Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
auch immer die Stadt und ihre Bewohner angegriffen hatte, war aus dem Osten kommend einmal quer durch sie hindurchgelaufen. Ich war mir sicher, dass es sich dabei nur um Gilcris gehandelt haben konnte. Er hatte das Überraschungsmoment offensichtlich auf seiner Seite gehabt, denn erst nach einigen Straßenzügen begannen die Schäden an den Häusern. Vielleicht war er aber auch mit einem gewaltigen Satz über die ersten Häuser hinweggesprungen so dass diese verschont geblieben waren. Auch das war ihm zuzutrauen.
Der Halken hielt nicht einen Augenblick inne, als wir auf die Stadt stießen und so blieben wir nicht lange unentdeckt. Kaum hatten wir den Wald hinter uns gelassen, als auch schon von irgendwo her ein Schrei ertönte und uns weit aufgerissene Augen hinter ausgestreckten Armen anstarrten.
Wie wir es schaffen konnten die Stadt unbeschadet zu durchqueren, kann ich bis heute nicht sagen. Wahrscheinlich half uns die Verwirrung, die in ihr herrschte, vielleicht hatte Gilcris den Dämonen aber auch so viel Angst eingejagt, dass nur wenige es wagten sich uns in den Weg zu stellen. Aber es gab die wenigen Mutigen und auch wenn sie nicht von Kopf bis Fuß gepanzert waren wie der Halken und Hund, handelte es sich bei ihnen doch um erfahrene Kämpfer.
Den ersten konnte der Halken noch einfach so über den Haufen rennen, doch je tiefer wir in die Stadt eindrangen, desto schwieriger wurde es, die Soldaten oder Stadtwachen, oder um was es sich bei den Bewaffneten auch immer handelte, zu umgehen. Der Halken ließ es darauf ankommen einige Treffer einzustecken, wenn er dafür sein Tempo beibehalten konnten, aber ich musste aufpassen mir keinen Speer einzufangen. Die Schlangenpeitsche und ein Schwarm zornig summender schwarzer Insekten, die er aus kleinen Hohlräumen unter seinem Schulterpanzer entließ, halfen mir dabei. Die wenigsten der Angreifer achteten auf mich. Und wenn griffen sie mich nicht an, da der Halken die größere Bedrohung war.
So erreichten wir die Schneise durch die Stadt und ich konnte sehen, dass die Häuser links und rechts dieses neu geschaffenen Weges langsam schmolzen wie Wachs in der Sonne. Sie strahlten keine Wärme aus, und ich konnte mir nicht erklären, was da vor sich ging. Dann bemerkte ich ein paar Eigentümlichkeiten. Nur manche der Häuser schmolzen komplett, die anderen brachen auseinander, weil sich der Mörtel auflöste. Das Schmelzen schien nur bestimmte Materialien zu befallen und ich vermutete, dass es etwas damit zu tun hatte, wo man Hämolithen zum Bau verwendet hatte und wo nicht.
Als wir die letzten Gebäude der Stadt hinter uns ließen, blieben auch die Kämpfer hinter uns zurück. Sie warfen ihre Speere, schleuderten herumliegende Steine, aber keiner von ihnen traf uns oder wollte die Verfolgung aufnehmen.
Der Halken wurde auch nicht merklich langsamer, als wir die Hügel hinter der Stadt erklommen, aber ich war fast am Ende meiner Kräfte.
Zu meinem Erstaunen blieb der Halken plötzlich stehen, um den Boden vor uns zu betrachten. Eine ganze Reihe von Fußspuren zeichnete sich im weichen Boden ab. Deutlich waren die tiefen Abdrücke von Gilcris' Füßen zu sehen, die von denen seiner Verfolger überlagert wurden.
Ich fragte mich, wie lange diese Kämpfer Gilcris wohl auf den Fersen geblieben waren und wann wir auf sie stoßen würden.
„Sie sind tot.“, sagte der Halken, wie um meine Frage zu beantworten.
Er deutete auf eine Kuhle vor uns und im schwächer werdenden Licht sah ich, was er meinte: Wie aus vollem Lauf gestrauchelt lagen sie neben- und übereinander da. Keiner der Dämonen wies eine Verletzung auf. Was auch immer sie getötet hatte, die Männer hatten nicht damit gerechnet. Keiner von ihnen hatte seine Waffe erhoben oder sich verteidigungsbereit gemacht. Sie waren einfach so wie sie waren zu Boden gesunken.
Ich weiß bis heute nicht, was sie getötet hat, aber ich war mir sicher, dass Gilcris nicht dafür verantwortlich war. Als diese Männer starben, war Gilcris schon weit voraus und bestimmt schon über die Hügel hinweg.
Wenig später erreichten auch wir den Kamm der Hügelkette . Meine Flügel schmerzten noch immer, aber so lange ich sie nicht bewegen musste, konnte ich das aushalten. Sogar der Halken begann jetzt die Folgen des langen Laufs zu spüren. Er wurde bei Einbruch der Dunkelheit langsamer und hielt schließlich an. Vor uns führten Gilcris' Fußspuren geradewegs zu einem weiteren Wald, aus dem in unregelmäßigen Abständen dicke
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