Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
zu.
»Du willst uns alle in ein Boot setzen!« sagte Flint voller Angst. »Du bist verrückt, Halb-Elf!«
»Es ist ein großes Boot«, erwiderte Tanis.
»Nein! Da mache ich nicht mit. Selbst wenn es eines der legendären weißgeflügelten Boote von Tarsis wäre, würde ich immer noch nicht einsteigen. Lieber lasse ich es auf eine Begegnung mit dem Theokraten ankommen!
Tanis ignorierte den aufgebrachten Zwerg. »Steigt alle so schnell wie möglich ein. Wir müssen in ein paar Minuten weg sein.«
»Es darf nicht zu lange dauern«, warnte Sturm. »Hört!«
»Ich kann es hören«, sagte Tanis grimmig. »Geh weiter.«
»Was sind das für Geräusche?« fragte Goldmond den Ritter, als er zu ihr trat.
»Suchtrupps der Goblins«, antwortete Sturm. »Mit diesen Flöten halten sie untereinander Kontakt, wenn sie sich trennen. Sie sind schon sehr nahe.«
Goldmond nickte verstehend. Sie sprach einige Worte zu Flußwind in ihrer eigenen Sprache, offensichtlich eine Unterhaltung, die Sturm unterbrochen hatte. Der riesige Barbar runzelte die Stirn und gestikulierte in Richtung Wald.
Er versucht sie zu überzeugen, sich von uns zu trennen, erkannte Sturm. Vielleicht verfügt er über ausreichende Kenntnisse, um sich tagelang vor den Goblins in den Wäldern zu verbergen ; aber er bezweifelte das.
»Flußwind, gue-lando!« sagte Goldmond scharf. Sturm hörte Flußwind vor Wut knurren. Ohne ein weiteres Wort wandte er sich um und ging auf das Boot zu. Goldmond seufzte und sah ihm nach, in ihrem Gesicht war tiefe Trauer.
»Kann ich Euch helfen, meine Dame?« fragte Sturm sanft.
»Nein«, erwiderte sie. Dann sagte sie traurig, mehr zu sich: »Er beherrscht mein Herz, aber ich bin seine Herrscherin. Einst, als wir noch Kinder waren, dachten wir, daß wir das vergessen könnten. Aber ich bin schon zu lange die Tochter des Stammeshäuptlings.«
»Warum traut er uns nicht?« fragte Sturm.
»Er hat alle Vorurteile unseres Volkes«, erwiderte Goldmond. »Die Barbaren trauen den nichtmenschlichen Wesen nicht.« Sie sah zurück. »Tanis kann trotz seines Bartes seine Elfenherkunft nicht verbergen. Und dann sind da noch der Zwerg und der Kender.«
»Und wie steht es mit Euch?« fragte Sturm. »Warum traut Ihr uns? Habt Ihr nicht dieselben Vorurteile?«
Goldmond wandte ihm ihr Gesicht zu. Er konnte ihre Augen sehen, dunkel und schimmernd wie der See hinter ihr. »Als ich ein Mädchen war«, sagte sie mit tiefer, leiser Stimme, »war ich die Prinzessin meines Volkes. Ich war Priesterin. Sie verehrten mich als Göttin. Ich glaubte ihnen. Ich betete sie an. Dann passierte etwas...« Sie brach ab, ihre Augen füllten sich mit Erinnerungen.
»Was passierte?« drängte Sturm sanft.
»Ich verliebte mich in einen Schäfer«, antwortete Goldmond und sah zu Flußwind. Sie seufzte und ging zum Boot.
Sturm sah Flußwind in das Wasser waten, um das Boot näher an das Ufer zu ziehen. Raistlin umklammerte zitternd sein Gewand.
»Meine Füße dürfen nicht naß werden«, flüsterte er heiser. Caramon antwortete nicht. Er legte einfach seine riesigen Arme um seinen Bruder und hob ihn wie ein Kind sanft hoch und setzte ihn ins Boot. Der Magier verkroch sich im hinteren Teil des Bootes, ohne ein Wort des Dankes.
»Ich halte es fest«, sagte Caramon zu Flußwind. »Steig ein.« Flußwind zögerte einen Moment und kletterte dann schnell über die Bootswand. Caramon half Goldmond ins Boot. Die Barbaren setzten sich ins Heck hinter Tolpan.
Caramon wandte sich an Sturm, als der Ritter näher kam. »Was geschieht da drüben?«
»Flint sagt, daß er sich eher verbrennen läßt, als in ein Boot zu steigen – zumindest würde er dann an Hitze sterben und nicht an Nässe und Kälte.«
»Ich gehe zu ihm und zwinge ihn ins Boot«, sagte Caramon.
»Du wirst alles nur noch schlimmer machen. Schließlich warst du derjenige, der ihn fast ertränkt hat, erinnerst du dich? Laß das Tanis machen – er ist da geschickter.«
Caramon nickte. Beide Männer warteten schweigend. Sturm sah Goldmond, wie sie Flußwind stumm anflehte, aber der Barbar beachtete ihren Blick nicht. Tolpan zappelte auf seinem Platz herum und wollte gerade eine schrille Frage stellen, aber ein strenger Blick des Ritters hielt ihn davon ab. Raistlin wickelte sich tief in sein Gewand und versuchte, einen Hustenanfall zu unterdrücken.
»Ich werde mal nachsehen«, sagte Sturm schließlich. »Dieses Pfeifen kommt immer näher. Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren.« Aber in diesem
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