Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
Käse zum Beispiel. Legt man ihn zum Reifen in die richtige Höhle, wird er wohlschmeckend und bekömmlich. Lässt man ihn einfach nur irgendwo liegen wird er … nicht so bekömmlich.“
„ Was ist mit den Äpfeln?“, wollte Erich wissen.
Der hochgewachsene Heiler hob fragend die Augenbrauen und fuhr dann fort mit einer Pinzette kleine Steinbröckchen aus Erichs Knie zu ziehen.
„Kern saugt manchmal die braunen Stellen aus heruntergefallenen Äpfeln. Selbst wenn sich schon Schimmel gebildet hat.“, erklärte Erich.
Sepatrik seufzte.
„Ach ja, Kern. Es ist eine Tragödie, was mit ihm passiert ist und dass es keinen Weg gibt ihm zu helfen. Ich denke, er mag den Alkohol, der in den faulen Äpfeln steckt.“
„ Alkohol?“
Sepatrik stand auf und holte aus einem seiner Regale eine Tonflasche mit einem Korken. Er öffnete sie, um sie Erich unter die Nase zu halten. Angewidert zog der den Kopf zurück. Tränen waren in seine Augen gestiegen. „Das brennt in der Nase!“
Sepatrik lächelte. Er hielt Erich immer noch die Flasche hin. „Trink einen kleinen Schluck. Trink und sag mir was du dabei empfindest.“
Mit einem skeptischen Blick nahm Erich die Flasche entgegen und setzte sie an seine Lippen. Er verschluckte sich fast und musste husten.
„Das schmeckt so, als hätte ich mir die Zunge verbrannt!“, keuchte er, wurde dann aber mit einem Mal ruhig. „Aber jetzt wird es ganz warm in meinem Bauch …“
„ Ja, das ist die Wirkung von Alkohol. Ein paar Schlucke bringen den Kreislauf in Schwung, noch ein paar Schlucke mehr und du fühlst dich wie neu geboren, aber wenn du noch mehr davon trinkst, verlierst du die Kontrolle über deinen Körper und deine Sinne. Viele Völker verwenden Alkohol als Aufputschmittel. Er ist in Bier, Schnaps und Wein. Du hast bestimmt schon einmal davon gehört.“
„ Ah, ja, das erklärt einiges. In meinem Dorf ist mal ein Junge über den Marktplatz getorkelt, hat lallend Lieder gesungen und hätte sich dann um ein Haar in den Brunnen übergeben. Später hat man dann eine Flasche Wein bei ihm gefunden, die er einem fahrenden Händler abgekauft haben muss.“
„ Ja, das ist die Wirkung von Alkohol. Unwissende Menschen halten ihn für eine Art von Dämon.“ Sepatrik lachte über so viel Unverstand aber Erich blieb stumm.
„ Dabei hat Alkohol auch viele nützliche Seiten. Er kann Früchte über Jahre haltbar machen, brennt gut und nicht zuletzt …“, damit schüttete er dem überraschten Erich einen Schwall von der Flüssigkeit aus der Flasche über das Knie. „… verhindert er, dass sich Wunden entzünden.“
„ Au, das brennt!“, rief Erich mehr überrascht als vor Schmerz.
„ Ganz recht. Ich werde die Wunde jetzt verbinden. Morgen kannst du den Verband abnehmen. Wenn du dann keine Entzündungen entdecken kannst, brauchst du nicht noch mal zu mir kommen. Zumindest nicht wegen deinem Knie, aber du findest bestimmt bald was anderes, was du dir verletzen kannst. Es ist mir übrigens leider nicht möglich den Alkohol so stark zu destillieren, wie ich es gerne hätte. Aber reinen Alkohol könnte man auch nicht mehr trinken. Das wäre das reinste Gift.“
Mit routinierten Bewegungen wickelte er kreuzweise ein weißes Tuch um Erichs Bein und sicherte es dann mit einem Knoten.
„Pass das nächste Mal besser auf, wo du hintrittst.“, sagte er zum Abschluss und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. „Versuch es zumindest mal.“
Erich bedankte sich und ging. Vor der Tür von Sepatriks Haus wartete bereits Brogu auf ihn und begleitete ihn zurück zu Sarn, wo die beiden noch eine Weile miteinander redeten und sich dann voneinander verabschiedeten. Brogu kaute dabei die ganze Zeit über an einem Pilz herum, der zu den Grundnahrungsmitteln der Hürnin gehörte. Dieser Pilz und die lästigen Gemeinschaftsaufgaben, die mit ihm verbunden waren, störten Erich an seinem neuen Leben am meisten. Zwar hatte er auch im Dorf mit seinen Eltern zusammen die Felder bestellen, Wasser vom Brunnen holen oder die Hühner hüten müssen, aber dabei war er stets im Freien gewesen. Und das bedeutete an der frischen Luft.
Hier musste er einmal in der Woche mit Sarn zusammen hinunter in die feuchten Höhlen nahe an der Basis des Basaltsockels, um die Pilze zu ernten, sie von Schädlingen zu befreien und sie zu düngen. Vor allem das Düngen war unangenehm und in den Höhlen war es stets feucht und dunkel, so dass der beißende Geruch der Fäkalien noch Tage danach in
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