Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
sprach, aber beide dachten das gleiche. Sie würde einen schlimmen Tod erleiden, wenn die Drakonier den Turm erobern würden. Lauranas Tod könnte ein Alptraum sein.
Der Himmel im Osten war hell und kündete den Sonnenaufgang an, als die Ritter von den schmetternden Hörnern aus ihrem unruhigen Schlaf gerissen wurden. Hastig erhoben sie sich und griffen nach ihren Waffen, stellten sich an die Mauern und spähten auf das düstere Land.
Die Lagerfeuer der Drachenarmee brannten schwach und gingen langsam bei Tagesanbruch aus. Sie konnten hören, wie Leben in das Lager kam. Die Ritter umklammerten ihre Waffen und warteten. Dann sahen sie sich verwundert an.
Die Drachenarmee zog sich zurück! Obwohl in der Dunkelheit nur schwach zu erkennen, war es offensichtlich, daß sich die schwarze Welle langsam zurückzog. Sturm beobachtete es verwirrt. Die Armee marschierte hinter den Horizont zurück. Aber sie waren immer noch da, das wußte Sturm. Er spürte sie.
Einige der jüngeren Ritter begannen zu jubeln.
»Seid ruhig!« befahl Sturm barsch. Ihre Rufe zerrten an seinen angespannten Nerven. Laurana stellte sich neben ihn und sah ihn erstaunt an. Sein Gesicht war im flackernden Fackellicht grau und eingefallen. Seine Fäuste ballten sich nervös. Seine Augen verengten sich, als er sich nach vorn beugte und in den Osten starrte.
In Laurana kroch mit der Furcht die Kälte hoch. Sie erinnerte sich, was sie Tolpan gesagt hatte.
»Ist es das, was wir befürchtet haben?« fragte sie und legte ihre Hand auf seinen Arm.
»Bete, daß wir uns irren!« sagte er leise mit gebrochener Stimme.
Minuten verstrichen. Nichts passierte. Flint kam zu ihnen und kletterte auf einen zerbrochenen Mauerteil, um über den Mauerrand zu sehen.Tolpan wurde wach und gähnte.
»Wann gibt es Frühstück?« fragte er fröhlich, aber niemand beachtete ihn.
Sie beobachteten und warteten. Jetzt spürten alle Ritter die Furcht in sich aufsteigen, stellten sich an die Mauern und starrten gen Osten, ohne den Grund dafür zu wissen.
»Was ist los?« wisperte Tolpan. Er kletterte zu Flint hoch. Er
sah ein kleines rotes Stückchen von der Sonne am Horizont brennen, sein orangefarbenes Feuer färbte den nächtlichen Himmel purpurrot und löschte die Sterne aus.
»Worauf sehen wir?« fragte Tolpan und stieß Flint an.
»Nichts«, knurrte Flint.
»Aber warum gucken wir dann...« Der Kender hielt seinen Atem an. »Sturm...«, stammelte er mit bebender Stimme.
»Was ist?« fragte der Ritter und drehte sich beunruhigt um.
Tolpan starrte weiter. Die anderen folgten seinem Blick, aber ihre Augen waren nicht so gut wie die des Kenders.
»Drachen...«, antwortete Tolpan. »Blaue Drachen.«
»Das dachte ich mir«, sagte Sturm leise. »Die Drachenangst. Darum haben sie ihre Armee zurückgezogen. Die Menschen in ihrer Armee könnten nicht widerstehen.Wie viele Drachen?«
»Drei«, antwortete Laurana. »Ich kann sie jetzt auch sehen.«
»Drei«, wiederholte Sturm mit leerer, ausdrucksloser Stimme.
»Hör zu, Sturm!« Laurana zog ihn zur Mauer zurück. »Ich... wir... wollten nichts sagen. Es spielte keine Rolle, aber jetzt ist es doch wichtig.Tolpan und ich wissen, wie man die Kugel der Drachen benutzt!«
»Kugel der Drachen?« murmelte Sturm, der nicht richtig zuhörte.
»Die Kugel ist hier, Sturm!« redete sie unbeirrt weiter, ihre Hände umklammerten ihn. »Unten im Turm. Tolpan hat sie mir gezeigt. Drei lange und breite Korridore führen zu ihr... und...« Ihre Stimme erstarb. Plötzlich sah sie, so lebendig wie in dem Traum in der Nacht, Drachen durch Steinkorridore fliegen...
»Sturm!« schrie sie und schüttelte ihn aufgeregt. »Ich weiß, wie die Kugel funktioniert! Ich weiß, wie man die Drachen tötet! Wenn wir jetzt Zeit haben...«
Sturm hielt sie fest, seine starken Hände packten sie bei den Schultern. In all den Monaten, seitdem er sie kannte, hatte er sie noch nie so schön gesehen. Ihr Gesicht, blaß vor Erschöpfung, strahlte vor Aufregung.
»Erzähl mir, schnell!« befahl er.
Laurana erklärte ihm, die Worte sprudelten aus ihr heraus, und der Plan wurde ihr selbst klarer, während sie ihm alles erzählte. Flint und Tolpan beobachteten die beiden, das Gesicht des Zwerges war entsetzt, das Gesicht des Kenders bestürzt
»Wer wird die Kugel anwenden?« fragte Sturm langsam.
»Ich«, erwiderte Laurana.
»Aber Laurana«, schrie Tolpan, »Fizban hat gesagt...«
»Tolpan, halt den Mund!« zischte Laurana durch ihre zusammengepreßten
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