Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
jung er noch sein musste. Erst die Sorge um seinen Meister hatte Falten in seine Stirn gegraben und seinen Wangen die Frische geraubt.
Ich wusste, dass sich unsere Wege hier und jetzt trennen würden, wie der Halken vorausgesagt hatte. Der Ork, Hund und ich würden weiterziehen um nach Gilcris zu suchen und Drigg würde bei seinem Meister bleiben. Aber ich war davon überzeugt, dass das nicht das letzte Mal gewesen sein würde, dass wir uns begegneten.
Ich erinnere mich nicht mehr, wie Drigg die Spalte überwunden hat. Von einen Augenblick auf den nächsten stand er zwischen den Menschen, die die Eigenschaften der Flamme verkörperten und wurde ein Teil von ihnen.
Vielleicht hatte es Drigg in Wirklichkeit nie gegeben. Vielleicht war er von Anfang an nur ein Teil dieses Magiers gewesen und nun wieder eins mit ihm. Vielleicht war Drigg nur der Aspekt der Flamme, der in der Welt der Menschen zurückblieb, als er das Tor durchschritt und geteilt wurde. Vielleicht aber auch nicht. Gewöhnliche Sterbliche können die Geschäfte der Magier nicht begreifen und sollten es auch nicht versuchen.
Deshalb gib es so viele Geschichten über die Magie. Was sie bewirkt und wie sie angeblich funktioniert. Aber obwohl ich viele von diesen Geschichten kannte, begann ich erst jetzt zu verstehen, was Magie sein konnte. Denn was sie wirklich war, konnte nur ein Magier annähernd begreifen. Sie hatte wenig mit Feuerbällen oder dem Umwandeln von Blei in Gold zu tun. Sie hatte vielmehr mit dem zu tun, wie jemand, der sie zu beherrschen gelernt hat sein Wesen und sein Schicksal nach und nach zu einem Destillat dessen macht, worauf es wirklich ankommt.
Als ich sah, wie die vielen Gestalten der Flamme sich gleichzeitig abwandten, um ohne Eile zurück zum Turm zu gehen, blühte in mir für einen kurzen Augenblick diese Erkenntnis auf, lief über, versickerte in meinem Verstand, der sie nicht halten konnte und blieb als ein Rinnsal der Bewunderung zurück.
Der Halken hingegen war um einiges weniger ergriffen als ich.
„ Wir können weiter. “, sagte er geringschätzig.
In einer seiner Predigten hatte Sarn einmal davon gesprochen, dass jedes Ende einer Geschichte willkürlich ist und man sich davor hüten sollte eine Geschichte zu erzählen, von der man nicht alle Enden kennt.
Gesegnet ist, wer mit einem 'Und sie lebten glücklich bis ans Ende ihrer Tage' schließen kann, verflucht, wer noch mitten in seiner Geschichte steckt, ihr Ende nicht kennt und sie trotzdem erzählen muss. Du musst mir deshalb verzeihen, dass ich versuche alles so wiederzugeben, wie ich es in Erinnerung habe. Du musst mir verzeihen, dass ich keine Antwort auf die Frage habe, was mit Drigg und seinem Meister passiert ist, nachdem wir sie am Fuß des Turmes zurückgelassen haben. Ich kann dir noch nicht einmal sagen, ob sie wirklich für den weiteren Verlauf der Geschichte von Bedeutung sein werden. Ich kann dir nur berichten, was bis zu der Zeit passierte, in der wir mit Gilcris über das Sommerfeld zurückkehrten.
In deinen Adern fließt sein Blut und eines Tages wirst du an seine Stelle treten.
Aber ich vernachlässige meine Pflicht. Es ist nicht meine Aufgabe zu spekulieren was sein könnte und was die Zukunft wohl bringen mag. Meine Aufgabe ist es diese Geschichte so gut zu erzählen wie ich kann. Hör gut zu, denn ich schlage die letzten Kapitel auf.
Kapitel 18 – Legende zu Lebzeiten
Wortlos setzten wir unsere Reise nach Nordwesten fort. Der Halken hatte nur noch im Sinn Gilcris so schnell wie möglich wiederzufinden, um ihm weiter dienen zu können. Er sprach von einer bevorstehenden Schlacht und von einer großen Gefahr in die Gilcris sich begab. Für mich hörte es sich an wie wahnsinniges Gestammel, aber in meiner Welt musste man auch das ernst nehmen. Besonders, wenn es vom Halken kam.
Ich konnte mir vorstellen, wie es im Halken aussah. Er hatte viel dafür aufgegeben, um weiter der Aufgabe folgen zu können, die er von den Ahnen gestellt bekommen hatte. Doch das machte ihm nichts aus. Ganz im Gegenteil: Er gierte nach mehr Entbehrungen, Gefahren und Kämpfen. Er wollte alles, was es in dieser und der anderen Welt an Sicherheit und Glück gab, eintauschen gegen den Ruhm, den er aus seiner Selbstaufopferung zu ziehen glaubte.
Wieder fragte ich mich, was jemanden dazu veranlasste einer Sache zu folgen. Warum setzte Gilcris sein Leben aufs Spiel, um vielleicht seine Mutter zu befreien? Warum setzte der Halken sein Leben aufs Spiel, um
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