Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
Blutstropfen aus der Wunde und wurde von dem nassen Stoff aufgesogen. »Du hast mich gefragt, warum ich das Leben des Mannes genommen habe. Ich hatte keine andere Wahl, Andrej. Als wir unter Wasser waren und er mir das Messerinden Leib gerammt hat, da wäre ich gestorben. Ich bin gestorben.
Aber es war anders als sonst. Da war plötzlich nur noch Dunkelheit, nichts als Leere, aus der es kein Zurück mehr gibt. Ich hätte es nicht geschafft, hätte ich nicht das wenige genommen, was von seiner Lebenskraft noch übrig war.«
»Das tut mir leid«, sagte Andrej. »Wirklich.«
»Ich weiß nicht einmal, wovor ich mehr Angst habe«, sagte Abu Dun. »Davor, dass ich tatsächlich sterben könnte, oder davor, wieder aufzuwachen und das zu sein, wofür mich die meisten ohnehin halten.«
»Das würde ich nicht zulassen«, versprach Andrej. Abu Dun lachte leise. »Das ehrt dich, Hexenmeister, aber ich glaube nicht, dass du das könntest.«
»Wir haben es nie ausprobiert«, antwortete Andrej.
»Und ich habe dich schon einmal getötet, auch wenn du es gerne vergisst.«
»Alte Geschichten«, sagte Abu Dun abfällig. »Ja, ich weiß. Und sollte es tatsächlich zum Schlimmsten kommen, dann verlasse ich mich darauf, einen Freund zu haben, der weiß, was er tun muss … aber wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann würde ich eine andere Lösung vorziehen. Eine, bei der ich hinterher noch am Leben bin, wenn es sich irgendwie einrichten lässt.«
»Es war schon immer ein Fehler, dich nach deinen Wünschen zu fragen, Pirat«, sagte Andrej. »Du neigst zur Unverschämtheit. Aber ich will sehen, was ich tun kann.
Ich werde mit Sharif reden. Vielleicht weiß er ja, was zu tun ist.«
Abu Dan starrte ihn finster an und stopfte sich eine weitere Handvoll grüne Blätter in den Mund.
Kapitel 27
Sie hatten ihr Lager gleich dort aufgeschlagen, wo sie an Land gegangen waren, und den Rest des Tages damit zugebracht, ihre Wunden zu lecken und das wenige an Treibgut zu bergen, das der Fluss und die Krokodile freiwillig wieder hergaben. Andrej hatte sich früh zurückgezogen und war entgegen seiner Erwartung nahezu augenblicklich eingeschlafen. Noch überraschender war, dass ersieh nicht einmal an üble Träume erinnerte, als er eine Stunde vor Sonnenaufgang von Geschrei … geweckt werde.
Als ersieh aufsetzte und auf den entfernten Lärm und die gedämpften Stimmen lauschte, stellte er fest, dass er nicht mehr allein in dem winzigen Zelt war, das Sharif ihm zugewiesen hatte. Jetzt wurde ihm auch klar, dass es dieser Umstand gewesen war, der ihn geweckt hatte, nicht die Stimmen. So abrupt, dass die Gestalt neben ihm erschrocken zurückprallte, setzte er sich auf und griff nach seinem Schwert, zog die Hand aber dann zurück, als er das Schimmern von Mondlicht auf glattem schwarzem Haar sah und ihren Geruch erkannte. »Murida? Was tust du hier?«
»Habe ich dich erschreckt?«, stammelte Murida. Andrej hörte, wie ihr Herz raste. »Das wollte ich nicht!« »Nein«, antwortete Andrej, verbesserte sich jedoch gleich darauf: »Doch.«
»Es tut mir leid«, sagte Murida noch einmal. Andrej schüttelte müde den Kopf und schlug die Decke zurück, sodass sie das Schwert sehen konnte, das griffbereit neben ihm lag. »Das sollte es auch«, sagte er. »Und so etwas solltest du auch besser nicht noch einmal tun. Das könnte gefährlich werden.«
Murida starrte die Waffe gerade lange genug an, um ihm zu signalisieren, dass sie seine Worte verstanden hatte, doch dann sagte sie: »Ich kann schon auf mich aufpassen. Und du würdest doch nie einer Frau etwas antun, oder?« »Was willst du hier?«, fragte Andrej. »Und was ist das für ein Lärm?« Dass es kein Kampf war, hatte ihm sein Gehör schon verraten. Aber es klang auch nicht gerade nach einer freundschaftlichen Unterhaltung. Als Murida nicht sofort antwortete, fügte er noch hinzu: »Es ist mitten in der Nacht. Wenn Sharif dich hier erwischt, dann bringt er uns beide um. Oder wenigstens mich.«
»Sharif ist nicht mein Vater«, sagte Murida patzig. »Und außerdem hat er mich selbst zu dir geschickt.« »Sharif hat dich –?«
»Nicht aus diesem Grund«, fiel ihm Murida ins Wort. »Ich soll dich holen. Deshalb.« Sie machte eine Kopfbewegung in die Richtung, aus der der Lärm kam, und jetzt, einmal darauf aufmerksam geworden, identifizierte Andrej auch Sharifs Stimme und nur einen Moment später auch noch eine andere. »Er scheint eine kleine Meinungsverschiedenheit mit Fernandes zu haben«, sagte
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