Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
hieß ein altes Kendersprichwort. Tolpan trat durch dieses Gitter in einen zweiten Korridor, der enger als der erste war, aber mit den gleichen seltsamen zahnähnlichen Säulen an beiden Seiten.
Warum einen Turm bauen, den man so einfach betreten kann?, fragte sich Tolpan. Die äußere Mauer war gewaltig, aber erst einmal passiert, könnten fünf betrunkene Zwerge diesen Platz einnehmen. Tolpan spähte nach oben. Und warum so hoch? Der Hauptkorridor war viele Meter hoch!
Vielleicht waren die Ritter früher Riesen gewesen, spekulierte
der Kender interessiert, während er weiterschlich und in jede Tür spähte und in jeder Ecke stöberte.
Am Ende des zweiten Korridors stieß er auf ein drittes Gitter. Dieses unterschied sich jedoch von den anderen beiden und war so seltsam wie der ganze übrige Turm. Es bestand aus zwei Hälften, die zusammenglitten, um sich in der Mitte zu treffen. Am merkwürdigsten war, daß ein großes Loch direkt in der Mitte eingeschnitten war!
Tolpan kroch durch dieses Loch und betrat einen kleineren Raum. Ihm gegenüber waren zwei große Stahltüren. Er wollte sie öffnen und war erstaunt, sie verschlossen zu finden. Keines der Gitter war verschlossen gewesen. Es gab nichts zu beschützen.
Nun, zumindest gab es etwas, was ihn beschäftigt hielt und von seinem leeren Magen ablenkte. Er kletterte auf eine Steinbank und steckte die Fackel in eine Wandhalterung, dann begann er seine Beutel zu durchsuchen. Schließlich fand er den Satz mit Dietrichen, der das Geburtsrecht eines jeden Kenders ist. »Warum den Zweck der Tür beleidigen, indem man sie verschließt?« war ein Lieblingsspruch der Kender.
Schnell wählte Tolpan den richtigen Dietrich aus und machte sich an die Arbeit. Das Schloß war einfach. Es machte klick, und Tolpan verstaute zufrieden sein Werkzeug, als die Tür sich nach innen öffnete. Der Kender stand einen Moment da, horchte aufmerksam. Er konnte nichts hören. Er sah auch nichts, als er nach innen spähte. Er kletterte auf die Steinbank, holte seine Fackel und schlich vorsichtig durch die Stahltür.
Er hielt seine Fackel hoch und erkannte, daß er sich in einem großen, kreisrunden Raum befand. Tolpan seufzte. Der große Raum war leer außer einem verstaubten Gegenstand mitten im Raum, der einem alten Springbrunnen glich. Zudem fand seine Reise hier ihr Ende, denn obwohl es noch zwei weitere Türen gab, die aus dem Raum führten, war es dem Kender klar, daß sie zu den beiden anderen Korridoren zurückführten. Das war das Herz des Turms. Dies war der heilige Ort. Dafür dieses ganze Theater.
Nichts.
Tolpan ging durch den Raum und leuchtete mit seiner Fackel hier und dort. Schließlich ging der verstimmte Kender zum Brunnen, um ihn zu untersuchen, bevor er den Raum wieder verlassen wollte.
Als Tolpan sich näherte, sah er, daß es sich überhaupt nicht um einen Brunnen handelte, aber der Staub war so dick, daß er nichts richtig erkennen konnte. Der Gegenstand war so hoch wie der Kender. Die runde Oberfläche wurde von einem schlanken dreibeinigen Gestell getragen.
Tolpan untersuchte alles aufmerksam, dann holte er tief Luft und blies so fest, wie er konnte. Der Staub flog in seine Nase, und er mußte kräftig niesen und ließ dabei fast die Fackel fallen. Einen Moment lang konnte er überhaupt nichts sehen. Dann setzte sich der Staub, und er sah, was da vor ihm stand. Sein Herz sprang in seine Kehle.
»O nein!« stöhnte Tolpan. Er wühlte in einem Beutel, zog ein Taschentuch hervor und rieb an dem Gegenstand. Der Staub fiel leicht ab, und er wußte jetzt, was es war. »Verdammt!« sagte er verzweifelt. »Ich hatte recht.Was soll ich jetzt nur machen?«
Am nächsten Morgen ging die Sonne rot auf und schimmerte durch einen Rauchnebel, der sich über der Drachenarmee erhob. Im Hof des Turms des Oberklerikers hatten sich die Schatten der Nacht noch nicht gelüftet, als hundert Ritter ihre Pferde bestiegen, ihre Gurte anzogen, nach ihren Schilden riefen oder ihre Rüstungen anschnallten, während tausend Fußleute umhereilten und ihren angemessenen Platz in der Linie suchten.
Sturm, Laurana und Fürst Alfred standen in einem dunklen Türeingang und beobachteten schweigend, wie Fürst Derek, der seine Männer anlachte und ihnen Witze erzählte, in den Hof ritt. Der Ritter sah in seiner Rüstung prächtig aus. Seine Männer hatten gute Laune, der Gedanke an die Schlacht ließ sie ihren Hunger vergessen.
»Du mußt sie aufhalten, mein Fürst«, sagte Sturm
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