmen würde, aber gleichzeitig hatte sie plötzlich Angst. Sie erinnerte sich an die Geschichten, die ihre Freundinnen über die furchtbaren und wunderschönen Dinge erzählt hatten, die zwischen Mann und Frau passieren, und Panik ergriff sie.
Caramon verlor völlig den Sinn für die Wirklichkeit. Er hielt Tika in seinen Armen fest und hatte nur den einen Wunsch – sie in den Wald zu tragen, als er eine kalte vertraute Hand an seiner Schulter spürte.
Der große Mann starrte seinen Bruder an und fiel wieder in die Wirklichkeit zurück. Sanft setzte er Tika wieder auf dem Boden ab. Benommen und desorientiert öffnete sie die Augen, um Raistlin neben seinem Bruder stehen zu sehen, der sie mit seinen seltsam funkelnden Augen musterte.
Tika wurde über und über rot. Sie trat zurück, fiel fast über den Körper des Drakoniers, hob ihren Schild auf und rannte davon.
Caramon schluckte, räusperte sich und wollte etwas sagen, aber Raistlin sah ihn nur voller Abscheu an und ging zu Fizban zurück. Caramon, der wie ein neugeborenes Füllen zitterte, seufzte schwach und gesellte sich zu Sturm, Tanis und Gilthanas, die mit Eben redeten.
»Nein, mir geht es gut«, versicherte der Mann. »Ich fühlte mich nur ein bißchen schwach, als ich diese Kreaturen sah, das ist alles. Ihr habt wirklich eine Klerikerin dabei? Das ist wundervoll, aber sie soll ihre Heilkräfte nicht verschwenden. Es ist nur ein Kratzer. Es ist mehr Blut von ihnen als von mir. Meine Gruppe und ich verfolgten diese Drakonier durch die Wälder, als wir von mindestens vierzig Hobgoblins angegriffen wurden.«
»Und du bist als einziger geblieben, um diese Geschichte zu erzählen«, sagte Gilthanas.
»Ja«, erwiderte Eben und begegnete dem argwöhnischen Blick des Elfen. »Ich bin ein erfahrener Schwertkämpfer – wie du weißt. Ich habe diese getötet« – er zeigte auf sechs Hobgoblins – »dann wurden es zu viele. Die anderen müssen angenommen haben, daß ich tot sei, und ließen mich liegen.Aber genug von meinen Heldentaten. Ihr geht recht gut mit euren Schwertern um.Wohin wollt ihr?«
»Zum Sla ...«, begann Caramon, aber Gilthanas schnitt ihm das Wort ab.
»Wir reisen in geheimer Mission«, sagte Gilthanas. Dann fügte er vorsichtig hinzu. »Wir könnten noch einen erfahrenen Schwertkämpfer gebrauchen...«
»Solange ihr gegen Drakonier kämpft, ist euer Kampf mein Kampf«, sagte Eben erfreut. Er zog seinen Rucksack unter dem Körper eines Hobgoblins hervor und schwang ihn sich über die
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