Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)
bitter und zuckte dann mit den Schultern.
„ Er war einer der Tropfen, die das Fass zum Überlaufen brachten. Lern, Berns älterer Bruder und damals Anführer der von Menschen erzogenen Hürnin, war immer der Überzeugung, dass unser Platz auf den Schlachtfeldern und an den Kehlen der Herrschenden war. Er hatte Kern und mich mit ein paar anderen wie Kelra Ke hinausgeschickt um Sunterak zu zerschlagen, das sein Herrschaftsgebiet bis fast an die Sümpfe um Hornhus herum ausgedehnt hatte. Nun, wir waren erfolgreich, auch wenn es nicht ganz ohne Opfer ablief. Teile und herrsche. Wir waren gut darin die verschiedenen Klans und Stämme gegeneinander auszuspielen. In den meisten Fällen war auch das Glück auf unserer Seite und manche begannen bereits wieder zu hoffen, dass die Hürnin endlich wieder aus dem Schatten treten und ihren alten Platz einnehmen könnten, aber dann wurden Lern und viele andere nicht lange nachdem ich nach Hornhus zurückgekehrt war, bei einem Kampf in den Ruinen von Drachall getötet. Kern war der einzige, der lebendig von dort zurückgekommen ist. Ich weiß bis heute nicht, warum Lern ihn überhaupt mitgenommen hat. Ausgerechnet ihn. Aber du hast ihn ja selbst kennengelernt und weißt in welchem Zustand er ist. Er ist seit der Begegnung mit dem Magier ein Greis. Dabei ist er an Jahren nicht älter als ich. Auch sein Dämon war danach nicht mehr derselbe. Hat sich zurückgezogen und kaum noch etwas gesagt. Vor allem hat er nie erzählt, was damals eigentlich passiert ist. Dabei war er einmal einer der mächtigsten Horndämonen von allen. Eine einzige seiner Berührungen konnte einen Mann töten.“ Sarn verstummte.
Erich verschwieg, dass er die speziellen Kräfte von Kerns Dämon bereits gesehen hatte, wenn auch nur an einer Raupe angewendet. Erich wusste auch schon von der Expedition nach Drachall. Die Stadt war unter Sigwar die neue Hauptstadt des Hürninreiches, weil sich die Grenzen nach Süden verschoben und Hornhus plötzlich zu einer Stadt in der Provinz wurde. Der Legende nach von Dämonen in nur drei Tagen errichtet, saß Drachall wie eine Spinne in ihrem Netz inmitten eines Tales im Süden, uneinnehmbar von Berggipfeln und unzugänglichen Sümpfen umgeben. Nur der Kraft der Dämonen war es zu verdanken, dass Tunnel von unvorstellbarer Länge durch die Flanken der Berge getrieben werden konnten, mit denen die Stadt überhaupt erst zu erreichen war. Von dort aus waren alle anderen wichtigen Orte des Reiches scheinbar nur einen Katzensprung entfernt. Hätte die letzte Schlacht hier stattgefunden und nicht auf dem Sommerfeld, wäre sie für die Hürnin siegreich verlaufen, denn kein Feind hätte hoffen können die Berge zu überwinden oder die Tunnel zu durchqueren und in Drachall einzudringen. So stand es zumindest in den Archiven verzeichnet.
Dass Sarn, Kern und die anderen verwundet und verändert zurückgekommen waren, musste Lern sehr getroffen haben. Drachall schien in seinen Augen die einzige Hoffnung zu sein, die seinem Volk noch blieb. Lern und seine Begleiter hatten sich deshalb aufgemacht, um auszukundschaften, was von der Hauptstadt noch übrig war, und ob sie für die Hürnin unter seiner Führung nicht besser als Rückzugsort geeignet war als Hornhus. Dann hätte er nur eine kleine Besatzung in Hornhus zurückgelassen, die die zurückkehrenden Kinder empfangen sollte.
Die Hürnin waren über diesen Plan geteilter Meinung. So sehr sich viele danach sehnten zu alter Größe zurückzukehren, so sehr fürchteten sie sich davor, das Gewohnte aufzugeben und sich unbekannten Gefahren zu stellen. Es gab viele offene Fragen. Was war mit den Hürnin geschehen, die in Drachall gelebt hatten? Warum gab es keine Nachrichten von ihnen? Wo waren sie nach dem Krieg geblieben? Warum hatte nie wieder jemand etwas von ihnen gehört oder auch nur Versucht nach Drachall vorzudringen? Entweder sie waren einfach verschwunden oder Drachall war doch nicht so uneinnehmbar, wie behauptet wurde. Lern wollte unbedingt herausbekommen, was davon zutraf, während sein Bruder Bern nicht müde wurde davon abzuraten.
Lerns Tod fegte alle Diskussionen vom Tisch und seitdem vertrat auch kaum jemand mehr die Ansicht, dass man erneut versuchen sollte herauszufinden, was mit Drachall geschehen war.
„ Zwölf Jahre ist das jetzt schon her.“, sagte Sarn mehr zu sich selbst.
„ Aber Ihr habt nie aufgehört darüber nachzudenken, oder?“
Sarn blickte wie aus einem Traum erwachend auf und
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