Die Chronik der Drachenlanze 5 + 6
geringsten durch Ariakus’ flackernden Blick irritiert. »Wenn ich dich genarrt habe, mein Fürst, habe ich keine Zweifel, daß ich auch den Feind narren werde.«
»Und wie hast du mich genarrt, Kitiara?« fragte Ariakus mit tödlicher Ruhe. »Willst du etwa sagen, daß du nicht an allen Fronten verlierst? Daß du nicht aus Solamnia vertrieben wurdest? Daß die Drachenlanzen und diese guten Drachen keine schändliche Niederlage herbeigeführt haben?« Seine Stimme wurde mit jedem Wort lauter.
»Haben sie nicht!« schnappte Kitiara, ihre braunen Augen blitzten auf. Sie beugte sich über den Tisch und ergriff Ariakus’ Hand, als er gerade sein Weinglas zu den Lippen führen wollte. »Was die guten Drachen betrifft, mein Fürst, weiß ich von meinen Kundschaftern, daß ihre Rückkehr einem Elfenlord und einem Silberdrachen zu verdanken ist, die in den Tempel von Sanction eingebrochen waren und entdeckt haben, was mit den Eiern der guten Drachen passiert. Wessen Fehler ist das? Wer hat da einen Fehler begangen? Die Bewachung des Tempels lag in deiner Verantwortung . . .«
Wütend riß Ariakus seine Hand aus Kitiaras Griff frei. Er schleuderte das Weinglas durch das Zimmer, erhob sich und sah sie an.
»Bei den Göttern, du gehst zu weit!« schrie er.
»Hör mit dieser Pose auf«, sagte Kitiara. Sie erhob sich kühl, drehte sich um und ging durch das Zimmer. »Folge mir in mein Kriegszimmer. Dort werde ich dir meine Pläne erklären.«
Ariakus starrte auf die Karte vom nördlichen Ansalon. »Es könnte funktionieren«, räumte er ein.
»Natürlich wird es funktionieren«, sagte Kit, gähnte und streckte sich lustlos. »Meine Soldaten sind vor ihnen wie verängstigte Kaninchen davongerannt. Zu schade für die Ritter, daß sie nicht scharfsinnig genug waren, um zu bemerken, daß wir uns immer nach Süden bewegten, und sie haben sich nie gefragt, warum meine Soldaten offenbar einfach wegschmolzen und verschwanden. Während wir uns unterhalten, sammeln sich meine Soldaten in einem geschützten Tal südlich dieses Gebirges. Innerhalb einer Woche wird eine mehrere tausend Mann starke Armee bereit sein, in Kalaman einzumarschieren. Der Verlust ihres ›Goldenen Generals‹ wird ihre Moral untergraben. Die Stadt wird wahrscheinlich ohne Kampf kapitulieren. Von dort werde ich das ganze Land, das wir scheinbar verloren gegeben haben, zurückerobern. Gib mir das Kommando über die Soldaten dieses Dummkopfes Toede im Süden, laß die Fliegenden Zitadellen kommen, um die ich gebeten habe, und Solamnia wird glauben, eine zweite Umwälzung zu erleben.«
»Aber die Elfenfrau . . .«
»Braucht uns nicht zu kümmern«, unterbrach Kitiara.
Ariakus schüttelte den Kopf. »Das scheint das schwache Glied in deinen Plänen zu sein, Kitiara. Was ist mit dem Halb-Elfen? Bist du dir sicher, daß er sich nicht einmischt?«
»Er ist uninteressant. Sie ist diejenige, um die es geht, und sie ist eine liebende Frau.« Kitiara zuckte die Schultern. »Sie vertraut mir, Ariakus. Du spottest, aber es ist wahr. Sie vertraut mir zu sehr und Tanis, dem Halb-Elfen, zu wenig. Aber so ist es immer mit Verliebten. Jenen, die wir am meisten lieben, vertrauen wir am wenigsten. Es hat sich als ganz glücklich herausgestellt, daß Bakaris in ihre Hände fiel.«
Ariakus, der aus ihrer Stimme eine Veränderung heraushörte,
sah Kitiara prüfend an, aber sie hatte ihr Gesicht von ihm abgewendet. Er erkannte sofort, daß sie gar nicht so überzeugt war, wie sie schien, und dann wußte er, daß sie ihn angelogen hatte. Der Halb-Elf! Was war mit ihm? Wo war er beispielsweise? Ariakus hatte eine Menge von ihm gehört, aber ihn niemals kennengelernt. Der Drachenfürst zog in Erwägung, sie wegen dieser Sache zu bedrängen, aber er überlegte es sich anders. Es war besser, zu wissen, daß sie ihn angelogen hatte. Es gab ihm eine gewisse Macht über diese gefährliche Frau. Soll sie ihre Selbstzufriedenheit ruhig weiter auskosten.
Gleichgültigkeit vortäuschend, fing Ariakus zu gähnen an. »Was hast du mit der Elfenfrau vor?« fragte er, so wie sie es von ihm erwartet hätte. Ariakus’ Vorliebe für zierliche Blondinen war bekannt.
Kitiara zog ihre Augenbrauen hoch und warf ihm einen koketten Blick zu. »Zu schade, mein Fürst«, sagte sie spöttisch, »aber die Dunkle Königin verlangt die Dame.Vielleicht kannst du sie haben, wenn sie mit ihr fertig ist.«
Ariakus erbebte. »Pah, dann wird sie für mich nicht mehr von Interesse sein. Gib sie deinem
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