Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
schwarze Rauchsäulen aufstiegen. Es war schon zu dunkel um mehr erkennen zu können, aber ich vermutete, dass sie von Brenn- oder Schmelzöfen stammten, denn es war nicht der Rauch von unkontrollierten Feuern. Im Schutz der ersten Bäume hielten wir an und schlugen unser Lager auf.
Der Halken übernahm die kurze Nachtwache und noch vor dem nächsten Morgen machten wir uns mit steifen Gliedern auf den Weg. Gilcris' Spuren verloren sich schnell im Unterholz der Bäume, doch wir kannten sein Ziel. Immer weiter nach Nordwesten durchquerten wir den Wald. In geraden Reihen hatte man hier Bäume gepflanzt und in regelmäßigen Abständen wartete zurechtgemachtes Holz auf den Abtransport. Andere Stämme fanden wir fallengelassen am Rand der Wege und auf einer Lichtung stießen wir auf ein provisorisches Lager, das in aller Eile verlassen worden sein musste, denn es lag noch allerhand Werkzeug herum.
„ Hürnin. “, knurrte der Halken, als er sich die Spuren angesehen hatte. „ Hürnin in Ketten. “
Er deutete auf eine verwischte Bahn am Boden, in der ich nicht viel mehr zu erkennen vermochte als Kratzer und Schleifspuren, aber der Halken war sich seiner Sache sicher.
„ Wurden weggebracht, bevor Gilcris hergekommen ist. “
Inzwischen musste sich die Nachricht von unserer Ankunft überall verbreitet haben und es würde bestimmt nicht mehr lange dauern, bis wir auf ernsthafte Probleme stoßen würden. Irgendwo musste es ein Heer oder eine Schutztruppe geben, die nicht an eine Stadt gebunden war, sondern mobil eingesetzt werden konnte. Es war leichtsinnig gewesen so viel Aufmerksamkeit auf uns zu lenken. Spätestens als Gilcris mitten durch diese Stadt gewalzt war und der Halken nichts besseres zu tun hatte, als ihm auf direktem Weg zu folgen, war klar, dass wir eine Bedrohung darstellten. Ich hoffte, dass wir Gilcris noch einholen konnten, bevor es zu spät war und ihm etwas zustieß. Ich rechnete mir dabei keine großen Chance darauf aus heil aus der Sache herauszukommen, aber vielleicht hatten wir die Chance uns irgendwo in diesen Wäldern so lange zu verstecken, bis sich die Lage wieder beruhigte und wir eine Möglichkeit finden konnten … ja, eine Möglichkeit wofür? Wieder in die Menschenwelt zurückzukehren? Wie sollte das gehen? Konnten wir die Flamme um Hilfe bitten?
Ich hatte noch keine Gelegenheit gehabt darüber nachzudenken, wohin mich der Strom in dem ich gerade mitgerissen wurde, führen würde. Gilcris würde versuchen die gefangenen Hürnin zu befreien. Er würde alles daransetzen seine Mutter zu finden und die Bedrohung durch die Dämonen, die sein Volk verraten und versklavt hatten, ein für alle Mal abzuwenden. Die Gefahr zu scheitern war groß, aber die Gefahren, die erst noch kommen würden, wenn er Erfolg haben sollte, waren vielleicht noch größer.
Einen Vorgeschmack davon bekamen wir zwei Tage später, als wir ein steiles Flusstal durchquerten, das sich quer zu unserer Marschrichtung zog. Linkerhand führte eine Brücke über den Fluss, die von einer Abteilung Bewaffneter bewacht wurde. Der Halken und ich hielten uns im Schutz der Bäume und beratschlagten, was wir als nächstes tun sollten. Rechts von uns befand sich ein kleines Dorf am Fluss, aber so weit wir sehen konnten gab es außer dieser Brücke in weitem Umkreis keine Möglichkeit ans andere Ufer zu gelangen. Und wenn diese Brücke bewacht wurde, dann sahen unsere Chancen bei anderen Brücken bestimmt nicht besser aus. Der Halken schlug vor, auf das Überraschungsmoment zu setzen und einfach durchzubrechen.
Ich wollte seinem Vorschlag gerade zustimmen, als über uns ein Schatten am Himmel auftauchte. In eng anliegende schimmernde rote Kleidung gehüllt glitt ein Horndämon vorüber und verschwand dem Fluss folgend im Osten. Ich spürte wie mein Herz schneller schlug und wusste nicht, ob es daran lag, dass ich mich davor fürchtete entdeckt zu werden, oder weil ich mich danach sehnte mit jemandem zu sprechen, der so war wie ich. Aber dennoch entging mir nicht, wie die Wachen auf der Brücke reagierten. Sobald sie den fliegenden Dämon entdeckt hatten, waren sie auf die Knie gesunken und wagten es erst wieder sich zu erheben, als der Horndämon kaum noch zu sehen war.
Das brachte mich auf eine Idee. Würde sie funktionieren, konnten wir die Brücke ohne Kampf überqueren und wenn nicht, konnten wir dadurch vielleicht wenigstens etwas Zeit gewinnen. Es dauerte eine Weile, bis ich dem Halken begreiflich machen konnte, was mein
Weitere Kostenlose Bücher