Die Chronik der Drachenlanze 1 + 2
Zwerg die Flasche viele Male austauschten, bis sie leer war und sie dahinzottelten und Witze machten, was sie alles tun würden, wenn sie nur endlich einem Drakonier begegnen würden.
»Ich werde ihn in Stein verwandeln, ganz einfach«, sagte der Zwerg und schwang seine imaginäre Streitaxt. »Whum – direkt in den Kuhmagen der Echse.«
»Ich wette, Raistlin kann sie mit einem Blick in Stein verwandeln!
« Tolpan imitierte das grimmige und mürrische Gesicht des Magiers. Sie lachten beide laut, dann beruhigten sie sich, kicherten gedämpft und sahen unsicher zurück, ob Tanis sie gehört hatte.
»Ich wette, Caramon pickt mit der Gabel ein Ungeheuer an und ißt es!« sagte Flint.
Tolpan schüttelte sich vor Lachen und wischte sich die Tränen aus den Augen. Der Zwerg brüllte. Plötzlich hörte der matschige Boden auf. Tolpan konnte den Zwerg gerade noch packen, bevor Flint beinahe kopfüber in einen Sumpfwasserteich geplumpst wäre, der so groß war, daß ihn keine Pflanzenbrücke überspannen konnte. Über dem Wasser lag ein riesiger Eisenklauenbaum; sein kräftiger Stamm war breit genug, daß auf ihm zwei Leute nebeneinander laufen konnten.
»Das ist mal eine Brücke!« sagte Flint und trat einen Schritt zurück, um den Stamm eingehend zu betrachten. »Hier gibt es keine Spinnen wie auf diesen dämlichen grünen Netzen. Laß uns gehen.«
»Sollten wir nicht lieber auf die anderen warten?« fragte Tolpan sanft. »Tanis will bestimmt nicht, daß wir uns trennen.«
»Tanis? Pah!« Der Zwerg rümpfte die Nase. »Wir werden es ihm schon zeigen.«
»In Ordnung«, gab Tolpan fröhlich sein Einverständnis. Er sprang auf den Baum. »Man muß vorsichtig sein«, sagte er. Er rutschte etwas aus, fing sich aber schnell wieder. »Es ist glatt.« Er machte ein paar schnelle Schritte mit ausgebreiteten Armen wie jene Seiltänzer, die er einmal auf einem Sommerfest gesehen hatte.
Der Zwerg kletterte unbeholfen hinterher. Eine innere Stimme sagte ihm, daß er das nüchtern nie geschafft hätte. Sie sagte ihm auch, daß er ein Dummkopf sei, die Brücke zu überqueren, ohne auf die anderen zu warten, aber er ignorierte sie. Er fühlte sich wie neugeboren.
Tolpan, verzaubert durch seine Einbildung, Mirgo der Großartige zu sein, sah auf und entdeckte, daß er in der Tat Zuschauer hatte – einer von diesen Drakoniern stand plötzlich vor
ihm auf dem Baumstamm. Dieser Anblick ernüchterte Tolpan auf der Stelle. Der Kender kannte zwar keine Angst, aber er war baß erstaunt. Er hatte jedoch genügend Geistesgegenwart, zwei Dinge zu tun. Zuerst schrie er laut: »Tanis, Hinterhalt!« Dann hob er seinen Hupakstab und schwang ihn in hohem Bogen.
Diese Bewegung überraschte den Drakonier. Die Kreatur erstarrte und sprang dann vom Stamm zurück ans Ufer. Tolpan, der einen Moment das Gleichgewicht verloren hatte, fing sich wieder und fragte sich, was er als nächstes tun sollte. Er blickte umher und sah einen weiteren Drakonier am Ufer. Er war, wie er verwirrt feststellte, nicht bewaffnet. Bevor er diese Merkwürdigkeit in Betracht ziehen konnte, hörte er ein Brüllen hinter sich. Er hatte den Zwerg vergessen.
»Was ist los?« schrie Flint.
»Drakonier«, antwortete Tolpan, packte seinen Hupak und spähte durch den Nebel. »Zwei sind vor uns! Da sind sie!«
»Nun, zum Henker mit ihnen, geh mir aus dem Weg!« fauchte Flint und griff nach seiner Axt.
»Wohin soll ich denn gehen?« schrie Tolpan wild.
»Duck dich!« gellte der Zwerg.
Der Kender duckte sich und warf sich dann auf den Stamm, als ein Drakonier mit ausgestreckten Klauenhänden auf sie zukam. Flint schwang seine Axt mit einer solchen Kraft, daß der Drakonier enthauptet worden wäre, wenn er sich noch weiter genähert hätte. Unglücklicherweise hatte sich der Zwerg verschätzt, und die Klinge pfiff, ohne Schaden zu nehmen, an dem Drakonier vorbei, der mit seinen Händen in der Luft wirbelte und seltsame Worte sang.
Die Wucht von Flints Aufschlag riß den Zwerg von den Beinen. Er rutschte auf dem glitschigen Stamm aus und fiel mit einem lauten Schrei rückwärts ins Wasser.
Tolpan, der mit Raistlin seit Jahren zu tun hatte, erkannte, daß der Drakonier einen Zauberspruch murmelte. Er lag mit dem Gesicht nach unten auf dem Stamm, seinen Hupakstab fest in seiner Hand, und rechnete sich aus, daß er noch etwa anderthalb
Sekunden Zeit zum Überlegen hätte. Der Zwerg keuchte und platschte im Wasser unter ihm. Nur Zentimeter von ihm entfernt hatte der Drakonier
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