Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6
Königin direkt Bericht erstattete, war ein hervorragender Soldat, ein militärisches Genie. Ariakus hatte die Herrschaft über den Kontinent Ansalon fast in seiner Reichweite gehabt. Er ließ sich bereits »Herrscher« nennen. Seine Königin war wahrhaftig von ihm angetan, ihre Belohnungen waren vielzählig und großzügig.
Aber jetzt sah er seinen wunderbaren Traum wie Rauch durch seine Finger gleiten. Er hatte Berichte erhalten über seine Soldaten, die panisch über die solamnischen Ebenen flohen, aus Palanthas zurückwichen, sich von Burg Vingaard zurückzogen, Pläne über die Belagerung von Kalaman fallenließen. Die Elfen hatten sich mit den menschlichen Streitkräften im nördlichen und südlichen Ergod verbündet. Die Bergzwerge waren aus ihrem unterirdischen Reich Thorbadin aufgetaucht und hatten
sich mit ihren uralten Feinden, den Hügelzwergen, und einer Gruppe menschlicher Flüchtlinge in der Absicht verbündet, die Drachenarmeen aus Abanasinia zu vertreiben. Silvanesti war befreit worden. Ein Drachenfürst war in Eismauer getötet worden. Und wenn man den Gerüchten Glauben schenken wollte, wurde Pax Tharkas von einer Gruppe Gossenzwerge gehalten!
Während er die Stufen hinaufstieg und über diese Berichte nachdachte, steigerte sich Ariakus selbst in rasenden Zorn.Wenige hatten Lord Ariakus’ Mißfallen überlebt. Keiner jedoch überlebte seine Wutanfälle.
Ariakus hatte seine einflußreiche Position von seinem Vater übernommen, der einen hohen Rang als Kleriker bei der Königin der Finsternis innegehabt hatte. Obwohl erst vierzig Jahre alt, hielt Ariakus diese Position schon seit fast zwanzig Jahren (sein Vater war durch die Hände des eigenen Sohns frühzeitig gestorben). Als Ariakus zwei Jahre alt gewesen war, hatte er mit ansehen müssen, wie sein Vater seine Mutter brutal umbrachte, die mit ihrem kleinen Sohn fliehen wollte, bevor das Kind genauso vom Bösen verdorben werden konnte wie sein Vater.
Zwar hatte Ariakus seinen Vater nach außen hin immer mit Respekt behandelt, aber niemals vergaß er den Mord an seiner Mutter. Er arbeitete hart und zeichnete sich in seinen Studien aus und war der ganze Stolz seines Vaters. Viele fragten sich, ob der Vater diesen Stolz auch empfunden hatte, als er die ersten Stöße der Messerklinge seines neunzehnjährigen Sohns in seinen Körper eindringen spürte, als Vergeltung für den Tod der Mutter – und mit einem Auge auf den Thron des Drachenfürsten.
Jedenfalls war diese Tat für die Königin der Finsternis keine große Tragödie, denn sie fand schon bald heraus, daß der junge Ariakus den Verlust ihres Lieblingsklerikers mehr als wettmachte. Der junge Mann hatte selbst keine klerikale Begabung, aber seine beachtlichen Fähigkeiten als Zauberkundiger ließen ihn die Schwarze Robe und die Empfehlungen der bösen Zauberer, die ihn unterrichteten, gewinnen. Er bestand zwar die
furchtbaren Prüfungen in den Türmen der Erzmagier, aber für Magie hatte er nichts übrig. Er praktizierte sie selten und trug niemals die Schwarze Robe, die seinen Status als Zauberer böser Mächte kennzeichnete.
Ariakus’ wahre Leidenschaft war der Krieg. Er war es gewesen, der die Strategie erarbeitet hatte, mit der die Drachenfürsten und ihre Soldaten in der Lage gewesen waren, fast den gesamten Kontinent Ansalon zu unterjochen. Er war es gewesen, der sichergestellt hatte, daß sie kaum mit Widerstand zu rechnen hatten, denn es war seine glänzende Strategie gewesen, sich schnell zu bewegen, die zerstrittenen Rassen der Menschen, Elfen und Zwerge zu schlagen, bevor sie sich verbünden konnten, und sich ihr Land stückchenweise einzuverleiben. Ariakus’ Plan sah vor, bis zum Sommer endgültig über Ansalon zu herrschen. Andere Drachenfürsten auf den anderen Kontinenten Krynns betrachteten ihn mit unverhülltem Neid – und mit Angst. Denn ein Kontinent würde Ariakus nie zufriedenstellen. Seine Augen waren bereits auf den Westen, das Sirrion-Meer, gerichtet.
Aber jetzt – Unglück und Katastrophen.
Als Ariakus die Tür von Kitiaras Schlafzimmer erreichte, fand er sie verschlossen vor. Kühl sprach er ein Wort in der Sprache der Magie, und die schwere Holztür sprang auf. Ariakus schritt durch den Schauer von Funken und blauen Flammen, die die Tür verschlangen, mit der Hand an seinem Schwert.
Kit lag im Bett. Beim Anblick von Ariakus setzte sie sich auf, mit einer Hand hielt sie ihren Morgenmantel zusammen. Trotz seiner rasenden Wut bewunderte Ariakus die Frau,
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