Die Chronik der dunklen Wälder - Seelenwächter: Band 6 (German Edition)
sie das Loch verstopfen konnte, fand aber nichts, was größer gewesen wäre als ihre Faust.
Sie musste ihr Versteck aufgeben. Aber das konnte sie nicht. Es ging einfach nicht.
Kiesel klirrten, als das Wesen die Schlucht herabgestürmt kam.
Renn kroch nach draußen und suchte tastend einen Stein, fand einen, der zu schwer war, um ihn zu ihrem Versteck zu tragen; sie rollte und zog ihn über den Boden. Das Wesen war jetzt so nah, dass sie seinen rasselnden Atem hörte.
Ein Fäustling an der Schnur verhakte sich unter dem Stein. Sie schluchzte in panischer Angst auf, riss ihn los, zwängte sich in das Loch, zerrte den Stein hinter sich her, zog ihn fest vor die Öffnung und schloss sich ein.
Von der anderen Seite krachte etwas dagegen. Die Wucht des Aufpralls durchzitterte sie. Sie klammerte sich an den Stein, ihren einzigen Schutz. Da – ein Schlitz, wo er nicht ganz vor die Höhlenöffnung passte. Drei Finger breit. Er fühlte sich an wie eine breite Schlucht.
Draußen herrschte Stille.
Schweiß lief ihr über den Rücken.
Atem versengte durch den Schlitz ihre Finger. Leise wimmernd zog sie die Hände so weit es ging zurück.
Ein tiefes Knurren ließ die Felsen erbeben. Renn kniff die Augen zusammen. Das Knurren ging in keuchenden Atem über.
Dann das Scharren kräftiger Krallen. Das Geschöpf war dabei, sie auszugraben.
Sie roch seinen Gestank, spürte seine unersättliche Tötungslust. Es würde sie schreiend aus dem Loch zerren. Es würde seine Fangzähne in sie hineinschlagen und ihr die Kehle herausreißen, während sie zuckend und immer noch am Leben vor ihm läge.
Sie bekam kaum Luft. Aber lieber ersticken, als sich dem da draußen stellen.
Sie wich tiefer in das Loch zurück. Ihr Messer drückte ihr gegen die Hüfte. Mühsam zog sie es aus der Hülle. Falls die Kreatur tatsächlich dazu kam, sie anzugreifen, konnte sie ihr vielleicht die Klinge ins Maul rammen. Sie würde mutig sterben, auch wenn keiner da war, der es sah.
Plötzlich hörte das Scharren auf.
Renn riss die Augen auf.
Sie hörte ein feuchtes Zähnefletschen, als hätte das Wesen ruckartig den Kopf nach oben gerissen. Dann das leise Tappen von Pfotenballen auf Stein, das rasch verebbte.
War es wirklich möglich, dass es sich zurückzog?
Renn biss sich auf die Lippe. Bleib, wo du bist. Das ist eine List. Ganz bestimmt.
Es war keine. Das Geschöpf war und blieb weg.
Renn kauerte immer noch in ihrem Versteck, als sie nach einer Weile fremde Stimmen hörte und dann Torak, der ihren Namen rief.
Kapitel 23
»Ich weiß nicht genau, was es war«, sagte Renn, als sie ins Lager zurückgebracht wurde, »aber ich glaube …«. Sie zuckte zusammen, als ihr verletzter Fuß den Boden berührte.
»Ich hab einen Schatten gesehen, wie von einem großen Hund«, sagte Torak. »Dann war er weg. Als hätte ihn jemand zurückgerufen.«
»Ich habe niemanden rufen hören«, sagte Juksakai.
»Das konntest du auch nicht«, sagte Torak. Er beschrieb ihm die Pfeife aus Hühnerknochen, die er einmal geschnitzt hatte, um Wolf zu rufen. »Sie hat kein Geräusch gemacht, aber Wolf hat sie hören können. Wenn das, was Renn angegriffen hat, etwas Ähnliches wie ein Hund war, dann hört es Dinge, die wir nicht hören können.«
Renn saß zitternd am Feuer. Die Schwanenjäger starrten sie an, bis Juksakai ihnen befahl, in die andere Hütte zu gehen. Sie packten ihre Sachen zusammen und mieden dabei Renns Blick. Vielleicht rochen sie diese Kreatur an ihr.
Als nur noch Juksakai da war, half Torak Renn aus den Stiefeln und rollte vorsichtig ihre Beinkleider hoch. Sie wollte nicht zusammenzucken, doch der Schmerz trieb ihr die Tränen in die Augen.
»Was kann das nur gewesen sein?«, fragte Juksakai erneut.
Torak gab keine Antwort. Er zog sein altes Jagdwams heran und fing an, einen Streifen für einen Verband abzuschneiden.
»Eostra hat den Feueropal«, sagte Renn. »Sie hat Tokoroths erschaffen. Ich weiß nicht, was sie mit dieser Eule angestellt hat oder mit den Hunden – falls es wirklich Hunde sind –, aber sie hat sie zu ihren Geschöpfen gemacht. Sie kennen nur noch den Willen zum Töten.«
Juksakai schaute sie erschrocken an.
Renn wandte sich an Torak. »Dieses Heulen. Hast du das verstanden?«
Er schüttelte den Kopf. »Soweit ich weiß, war das keine Wolfssprache oder die von irgendeinem Hund. Aber es hat geklungen, als wären es viele gewesen. Vielleicht ein ganzes Rudel.«
Renn starrte ins Feuer. Sie hatte immer noch das wütende
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