Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
hatte, denn er war so breit, dass er niemals durch die Tür oder eines der Fenster gepasst hätte.
Im Raum stand Sarn und eine Frau, die der, mit der ich gesprochen hatte, bis aufs Haar glich. Allerdings hatte sie ihre Haare zu einem Zopf zusammengebunden, was die raubvogelhaften Züge ihres hageren Gesichts umso mehr betonte.
„Das ist Ja, meine Schwester.“, sagte die Frau, bei der es sich folglich um Ba handeln musste. Wie ich hatte Sarn wohl angenommen, dass Baja eine einzige Person sei und vielleicht steckte in dieser Annahme ja auch ein Körnchen Wahrheit. Sie waren zumindest Zwillinge.
„ Sie sind Hürnin. Oder zumindest so etwas ähnliches. “, versuchte ich Sarn zuzuflüstern, ohne dass die Schwestern es mitbekamen, aber Ba hatte mich gehört, während sie mir half, Erichs Körper auf die Tischplatte zu legen.
„ Kein Grund zur Heimlichkeit.“, sage sie. „Ihr seid hier unter Freunden so lange ihr euch wie Freunde benehmt.“
„ Woher kommt ihr?“, wollte Sarn wissen. „Warum seid ihr nicht nach Hornhus zurückgekehrt? Ihr seid doch Hürnin?“
„ Nein, wir sind keine Hürnin.“, winkte Ja ab. „Wir haben vielleicht ein andermal für die Geschichte Zeit wer oder was wir sind. Jetzt sollten wir zuerst versuchen deinen Schüler zu retten, bevor der Scharif gänzlich von ihm Besitz ergreift.“
„ Wie steht es um ihn?“, fragte Sarn, während sich die Schwestern die Hände in einer Steinschale wuschen und allerhand Tiegel und Dosen von den Regalen an den Wänden zusammensuchten.
„ Nicht gut.“, sagte Ja mit einem Blick auf Erichs Seite. Der Ast war auf Höhe der untersten Rippe eingedrungen und der schwarze Fleck, der sich um die Eintrittsstelle herum ausbreitete, hatte inzwischen die Größe einer Hand. „Aber da er jetzt noch lebt und nicht vom Dämonen vereinnahmt wurde, hat er erstaunlich große Widerstandsfähigkeit. So etwas sieht man nicht oft. Aber wir werden schon herausbekommen, was sein Geheimnis ist.“
Fasziniert beugten sich die beiden Frauen über Erich und starrten ihn von allen Seiten an ohne etwas zu unternehmen. Auf einen Fingerzeig von Ja verließ ich seinen Körper und er erschlaffte sofort. Noch immer untersuchten die beiden alten Frauen die Verletzung.
Sarn wurde ungeduldig und wollte wissen, ob sie überhaupt vorhatten Erich zu helfen, aber sie hoben gleichzeitig eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.
„ Ein falscher Schnitt und er stirbt.“, sagte eine der Schwestern. „Eine falsche Arznei und er haucht sein Leben aus.“, fügte der andere hinzu.
Weitere Sekunden verstrichen, bevor die Schwestern sich mit einem befriedigten Seufzen aufrichteten.
„Das ist es.“
„ Ja, so muss es sein.“, murmelten sie sich gegenseitig zu.
„ Was? Was habt ihr herausgefunden?“, wollte Sarn wissen.
„ Er hat von den Äpfeln gegessen, richtig? Den Äpfeln des Königs? Oder einem Ableger davon?“
Sarn nickte nachdenklich. „Ja, das hat er, aber …“
„ Gut, dann halt uns jetzt nicht weiter mit Fragen auf. Wenn die Macht der Äpfel noch in ihm wirkt, dann haben wir eine Chance ihn zu retten.“
Endlich fingen sie an Erich zu versorgen. Sie wiesen Sarn an, sich auf einen Hocker in der Ecke zu setzen und entzündeten dann Kerzen an den Wänden. Neunmal schritten sie den Raum ab, bevor sie weitermachten. Während Ba begann Kräuter und andere Zutaten in einem Mörser zu zerkleinern und sie dann zu vermischen, machte sich Ja daran Erichs Oberkörper mit einem Moospolster zu säubern. Ich konnte sehen, wie sich seine Haut rötete, was die erste Reaktion seit langem auf einen Reiz von außen war.
Dann wartete sie, bis Ba mit dem Anmischen ihrer Paste fertig war.
Mit einer plötzlichen Heftigkeit, die Sarn von seinem Hocker erschrocken aufspringen ließ, zerrte Ja an dem Holzstück in Erichs Körper, währen Ba die dünnflüssige Paste über den schwarzen Fleck sprenkelte.
Stöhnend richtete Erich sich auf. Was anfangs nur als unartikulierte Schmerzenslaute über seine Lippen drang, verwandelte sich in hasserfüllte Worte und dann in ganze Sätze.
„ Wagt es nicht, euch der Ziege mit den tausend Jungen entgegenzustellen. “, knurrte eine heisere Stimme aus Erich heraus. Es war teilweise Erichs Stimme, teilweise auch nicht. „ Dieser Körper wird sterben, wenn ihr weitermacht. “
Die Schwestern antworteten nicht darauf. Schweiß stand auf ihren Stirnen und sie mussten ihre ganzen Kräfte aufwenden, um Erich unter Kontrolle zu halten. Sarn wollte
Weitere Kostenlose Bücher