Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
Bewußtsein.
Flucht! Die Drachen würden in den Hof einfallen. Die Ritter konnten noch nicht bereit sein, sie würden sterben, Laurana, Flint und Tolpan... Der Turm würde fallen.
Nein! Sturm riß sich zusammen. Alles andere war verloren: seine Ideale, seine Hoffnungen, seine Träume. Der Maßstab hatte sich als fehlerhaft erwiesen. Alles in seinem Leben war sinnlos. Aber sein Tod durfte nicht sinnlos sein. Er würde für Laurana Zeit herausholen, sie mit seinem Leben herausholen, denn das war alles, was er zu geben hatte. Und er würde nach dem Kodex sterben, denn das war alles, woran er sich klammern konnte.
Er hob sein Schwert in die Luft und schrie den ritterlichen Gruß an den Feind. Zu seiner Überraschung wurde er mit einer ernsten Würde von dem Drachenfürsten erwidert. Dann fuhr der Drache mit offenem Maul herab, bereit, den Ritter mit seinen rasiermesserscharfen Zähnen zu zerreißen. Sturm schwang sein Schwert in einem Bogen und zwang den Drachen, seinen Kopf einzuziehen. Sturm hoffte, seinen Flug zu unterbrechen. Aber die Kreatur hielt seine Flügel auseinander, sein Reiter lenkte ihn sicher mit der einen Hand, während die andere den Speer hielt.
Sturm blickte nach Osten. Halbgeblendet von der Sonne, sah Sturm den Drachen nur als einen schwarzen Fleck. Die Kreatur flog tiefer, bis sie auf gleicher Höhe mit der Mauer war. Da wurde ihm klar, daß der Drache von unten nach oben fliegen und seinem Reiter Platz zum Angriff geben würde.
Einen Moment lang war der sonnendurchflutete Himmel leer, dann schoß der Drache über den Mauerrand, sein entsetzlicher Schrei zerriß Sturms Trommelfell. Der Atem aus dem klaffenden Drachenmaul schnürte ihm die Kehle zusammen. Er taumelte benommen, aber schaffte es, auf den Füßen zu bleiben, als er mit seinem Schwert ausholte. Die uralte Klinge schlug in die linke Nüster des Drachen. Schwarzes Blut spritzte in die Luft. Der Drache brüllte auf.
Aber der Hieb war teuer erkauft. Sturm blieb keine Zeit, sich zu erholen.
Der Drachenfürst hob seinen Speer, die Spitze leuchtete in der Sonne. Er beugte sich vor und stieß den Speer tief durch die Rüstung, durch das Fleisch und die Knochen.
Sturms Sonne zerbrach.
Die Kugel der Drachen - Drachenlanze
D ie Ritter eilten an Laurana vorbei in den Turm des Oberklerikers und nahmen ihre Plätze ein, wie sie es ihnen erklärt hatte. Obwohl sie anfangs skeptisch waren, kam Hoffnung auf, als Laurana ihren Plan darlegte.
Der Hof war leer. Laurana wußte, daß sie sich beeilen mußte. Sie sollte schon längst bei Tolpan sein und sich auf die Kugel der Drachen vorbereiten. Aber Laurana konnte diese glänzende einsame Figur oben auf der Mauer nicht verlassen.
Dann sah sie die Drachen am Himmel.
Schwert und Speer blitzten im hellen Sonnenlicht auf.
Lauranas Welt hörte auf, sich zu drehen. Die Zeit verlangsamte sich wie in einem Traum.
Das Schwert war blutig. Der Drache kreischte auf. Der Speer hing eine Ewigkeit in der Luft. Dann stand die Sonne still.
Der Speer stach zu.
Ein glänzender Gegenstand fiel langsam von der Mauer in den Hof. Der Gegenstand war Sturms Schwert, aus seiner leblosen Hand gefallen, und es war für Laurana die einzige Bewegung in einer bewegungslosen Welt. Der Körper des Ritters blieb stehen, aufgespießt vom Speer des Drachenfürsten. Der Drache schwebte darüber, seine Flügel im Gleichgewicht. Nichts bewegte sich, alles hielt völlig still.
Dann riß der Fürst seinen Speer heraus, und Sturms Körper fiel da, wo er stand, zusammen, eine dunkle Masse gegen das Sonnenlicht. Der Drache brüllte auf, und ein Blitz fuhr aus seinem blutigen Maul, der in den Turm des Oberklerikers schlug. Mit einer dröhnenden Explosion fiel das Gestein zusammen. Flammen, heller als die Sonne, loderten auf. Die beiden anderen Drachen flogen nach unten zum Hof, als Sturms Schwert klirrend auf den Pflasterstein aufprallte.
Die Zeit lief wieder.
Laurana sah die Drachen auf sich zufliegen. Der Boden um sie erbebte, als die Steine nach unten fielen und Rauch und Staub die Luft füllten. Laurana konnte sich immer noch nicht bewegen. Sich zu bewegen würde die Tragödie Wirklichkeit werden lassen. Eine innere Stimme flüsterte ihr zu: Wenn du ganz stillstehst, wird nichts passieren.
Aber da lag das Schwert, nur wenige Meter von ihr entfernt. Und sie sah den Drachenfürsten mit dem Speer winken, ein Signal zum Angriff für die Drachenarmee, die draußen auf den Ebenen wartete. Laurana hörte das Schmettern der
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