Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi
dir tatsächlich einen Vorschlag machen, Andrej«, sagte er. »Und es steht dir frei, ihn abzulehnen. Begleite mich nach draußen. Und du«, fügte er an Murida gewandt hinzu, »wartest bitte hier und ruhst dich ein wenig aus. Es wird nicht lange dauern.« Er wiederholte seine auffordernde Geste, und derselbe Mann, der Andrej so unsanft auf die Beine gezogen hatte, ging neben ihm in die Knie und löste seine Fußfesseln, wobei ersieh selbstverständlich die Gelegenheit nicht entgehen ließ, ihm einen derben Stoß zwischen die Schulterblätter zu versetzen, der ihn aus dem Haus stolpern ließ.
Draußen war es heller geworden, und die Hitze hatte eine Intensität erreicht, die ihm fast den Atem nahm. Er spannte sich, denn er rechnete damit, im nächsten Augenblick von einem tödlichen Hieb getroffen zu werden. Sein Begleiter beließ es jedoch bei einem weiteren harten Stoß. Den dritten sparte er sich, als Süleyman einen unwilligen Laut von sich gab.
»Vergib ihm, Andrej«, sagte Süleyman. »Es sind gute Männer. Treue Männer. Aber wie alle guten und treuen Männer neigt er manchmal ein wenig zum Übereifer.«
»Du wolltest mir etwas sagen«, erinnerte Andrej. Er blinzelte ein paarmal und schnell hintereinander, damit sich seine Augen an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnten. Er sah schwarz gekleidete Männer am Ufer des kleinen Sees und zwei weitere bei dem Dutzend Kamelen, das in einiger Entfernung angebunden war. Er erkannte sie wieder. Es waren die Männer, die er in der Nacht im Wüstenfort gesehen hatte, und an einige der anderen meinte er sich zumindest aus Süleymans Thronsaal in Konstantinopel zu erinnern.
»Ja, das wollte ich.« Süleyman scheuchte den Janitschar mit einer unwilligen Handbewegung weg und bedeutete ihm dann, ihm zum Ufer zu folgen.
»Ich kann sehr gut verstehen, wenn du mir jetzt misstraust«, begann er. »Ich an deiner Stelle würde nicht anders reagieren.«
»Wie kommst du nur darauf?«, fragte Andrej spöttisch und hob seine gefesselten Hände, sodass die eiserne Kette klirrte.
»Oh, das?« Süleyman lächelte knapp. »Nimm es mir nicht übel, Andrej, aber ich bin nicht so dumm, dir ohne gewisse … Vorsichtsmaßnahmen gegenüberzutreten. »»Ich kann dich auch mit gefesselten Händen töten.« »Ich weiß. Aber lass mir doch diese kleine Illusion.« Sie gingen weiter. Süleyman winkte auch die Männer am Ufer unwillig fort, ließ sich in die Hocke sinken und schöpfte eine Handvoll Wasser, um einen Schluck zu trinken. »Es ist schon erstaunlich, nicht?«, sagte er, während er die wenigen letzten Tropfen auf den Wüstenboden fallen ließ, der sie augenblicklich aufsog. »Dies ist ein mächtiges Land, auch wenn man es hier nicht sehen mag. Vielleicht noch immer eines der mächtigsten der Welt, und ich bin ein mächtiger Mann. Ich gebiete über Städte und ganze Heere, wenn ich es will … und doch würde nichts von alledem existieren, ohne etwas, was wir mit Füßen treten und das uns durch die Finger rinnt, wenn wir nicht aufpassen.« »So ist es oft«, antwortete Andrej. »Ja, manchmal sind es die kleinsten Dinge, die die größten bewegen«, bestätigte Süleyman. »So wie du, Andrej.« Er hob die Schultern. »Und vielleicht ich, wenn Allah es will.«
»Du bist zu bescheiden, Sultan«, antwortete Andrej. »Keineswegs«, erwiderte Süleyman. »Ich weiß, wer ich bin und was ich schon bewirkt habe und noch bewirken kann. Und ich würde es gerne mit deiner Hilfe tun.« »Ich dachte, du kennst mich.«
»Ich habe eine Menge über dich gehört«, bestätigte Süleyman, »und genau deshalb führen wir dieses Gespräch überhaupt. Wäre es nicht so, dann würde ich dir jetzt dabei zusehen, wie du im Wüstensand verblutest.« »Du weißt wirklich, wie man Freundschaften erringt«, spottete Andrej.
»Ich wollte nur ehrlich sein«, gab Süleyman ungerührt zurück. »Aber ich wollte dir einen Vorschlag machen. Dazu muss ich dir erklären, warum ich das tue. Ich bin nicht dumm. Ich weiß, was jetzt in dir vorgeht, und ich weiß, was ich an deiner Stelle denken würde. Und tun.« Er hob die Hand, als Andrej widersprechen wollte. »Und ich weiß, was meine Tochter für dich empfindet. Empfindest du dasselbe für sie?«
»Wenn es so wäre, dann wärst du jetzt wahrscheinlich schon tot«, antwortete Andrej ernst. »Weil du glaubst, ich hätte sie in Gefahr gebracht.« »Das ist auch eine Art, es auszudrücken«, sagte Andrej böse. »Ja.«
»Aber so war es nicht«, beteuerte
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