Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
gut, dass er sich dabei einer Sprache bediente, die er sich wahrscheinlich in dem Moment ausdachte, in dem er sie aussprach.
Als die Scheiterhaufen entzündet wurden, brachen wir auf. Tamis ließ zwei seiner Männer zurück, die dafür sorgen sollten, dass so viel wie möglich von den Scharifoi, wie sie die Knochenfrüchte nannten, verbrannte, während er zwei andere Männer als Kundschafter vorausschickte.
„Wie lange führt ihr schon Krieg gegen den Scharif?“, wollte Sarn wissen, als sie wenig später wie gewohnt einzeln oder zu zweit in ihren Kamelsätteln saßen. Da der Halken auf einer Liege untergebracht war, konnte nun auch Erich wieder auf einem eigenen Kamel reiten, nur Sarn und Kern teilten sich einen Sattel, was die Peregrin zu einigen spöttischen Bemerkungen veranlasste, die aber zu leise waren, als dass ich sie hätte verstehen können.
„ Seit er sich vor zwölf Jahren erhoben hat.“
„ Was ist passiert?“
Tamis blickte Sarn eine Weile forschend an. „Der Schoß deiner Frauen muss weit entfernt von hier sein, dass du das nicht weißt. Vor zwölf Jahren verschwand die Flamme, der letzte der Dämonenjäger. Der Dämon Peifor stieg auf den Thron von Sunterak und pflanzte den Scharif am nordwestlichen Ende seines Reiches ein. Ringsum sind Dämonen die neuen Grenzmächte und Peifor thront über allen. Woher kommt ihr, dass ihr all das nicht wisst?“
„Aus einem Land weit im Osten.“, antwortete Sarn ausweichend. „Man nannte das Gebiet früher Schattental.“
„ Aber das stimmt doch gar nicht!“, quengelte plötzlich Kern. „Wir kommen aus Ho...“
Sarn schaffte es gerade noch rechtzeitig die Zügel loszulassen, um ihm den Mund zuzuhalten, bevor er etwas ausplaudern konnte. Sein Kamel hielt das für eine Anweisung, bog nach links ab und stieß mit einem anderen Tier zusammen, dass sich mit wütendem Grunzen und einem Biss gegen diese Zudringlichkeit zur Wehr setzte. Es dauerte ein wenig, bis Sarn sein Kamel wieder unter Kontrolle hatte und sie den Weg ungestört fortsetzen konnten. Tamis fragte nicht weiter nach, woher Sarn und die anderen kamen, aber es war offensichtlich, dass er sich seine Gedanken machte.
Wir reisten in zügigem Tempo. Die Wanderfalken kannten das Terrain, aber trotzdem, oder gerade deswegen wollten sie kein Risiko eingehen was die Gesundheit ihrer Reittiere betraf. Die breiten Sohlen ihrer Füße fanden zwar fast überall sicheren Halt, aber in der Dunkelheit war es unmöglich versteckte Stolperfallen wie von Tieren gegrabene Löcher oder Wurzeln zu erkennen. Erich wollte gar nicht wissen, was passieren würde, wenn ein so riesiges Tier wie ein Kamel das Gleichgewicht verlor.
Dem Mond nach zu urteilen bewegten wir uns geradewegs nach Südosten. Erich bekam von der Reise nicht viel mit, denn er schlief immer wieder ein und ein paar Mal war ich kurz davor wieder in seinen Körper zu fahren, um ihn daran zu hindern vom Kamel zu fallen, aber er wachte jedes Mal gerade noch rechtzeitig auf und zog sich wieder hoch.
Irgendwann in der Nacht stießen die beiden Männer zu uns, die sich um den Scheiterhaufen gekümmert hatten, doch ansonsten verlief die Reise ereignislos. Wir passierten in einiger Entfernung zwei Dörfer, eines immerhin so nah, dass ein Wachhund die Witterung der Kamele aufnahm und ein paar mal laut bellte, aber wir begegneten niemandem und mussten nur ein mal kurz anhalten, damit ein Sattelgurt, der sich gelöst hatte, neu gebunden werden konnte.
Bei Tagesanbruch erreichten wir einen dicht bewaldeten Hügel, der im Morgennebel kaum zu erkennen war. Zerklüftete Felsen ragten aus dem weichen Waldboden und manchmal war es schwer auszumachen, wo die rissige Rinde eines Baumriesen endet und wo das Gestein begann. Sarn erklärte uns flüsternd, dass das Land einige Tagesreisen von der Küste entfernt von zahlreichen Rissen und Kluften durchzogen war, die sich manchmal wie die Felder eines Schachbretts verdichteten. Die Speerbucht füllte den größten dieser Einschnitte und auch der Meerlauf und die meisten anderen Flüsse und Bäche folgten diesen natürlichen Kanälen. Wo sie nicht mit Wasser gefüllt waren, boten sie ein ideales Versteck.
Tamis führte uns in eine tief eingeschnittene Rinne im Fels, die von außen kaum zu erkennen war. Hier herrschte noch tiefste Nacht und die Temperatur sank schlagartig um einige Grad. An den steilen Wänden war teilweise sogar etwas Eis zu sehen.
In der Dunkelheit konnte man zwar kaum etwas unterscheiden, aber wir
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