Die Chronik der Drachenlanze 3 + 4
fragte Caramon mit zwei aufgerissenen Augen. »Das ist kein Drache. Es klingt wie – wie ein riesiger Raubvogel!«
»Was immer es auch ist, es reißt die Drakonier in Stücke!« sagte Goldmond ehrfürchtig, während sie weiterlauschten. Die Schreie hörten abrupt auf, ließen ein Schweigen zurück, das fast noch schlimmer war. Welches neue Böse hatte das alte ersetzt?
Dann wurden Schutt und Steine und Holz hochgehoben und beiseite geschleudert. Was auch immer sich oben befand, es wollte sie unten erreichen!
»Erst hat es die Drakonier gefressen«, flüsterte Caramon rauh, »und jetzt ist es hinter uns her!«
Tika wurde leichenblaß und klammerte sich an Caramons Arm. Goldmond stöhnte leise auf, und selbst Flußwinds Miene verlor ein wenig ihren Gleichmut, und er starrte aufmerksam nach oben.
»Caramon«, sagte Raistlin zitternd, »halt den Mund!«
Tanis fühlte sich geneigt, dem Magier beizupflichten. »Wir fürchten uns wegen nie. . .«, begann er. Er wurde von einem lauten Schmettern unterbrochen. Steine und Schutt, Mörtel und Holz stürzten auf sie herab. Sie krochen in Deckung, als ein
riesiger Klauenfuß durch den Schutt brach, seine Krallen glänzten im Licht von Raistlins Stab.
Hilflos Schutz suchend unter zerbrochenen Balken oder Weinschläuchen, beobachteten die Gefährten erstaunt, wie sich die Riesenklaue aus dem Schutt befreite und verschwand, hinter sich ein großes klaffendes Loch zurücklassend.
Alles war still. Eine Zeitlang wagten die Gefährten nicht, sich zu bewegen.Aber die Stille blieb.
»Das ist unsere Chance«, flüsterte Tanis. »Caramon, sieh nach, was oben los ist.«
Aber der Krieger war bereits aus seinem Versteck gekrochen und bewegte sich so gut es ging über den mit Schutt übersäten Boden. Flußwind folgte mit gezogenem Schwert.
»Nichts«, sagte Caramon, als er verwirrt nach oben spähte.
Tanis, der sich ohne sein Schwert wie nackt fühlte, ging zu ihnen und starrte ebenfalls nach oben. Dann erschien zu seiner Verwunderung eine dunkle Gestalt, die sich gegen den brennenden Himmel abhob. Hinter der Gestalt zeigte sich ein riesiges Tier. Sie konnten nur den Kopf eines großen Adlers erkennen, dessen Augen im Feuerschein glitzerten und dessen gekrümmter Schnabel in den Flammen strahlte.
Die Gefährten schraken zurück, aber es war zu spät. Offensichtlich hatte die Gestalt sie gesehen. Sie trat näher. Flußwind dachte zu spät an seinen Bogen. Caramon zog Tika mit einer Hand zu sich, in der anderen hielt er sein Schwert.
Die Gestalt jedoch kniete einfach am Rand des Loches nieder, achtete sorgfältig auf die losen Steine und streifte ihre Kapuze zurück.
»So treffen wir uns also wieder, Tanis Halb-Elf«, sagte eine Stimme, so kalt und so rein und so fern wie die Sterne.
Flucht aus Tarsis - Die Geschichte der Kugeln der Drachen
D rachen flogen über die zerstörte Stadt Tarsis, während die Drakonierarmeen einmarschierten, um sie in Besitz zu nehmen. Die Drachen hatten ihre Aufgabe erfüllt. Bald würde der Drachenfürst sie zurückrufen, damit sie sich für den nächsten Angriff bereithielten. Aber jetzt konnten sie sich ausruhen. Die roten Drachen schwebten am Himmel, vollführten in gut organisierter Formation einen berauschenden Todestanz.
Keine Macht auf Krynn konnte sie noch aufhalten. Das wußten sie, und sie jubelten über ihren Sieg. Aber gelegentlich wurde ihr Tanz unterbrochen. Einem Schwarmführer beispielsweise
wurde über einen Kampf bei der Ruine eines Wirtshauses berichtet. Der junge männliche rote Drache, den er mit einer kleinen Schar zum Schauplatz beorderte, murmelte etwas von Unfähigkeit des Truppenbefehlshabers vor sich hin.Was konnte man auch schon erwarten, wenn der Drachenfürst ein aufgeblasener Hobgoblin war, der nicht einmal genügend Mut hatte, der Übernahme einer Stadt wie Tarsis beizuwohnen?
Der rote Drache seufzte und erinnerte sich an die ruhmvollen Zeiten, als Verminaard sie persönlich angeführt hatte, auf Pyros’ Rücken reitend. Das war ein Drachenfürst gewesen! Der Drache schüttelte traurig seinen Kopf.Aha, da war die Schlacht. Er flog tiefer, um besser sehen zu können.
»Ich befehle dir anzuhalten!«
Der Rote hielt im Flug inne und starrte erstaunt nach oben. Die Stimme war stark und klar, und es war die eines Drachenfürsten. Aber das war sicher nicht Toede! Dieser Drachenfürst, in die glänzende Maske und die Drachenschuppenrüstung seines Standes gekleidet, war der Stimme nach zu urteilen ein Mensch und kein
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