Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
konnten genug hören, um zu wissen, dass über uns und um uns herum geschäftiges Treiben herrschte. Ab und zu war das Flackern von Kerzen oder Laternen zu sehen, dann veränderte sich plötzlich der Schall und wir befanden uns inmitten einer geräumigen Höhle. Im Feuerschein konnte ich ein Dutzend Kamele sehen, die herumstanden oder -lagen und uns gelangweilt beäugten, während sie mit weit ausholenden Kiefern ihr Futter kauten. Trotz der frühen Stunde wimmelte es in der Höhle vor Menschen. Es roch nach Kameldung und Schimmel.
Außer den Kamelen sah ich vor allem Frauen in langen dunklen Gewändern, die Eimer mit Geröll von drinnen nach draußen und solche voller Holz oder Blätter von draußen nach drinnen brachten oder die Kamele bürsteten.
Sarn, Kern, Erich und Sirr stiegen von ihren Tieren ab und halfen den Peregrin die Trage mit dem Halken vom Kamel zu heben, das froh zu sein schien, diese Last endlich los zu werden. Der Halken schlief tief und fest und wachte auch nicht auf, als sie an den Bändern zogen, die ihn auf der Trage sicherten.
Dieser Ort versprach tatsächlich Sicherheit, zumindest vor den Scharifoi. Sie würden es schwer haben, durch den engen Zugang hier einzudringen und wären dabei ein leichtes Ziel für Angriffe. Doch wenn der Scharif einmal wusste, wo die Wanderfalken sich versteckten, würde er es nicht dabei bewenden lassen nur ein paar seiner Knochenfrüchte zu schicken. Er würde eine Armee auf die Beine stellen und das Versteck mit seinen Soldaten überrennen. Ich fragte mich, warum er das nicht schon längst getan hatte. Ein Stützpunkt dieser Größenordnung konnte nicht lange verborgen bleiben.
„ Wartet hier.“, sagte Tamis und ließ uns bei den Kamelen zurück. Erich war so müde, dass ihm die Augen zufielen, sobald er sich neben eines der Tiere ins Stroh gesetzt hatte und auch Kern schlief auf der Stelle ein. Aber Sirr und Sarn versuchten sich ein Bild von der Lage zu machen und wachsam zu bleiben. Etwas mehr als zwei Dutzend Kamele befanden sich in der Höhle und auch wenn noch einmal genau so viele Tiere Platz darin gefunden hätten, schienen die Wanderfalken hier nicht mehr von ihnen zu besitzen. Darauf ließ das an den Wänden bereitgelegte Zaumzeug schließen. Allerdings machte die Höhle auch nicht den Eindruck eines ständig bewohnten Lagers. Wenn Wanderfalken nicht einfach nur irgendein Name war, sondern etwas zu bedeuten hatte, würden sie auch noch an anderen Orten versteckte Stützpunkte unterhalten.
Sarn versuchte mit einer der Frauen ins Gespräch zu kommen, aber die lächelte nur entschuldigend und eilte dann mit ihrem Eimer weiter nach draußen. Zumindest konnte er jetzt mit Sicherheit sagen, dass der Eimer mit frisch geschlagenem Geröll gefüllt war. Die Höhle wurde also erweitert.
Als Sarn es zwei weitere Male erfolglos versucht hatte, eine der Frauen anzusprechen, zuckte er schließlich mit den Schultern und legte sich zwischen Erich und dem Halken ins Stroh.
„ Sicherer Ort.“, brummte er und schlief ein.
„ Großes Grab.“, murrte der inzwischen erwachte Halken und betastete vorsichtig seine verletzte Brust. Die Blutung war gestillt, aber bei jeder Bewegung seiner Arme klaffte der Schnitt erneut auf und ließ helles Fleisch zwischen den geronnenen Blutklumpen sichtbar werden.
„ So lange es nicht unser Grab ist, kann uns das egal sein.“, meldete sich auch noch Sirr zu Wort, bevor sie alle in einen unruhigen Schlaf fielen.
Kapitel 11 – Blitze aus Licht
Es dauerte nicht lange, bis man sie weckte und tiefer hinein in den Berg führte. Mit der Hilfe von Sarn und Kern kam der Halken wieder auf die Beine und gemeinsam stützten sie den Ork auf seinem Weg. Sie kamen nicht besonders schnell voran, aber es ging. Tamis und die anderen Peregrin musterten die Verletzungen des Halken und der anderen wie Männer, die sich nur zu gut damit auskannten, ließen aber nicht eine Spur von Mitleid erkennen, geschweige denn die Hürnin irgendwie zu versorgen.
Die Peregrin hatten das von Wasser und Spannungen im Fels geschaffene Höhlensystem in Besitz genommen und es ausgebaut, doch anders als in Hornhus gab hier nicht dunkler Basalt die dominierende Farbe vor, sondern heller Kalkstein. Nur tief unten in den Katakomben von Hornhus hatte Erich schon ähnliche Farben und Formen gesehen wie hier: winzige hohle Röhren, die wie Eiszapfen von der Decke hingen und glänzende knollenförmige Gebilde am Boden. Alles schimmerte weiß, blassgelb und an
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