Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
Kraft gekostet, die sie später noch bitter nötig haben werden.« Er deutete ein Achselzucken an. »Dieser Machdi mag ein charismatischer Mann sein, aber er ist kein sehr erfahrener Soldat, Allah sei Dank!« Andrej war auch jetzt nicht ganz sicher, was er von dieser Antwort halten sollte, beschloss aber, dass es klüger war zu schweigen. Er war nicht hier, um die Absichten des Janitscharenhauptmanns gutzuheißen oder gar Freundschaft mit ihm zu schließen. Doch Sharif schien in seinem Gesicht gelesen zu haben. »Nur dass uns das allein nicht viel nutzen wird, fürchte ich.« Wie so oft, wenn er mit Sharif sprach, hatte Andrej auch jetzt wieder das Gefühl, dass sich hinter dem offensichtlichen noch ein anderer, tieferer Sinn verbarg, vielleicht sogar eine Frage, die er nicht beantworten konnte. Er beließ es dennoch bei einem nichtssagenden Schulterzucken.
    »Wir könnten sie bis zum Abend einholen«, fuhr Sharif fort, während sie weiter in Richtung Fluss schlenderten. Andrej ließ ihn reden. Die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass man so am meisten erfuhr. »Aber ich denke es ist besser, wenn wir sie ein paar Tage in Ruhe ziehen lassen. Soll die Sonne doch die Arbeit für uns tun.« »Die Sonne oder das Kat?« »Jeder wird seinen Teil beitragen«, erwiderte Sharif gelassen, und nun musste sich Andrej sehr beherrschen, um nicht etwas zu sagen, das dem Janitscharenhauptmann ganz gewiss nicht gefallen würde. Er wandte sich brüsk um und ging die wenigen Schritte bis zum Wasser hinab. Der Fluss roch schlecht, ohne dass er sagen konnte, wieso, und es kam ihm vor, als wäre überall Bewegung, nicht nur auf, sondern auch in und unter dem Wasser. Die Anzahl der Boote hatte zugenommen, aber er sparte sich die Frage, woher sie kamen. Nur sehr wenige der Antworten, die er jemals von Sharif bekommen hatte, hatten ihm gefallen. Lautes Stimmengewirr riss ihn aus seinen Überlegungen. Neugierig und beunruhigt zugleich blickte er zurück und entdeckte Murida, die in einen von heftigem Gestikulieren begleiteten Disput mit einigen von Sharifs Janitscharen verstrickt war. Sie war leicht zu erkennen. Wohl genau aus diesem Grund hatte man ihr ihre schwarze Kleidung weggenommen und durch einen sandfarbenen Kaftan nebst dazu passendem Mantel ersetzt, und Andrej war nicht wenig überrascht, an ihrem Gürtel sogar einen zierlichen Dolch in einer verzierten Scheide zu entdecken. Sharif hatte wirklich eine eigenwillige Art, mit seinen Gefangenen umzugehen.
    Aber schließlich war Murida auch nicht irgendeine Gefangene.
    Erging hin und war kein bisschen überrascht, als Murida damit aufhörte, die unglückseligen Janitscharen zu beschimpfen, und sich ihm zuwandte, da sie in ihm ein dankbareres Opfer vermutete. »Ungläubiger! Bist du gekommen, um mir wieder Gewaltanzutun?« Einer der Janitscharen zuckte fast unmerklich zusammen, und in den Blicken der anderen änderte sich etwas. Er konnte nicht anders, als ihr innerlich Anerkennung zu zollen. Wären die Dinge nur ein wenig anders gewesen, er hätte dieses Mädchen nicht zum Feind haben wollen. »Ich hoffe, man hat dich gut behandelt«, sagte er, ohne auf die Spitze einzugehen.
    »Immerhin war ich bei gläubigen Moslems«, antwortete Murida, »nicht in der Gesellschaft eines Christenhunds.« Andrej wollte antworten, doch nun mischte sich Sharif ein, der bisher schweigend neben ihm hergegangen war. Andrej hatte ihn schon fast vergessen. »Das reicht jetzt!«, sagte er scharf. »Du …«
    Andrej sah ihm an, wie schwer es ihm fiel, sich zur Ruhe zu zwingen. Dann wandte er sich an die drei Janitscharen, die Murida bewachten. »Lasst uns allein!« Die Männer gehorchten nicht nur, sondern waren sichtlich froh, aus der Reichweite von Muridas Zorn zu gelangen, und Sharif musste sich noch einmal unübersehbar innerlich zur Ruhe gemahnen, bevor er an Murida gewandt fortfuhr: »Du kannst jetzt damit aufhören, Murida. Andrej genießt mein uneingeschränktes Vertrauen.« Überrascht sah Andrej ihn an. Er fragte sich, ob die Behauptung wahr oder nur Taktik war.
    »Dann hast du dich also nicht nur mit Süleyman verbündet, sondern auch mit diesem Ungläubigen«, sagte Murida verächtlich. »Ich weiß nicht, was schlimmer ist!« »Den schwarzen Barbaren nicht zu vergessen«, sagte eine schmatzende Stimme hinter ihnen. Andrej drehte sich nicht einmal um, gewahrte aber einen kolossalen Schatten, der sich zwischen den von Sharif und seinen eigenen legte. »Du kannst jetzt wirklich damit aufhören, Murida«,

Weitere Kostenlose Bücher