Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6
ich gehen.«
»Was?« stammelte Caramon. »Aber . . . komm mit mir . . . uns . . . du mußt! Um Fizban zu sehen . . .«
»Ein Treffen zwischen uns wäre nicht erfreulich.« Raistlin schüttelte den Kopf, die Falten seiner schwarzen Kapuze bewegten sich mit ihm.
»Und was ist mit ihnen?« Caramon deutete auf die Drakonier.
Seufzend trat Raistlin zu den Drakoniern. Er hob seine Hand und sprach ein paar seltsame Worte. Die Drakonier wichen zurück, Angst und Entsetzen verzerrten ihre Reptiliengesichter. Caramon schrie auf, als Blitze aus Raistlins Fingerspitzen zischten. Vor Qual aufschreiend, gingen die Drakonier in Flammen auf und stürzten sich windend zu Boden. Ihre Körper verwandelten sich in Stein, als der Tod sie zu sich nahm.
»Das hätte nicht sein müssen, Raistlin«, sagte Tika mit hoher, zitternder Stimme. »Sie hätten uns in Ruhe gelassen.«
»Der Krieg ist vorbei«, fügte Caramon streng hinzu.
»Ist er das?« fragte Raistlin sarkastisch und holte einen kleinen schwarzen Beutel aus seinen Geheimtaschen hervor. »Ein schwächliches, sentimentales Gequassel, mein Bruder, was nur die Fortsetzung des Krieges bestätigt. Diese hier«, er zeigte auf die steinernen Körper, »sind nicht von Krynn. Sie wurden mit Hilfe der schwärzesten aller schwarzen Magien geschaffen. Ich weiß es. Ich habe bei ihrer Erschaffung zugesehen. Sie hätten euch niemals in Ruhe gelassen.« Seine Stimme wurde schrill, ahmte Tikas nach.
Caramon errötete. Er versuchte zu sprechen, aber Raistlin ignorierte ihn kühl, und schließlich gab der Krieger auf, als er sah, daß sein Bruder in der Magie verloren war.
Wieder hielt Raistlin die Kugel der Drachen in seiner Hand. Er schloß seine Augen und begann leise zu singen. Farben wirbelten in dem Kristall auf, dann begann die Kugel hell zu leuchten.
Raistlin öffnete seine Augen und suchte den Himmel ab. Er brauchte nicht lange zu warten. Innerhalb von Sekunden wurden die Monde und Sterne von einem riesenhaften Schatten ausgelöscht. Tika wich beunruhigt zurück. Caramon legte tröstend seinen Arm um sie, obwohl sein Körper erzitterte und seine Hand zu seinem Schwert fuhr.
»Ein Drache«, sagte Tolpan ehrfürchtig. »Aber ein ganz großer. Ich habe niemals so einen großen gesehen . . . oder doch?« Er blinzelte. »Er kommt mir irgendwie bekannt vor.«
»Du hast ihn gesehen«, sagte Raistlin kühl und steckte die dunkel werdende Kristallkugel in seinen schwarzen Beutel zurück, »im Traum. Es ist Cyan Blutgeißel, der Drache, der den armen Lorac, den Elfenkönig, gequält und gepeinigt hat.«
»Warum ist er hier?« keuchte Caramon.
»Er kommt auf meinen Befehl«, antwortete Raistlin. »Er kommt, um mich nach Hause zu bringen.«
Der Drache kreiste tiefer und tiefer, seine gigantischen Flügel
warfen eisige dunkle Schatten. Selbst Tolpan (obwohl er sich später weigerte, es zuzugeben) klammerte sich bebend an Caramon, als der monströse grüne Drache landete.
Einen Moment lang blickte Cyan auf die erbärmliche, zusammengekauerte Gruppe von Menschen. Seine roten Augen flammten auf, seine Zunge zuckte zwischen seinen geifernden Kiefern, als er sie haßerfüllt anstarrte. Aber durch einen stärkeren Willen bezwungen, wurde Cyans Blick weggezogen und richtete sich in Groll und Wut auf den schwarzgekleideten Magier.
Auf ein Zeichen von Raistlin neigte sich der Kopf des Drachen, bis er im Sand ruhte.
Raistlin stützte sich leicht auf den Stab des Magus, als er zu Cyan Blutgeißel schritt und auf den riesigen, schlangenförmigen Hals stieg.
Caramon starrte den Drachen an, kämpfte gegen die Drachenangst, die ihn zu überwältigen drohte. Tika und Tolpan klammerten sich angstbebend an ihn. Dann schob er sie mit einem heiseren Aufschrei beiseite und lief auf den Drachen zu.
»Warte! Raistlin!« schrie Caramon mit rauher Stimme. »Ich komme mit dir!«
Cyan hob beunruhigt seinen Riesenkopf, beäugte den Menschen mit flammendem Blick.
»Würdest du?« fragte Raistlin leise und legte eine besänftigende Hand auf den Hals des Drachen. »Würdest du mit mir in die Finsternis kommen?«
Caramon zögerte, seine Lippen wurden trocken, Furcht dörrte seine Kehle aus. Er konnte nicht sprechen, aber er nickte zweimal, biß sich vor Qual auf seine Lippe, als er hinter sich Tika aufschluchzen hörte.
Raistlin musterte ihn, seine Augen wirkten wie goldene Punkte in der tiefen Schwärze. »Ich glaube es dir wahrhaftig«, sinnierte der Magier. Einen Moment lang saß Raistlin auf dem Rücken
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