Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)
Wald.«
»Nein!«
»Leb wohl, Renn. Was auch passiert, du weißt… du sollst wissen, wie sehr ich …« Er musste mehrmals schlucken. »Möge der Clanhüter mit dir fliegen.« Er bückte sich und küsste sie auf den Mund. Dann drehte er sich um und rannte nach draußen in die Dunkelheit.
Kapitel 24
Der Wind heulte um die Berge und fegte über die kahlen Hänge. Er raschelte im dürren Gestrüpp, das einen zugefrorenen See umgab, an dem Männer um ein Feuer kauerten.
Eine Gruppe aus dem Ebereschenclan war auf Hundeschlitten eingetroffen und hatte drei Jäger aus dem Wald mitgebracht. Beinahe hätten sie Fin-Kedinns Lager übersehen, so gut hatte er es versteckt, doch ihre Hunde hatten es schließlich doch gefunden.
Etan vom Rabenclan redete eindringlich auf seinen Anführer ein. »Fin-Kedinn, wir bitten dich, komm mit uns! Thull hätte uns nicht geschickt, wenn es nicht dringend wäre. Die Schattenkrankheit hat sich unter den Stämmen ausgebreitet. Es gibt nicht mehr viele, die gesund genug zum Jagen sind, und auch die trauen sich aus Angst vor Tokoroths kaum noch hinaus. Es ist schon so weit, dass man sich um die wenige verbliebene Nahrung streitet.«
Fin-Kedinn hörte still zu. Dann sagte er: »Thull ist nicht der einzige Anführer. Was ist mit den anderen?«
»Der Anführer des Weidenclans hat eine Weile mitgeholfen, die Ordnung aufrechtzuhalten, ebenso wie Durrain vom Rotwildclan. Dann hat die Krankheit auch sie angefallen. Beide mussten in ihren Hütten eingesperrt werden. Und nun liegt Saeunn im Sterben.«
»Saeunn hat die Schattenkrankheit?«, fragte Fin-Kedinn scharf.
»Nein. Sie hat sich verausgabt, als sie sich um ihre Leute gekümmert hat. Nachdem wir aufgebrochen waren, ging es schnell bergab mit ihr. Thull sagt, er kann die Clans ohne sie nicht führen. Er hat recht. Auf ihn allein werden die Clans nicht hören.«
»Das werden sie müssen«, sagte Fin-Kedinn. »Ich muss zum Berg.«
»Aber warum ?« Etan spähte misstrauisch ins Dickicht, wo sich eine schemenhafte Gestalt vor dem Licht versteckte.
»Wen hast du da bei dir?«, fragte einer der Ebereschenjäger. »Warum kommen die nicht raus und sprechen für sich selbst?«
Fin-Kedinn gab keine Antwort. Der Schatten im Dickicht zog sich weiter in die Dunkelheit zurück.
»Was willst du denn dort draußen erreichen?«, fragte Etan. »Was kann selbst ein Fin-Kedinn gegen das Böse tun?«
»Wenn wir auch nur eine winzige Chance gegen Eostra haben«, sagte der Anführer des Rabenclans und sprach den Namen deutlich aus, »dann nicht durch Gewalt, sondern mittels Schamanenkunst. Ich ziehe mit einem umher, der sich in diesen Dingen auskennt. Er weiß, wie man Eostra im Berg der Geister finden kann und wie man sich vor ihr und ihren Geschöpfen verborgen hält. Mehr kann ich euch nicht sagen.«
Etan sah ihm tief in die Augen. »Vielleicht änderst du deine Meinung, wenn du hörst, was Saeunn dir ausrichten lässt: Sie sagt, nur du kannst die Stämme ruhig halten.«
»Saeunn war dagegen, dass ich gehe«, sagte Fin-Kedinn. »Natürlich will sie, dass ich wiederkomme.«
»Du sollst daran denken, was sie in der Glut gesehen hat. Sie sagt, der Seelenwanderer wird sterben. Nicht einmal du kannst das verhindern. Sie sagt, der Platz des Rabenanführers ist bei den Lebenden. Sie sagt, du musst umkehren.«
Das Feuer knisterte. Die Jäger warteten auf Fin-Kedinns Antwort. Die Gestalt im Gestrüpp beobachtete sie aus der Ferne und hörte zu.
Fin-Kedinn erhob sich und streifte zum Rand der Baumgruppe, wo ein einsamer Felsbrocken sich über den See erhob. In der Ferne zeichneten sich die Berge schwarz vor den Sternen am Himmel ab. Sie waren noch immer weit entfernt. Wenn er jetzt in den Wald zurückkehrte, konnte er dann sicher sein, dass sein Begleiter es allein schaffte?
Er blickte zum Himmel empor. Doch der gab ihm keine Antwort. Der Weltgeist war weit weg und kämpfte gegen den Großen Auerochsen. Die Sorgen der Menschen gingen ihn nichts an.
Und irgendwo da draußen waren Torak und Renn: ganz auf sich allein gestellt, verletzlich, wie zwei winzige Funken, die bald von der Nacht ausgelöscht werden würden.
Fin-Kedinn rieb seine Faust am Felsen. Die Pflicht rief ihn in den Wald. Sein Herz zog ihn ins Gebirge.
Der Wind flaute ab, flüsterte nur noch sacht. Der Granit unter seinen Händen war hart.
Fin-Kedinn riss sich von der Dunkelheit los und schritt zurück zum Feuer.
Kapitel 25
Als Wolf im stürmischen Dunkel schlingernd zum Stehen kam,
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