Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
kommen würden. Diese Beschreibung konnte zwar alles mögliche bedeuten, traf aber auf jeden Fall auf die Wesen zu, die Erich gesehen hatte.
Sarn seufzte. „Es hat sich vieles verändert seit ich zuletzt mit Kern durch die Welt gezogen bin. Plötzlich tauchen an allen Ecken und Enden irgendwelche Dämonen auf. Wollen wir hoffen, dass wenigstens Drachall frei von ihnen ist.“
Erich holte Luft um etwas darauf zu erwidern, ließ es aber dann doch bleiben. Er hatte eine Vorahnung, wenn es um Drachall ging, konnte sie aber nicht in klare Worte fassen. Aber wenn es stimmte, dass in der ehemaligen Hauptstadt der Hürnin ein Tor zu meiner eigenen Welt war, dann mussten wir auch dort damit rechnen auf Dämonen zu treffen. Wir konnten nur hoffen, dass sie uns wohlgesonnen waren.
Am dritten Tag in den Wäldern begann der erste Schnee zu fallen. Zunächst war kaum auszumachen, was da durch den dichten Nebel um uns herum zu Boden rieselte, aber als Erich die Hand ausstreckte und eine der Flocken darauf landete und schmolz war aller Zweifel ausgeschlossen. Der Winter war nun auch hier hereingebrochen und wir mussten daran denken, was uns Laubschatten über das Sommerfeld erzählt hatte. Sobald der Schnee die schützenden Siegel bedeckte, brach die schlimmste Zeit dort an. Erich fragte sich, ob es Amarill gut ging.
Aber auch hier brachte uns der Schnee nur weitere Probleme. Er setzte die ohnehin schon schlechte Sicht noch weiter herab, saugte sich auf Kopf und Schultern der Hürnin fest und ballte sich an ihren Schuhen zu schweren Klumpen zusammen. Immer wieder mussten sie anhalten, um ihre Sohlen für kurze Zeit freizukratzen und ehe sie es sich versahen, waren sie in ein Meer aus Weiß gehüllt, das unaufhaltsam auf sie herabrieselte und den Boden um sie herum auffraß.
Obwohl er immer noch schwer atmete und seine Wunden sich immer wieder öffneten, ging der Halken voraus, um den anderen beiden den Weg durch die Schichten aus gefrorenem Laub und lockerem Schnee zu bahnen.
„Morgen beginnt der einfache Weg.“, sagte er, als der Tag langsam zur Neige ging.
„ Warum?“, fragte Erich hoffnungsvoll.
„ Es wird noch kälter. Der Schnee wird hart. Wir bauen uns Schneeschuhe.“
Erich seufzte. Er wusste zwar nicht, was Schneeschuhe waren, aber die Aussicht darauf, dass es noch kälter werden sollte, behagte ihm ganz und gar nicht.
„Was sind Schneeschuhe?“, fragte er.
„ Ein breites Geflecht für die Füße. Verteilt das Gewicht.“
Erich fragte sich, wie das funktionieren sollte, aber der Halken suchte schon am gleichen Abend geeignete Äste und Rindenstreifen dafür, die er anschließend geschickt zusammenband.
Sarn und Erich bemühten sich derweil darum ein halbwegs stabiles Dach aus Zweigen und Schnee zu schaffen, das ihnen für die Nacht ein wenig Schutz bieten würde. Sarn bog junge Baumstämme zurecht und verflocht sie mit einigen Ästen, während Erich das löchrige Flechtwerk mit kleineren Zweigen und Schnee verband. Obwohl es anfangs nicht danach aussah, hatten sie so bei Einbruch der Nacht eine kleine Schutzhütte zusammengeklopft, die hoffentlich bis zum nächsten Morgen halten würde. Zitternd und erschöpft krochen sie dicht zueinander unter das niedrige Dach und schafften es tatsächlich nach kurzer Zeit einzuschlafen. Niemand dachte mehr daran Wachen aufzustellen, denn in ihrer Hütte, die bald von Schnee bedeckt war, blieben sie praktisch unsichtbar.
Wie die beiden anderen Horndämonen auch versuchte ich wachsam zu bleiben, doch sobald unsere Herren schliefen war es auch mit unserer Wahrnehmung nicht mehr weit her. Ich merkte, dass ich die Welt immer mehr durch Erichs Sinne wahrnahm, je länger ich ihm diente und so bekam ich zwar noch mit, was um uns herum vor sich ging während er schlief, aber es war für mich so wenig real wie ein Traum.
Deshalb sah ich auch keinen Anlass zu reagieren, als am frühen Morgen ein gewaltiges Tier durch den Schnee gestapft kam und die Behausung der Hürnin mit seinen gewaltigen Geweihschaufeln einfach beiseite wischte, um darunter nach Futter zu suchen. Die Hürnin wurden unsanft von den herunterfallenden Schneemassen geweckt und starrten völlig verwirrt auf den Elch, der ebenso verwirrt zurück glotzte.
Zum Glück entschied sich das Tier nach wenigen Augenblicken zum Rückzug, sonst wäre der Halken vielleicht noch auf die Idee gekommen den Elchbullen zu erlegen.
In der Nacht hatte es aufgehört zu schneien und als sie sich aus dem Schnee freigeschaufelt
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