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Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich)

Titel: Die Chronik der Hürnin (Das Alte Reich) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Keller
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ziemlich erschöpft. Die Aufregung des Tages saß ihm in den Knochen und es war einige Zeit her, dass er so lange am Stück gelaufen war, noch dazu über sumpfigen Boden und beladen mit Gepäck und feuchten Kleidern.
    Deshalb war er mehr als erleichtert, als wir im Zwielicht aus Regenschatten und schwindendem Licht in einiger Entfernung vor uns den Stamm eines abgestorbenen Baumes sehen konnten und der Halken uns mit einem knappen Satz davon in Kenntnis setzte, dass wir dort auf die anderen beiden warten würden.
    Erich schniefte und hustete. Er hatte keinen einzigen trockenen Fetzen Stoff mehr am Leib, denn was nicht vom Regen durchweicht war oder von unten seine Hosenbeine hoch gekrochen kam, war getränkt von seinem Schweiß. Doch ein Ziel vor Augen zu haben gab ihm neue Kraft und wir erreichten den toten Baum noch bevor es völlig dunkel geworden war.
    Ein Blitz hatte die Kiefer vor Jahren gespalten und nun lagen der Stamm und die Äste wie eine verkrüppelte Spinne über den Hügel im Sumpf gebreitet. Mauerreste zeigten, dass hier im Schatten des Baumes auch einmal ein Gebäude gestanden haben musste, aber um was es sich dabei gehandelt hatte, war nicht mehr auszumachen. Vielleicht ein Bauernhaus, vielleicht ein Wachturm, vielleicht auch nur ein Stall. Für uns war nur wichtig, dass ein paar der Kellerräume noch nicht eingestürzt waren und uns für die Nacht Schutz vor dem Regen boten. Oder zumindest unserem Gepäck, denn als Erich die kalten feuchten Räume gesehen hatte, die der Halken mit einem Schwarm von Glühwürmchen spärlich erleuchtete, zog er es vor, sich eine Decke aus seinem Rucksack zu holen und sich mit ihr draußen in einer Nische zusammenzukauern, die auf der windabgewandten Seite einer Mauer lag. Trotz Kälte und Nässe war er innerhalb kürzester Zeit eingeschlafen.
    Der Halken, der die Nachtwache übernahm, weckte ihn einige Stunden später.
    „Die Glühwürmchen melden Gesellschaft.“, flüsterte er.
    Erich konnte sich nach der wenig erholsamen Nachtruhe auf den Steinen kaum bewegen und hätte auch völlig ausgeschlafen nicht verstanden, was der Halken ihm damit sagen wollte.
    „Was?“
    Der Halken antwortete nicht darauf, sondern ging um Sirr zu wecken oder um sonst etwas zu tun, was man in völliger Dunkelheit mitten in einem Moor tun musste. Während Erich versuchte das Kribbeln aus seinen eingeschlafenen Beinen zu bekommen und die Müdigkeit vom immer noch spärlich fallenden Regen auf seinem Gesicht vertreiben zu lassen, hörte er ein leises Plätschern aus der Richtung in die der Halken gegangen war und roch kurz darauf frischen Urin. Auch Erichs Blase drückte und er ging vorsichtig ein paar Schritte von der Mauer weg, um sich zu erleichtern. Während er mit klammen Fingern den feuchten Ledergürtel aufzog, wanderte plötzlich ein blasser Lichtpunkt durch sein Gesichtsfeld. Er glaubte schon sich getäuscht zu haben, als ein weiterer aufstieg, diesmal etwas deutlicher. Als er dieses Phänomen ein drittes Mal erlebte, konnte er an die Entfernungen richtig einzuschätzen und erkannte, dass es sich um ziemlich kleine Lichter handeln musste, die ziemlich weit entfernt waren.
    „Glühwürmchen.“, flüsterte der Halken plötzlich in sein Ohr und Erich pinkelte sich vor Schreck auf sein Hosenbein. „Der Halken hat sie am Weg verteilt. Schritte schrecken sie auf. Sie kommen.“
    „ Sarn und Kern?“, wollte Erich wissen und schüttelte hastig die letzten Tropfen ab, um sich die Hose wieder hochziehen zu können. Aber der Halken war bereits wieder lautlos in der Dunkelheit verschwunden.
     
     

Kapitel 5 – Rauch auf dem Wasser
     
    Es waren tatsächlich Sarn und Kern. Während Kern mit einem seligen Lächeln in seine Handflächen lugte, zwischen denen er ein Glühwürmchen gefangen hielt, machte Sarn einen ziemlich niedergeschlagenen und besorgten Eindruck. Er hatte eine kleine Laterne bei sich, die wohl schon eine ganze Weile brannte. Aber erst jetzt hatte er die Klappe an ihrer Vorderseite geöffnet, so dass ihr Licht auch nach außen dringen konnte. Erich wusste nicht warum, aber das beunruhigte ihn.
    „ Was ist passiert?“
    Erschöpft ließ Sarn seinen Rucksack fallen und lehnte sich gegen die nächste Mauer. Der Marsch durch die Dunkelheit hatte ihm offensichtlich einiges abverlangt und auf seiner Stirn lag nicht nur der Regen sondern auch Schweiß. Bei Kern hingegen war keine Spur von Müdigkeit festzustellen. Wie ein Kind hüpfte er in der Dunkelheit dem Glühwürmchen

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