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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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schwarzen Mantel hinter ihn trat und ihm den schwarzen Turban abnahm. Ein zweiter, ebenfalls schwarz gekleideter Krieger setzte Sharif einen prachtvollen goldfarbenen Turban auf, an dem ein mehr als daumennagelgroßer blutfarbener Rubin funkelte. Andrej starrte ihn an. Für einen Moment vergaß er sogar das rostige Eisen, das in seine Hand- und Fußgelenke biss.
    »Du hast gerade gesagt, dass du meine Worte als Kompliment auffasst«, sagte Sharif lächelnd. »Aber dasselbe gilt auch für mich, wenn ich in dein Gesicht sehe, Unsterblicher. Ich glaube nicht, dass es vielen Männern gelingt, jemanden wie dich zu verblüffen.« »Verblüffen ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort«, antwortete Andrej langsam.
    Sharif lächelte noch breiter, überprüfte den festen Sitz seines Turbans mit beiden Händen und streckte dann geziert die Arme nach rechts und links, woraufhin die beiden Krieger eilfertig damit begannen, seine Finger mit schweren goldenen und edelsteinbesetzten Ringen zu dekorieren.
    »Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich es liebe, Pläne in Plänen zu verbergen?«, fragte Sultan Süleyman der Zweite amüsiert. »In der Tat gibt es kaum ein befriedigenderes Gefühl als das, einen solchen Plan dann auch tatsächlich aufgehen zu sehen.« Er begutachtete das Werk seiner beiden Männer, deutete ein zufriedenes Nicken an und klatschte schließlich in die Hände. Die beiden Männer hinter ihm rührten sich nicht, doch weitere Krieger kamen herein und brachten Lampen und Kissen, kostbar bestickte Stoffe und Decken und allerlei andere Gegenstände, mit denen sie den ärmlichen Raum mit einer an Zauberei grenzenden Schnelligkeit in etwas verwandelten, das Ähnlichkeit mit Süleymans Thronsaal im Topkapi-Palast hatte – wenn man von den schmutzigen Wänden und dem Gestank absah. Immerhin verstand Andrej jetzt, warum ihm einer der Männer, die er in der Nacht im Wüstenfort getroffen hatte, so bekannt vorgekommen war. Er hatte ihn tatsächlich schon einmal gesehen, in einer prachtvollen Uniform und besser bewaffnet in Süleymans Thronsaal.
    »Mit wem habe ich eigentlich in Konstantinopel gesprochen?«, fragte er. »Mit Kadar, einem meiner ältesten und vertrauenswürdigsten Diener«, antwortete Sharif. Süleyman. Es gelang Andrej immer noch nicht, ihn auch nur in Gedanken bei seinem richtigen Namen zu nennen. »Ich nehme an, du hast es ihm vergolten, indem du ihm die Kehle hast durchschneiden lassen?« Süleyman machte ein betroffenes Gesicht. »Bei Allah, Andrej, wofür hältst du mich?« »Willst du das wirklich wissen?«, fragte Andrej. »Nein«, antwortete Süleyman lächelnd. »Ich weiß, wie die Menschen über mich reden, und auch wenn mich dieser falsche Eindruck wirklich schmerzt, den so viele von mir haben, kann ich ihn doch beinahe verstehen. Den meisten fehlt eben der Blick für die großen Zusammenhänge und natürlich die Einsicht, dass der Einzelne manchmal Opfer für das Ganze bringen muss. Ich hatte nur gehofft, dass du vielleicht zu diesen wenigen gehörst. Immerhin bist du es doch gewohnt, in größeren Maßstäben zu denken.« Andrej dachte an eine alte Frau, deren Familie ausgelöscht worden war und der man die Augen ausgebrannt hatte und schwieg. Süleyman sah ihn abwartend an, zuckte dann mit den Schultern und ging schließlich zu dem gewaltigen Diwan, den seine Männer für ihn hereingetragen hatten, und ließ sich mit untergeschlagenen Beinen darauf nieder. Einer eilte herbei und stellte ein zierliches Tischchen mit einer ziselierten runden Metallplatte vor ihm ab, ein anderer brachte Wein und eine silberne Schale mit Obst. Und Datteln selbstverständlich.
    »Es ist noch nicht dunkel«, sagte Andrej. Süleyman blickte fragend, und Andrej nickte zu dem goldenen Pokal, den er in der rechten Hand hielt. »Allah könnte sehen, dass du gegen das Wort des Propheten verstößt, Sultan. Hast du denn gar keine Angst um dein Seelenheil?« Tatsächlich machte Süleyman ein betroffenes Gesicht, sah erst den Weinbecher in seiner Hand, danach die schäbige Decke über ihren Köpfen an. Dann nahm er einen kräftigen Schluck. »Wir sind ja nicht unter freiem Himmel, und ein so viel beschäftigter Mann wie Allah hat sicher Besseres zu tun, als in jedes Fenster zu blicken«, sagte er. »Und wenn doch, dann gebe ich dir die Schuld und behaupte, du hättest mich mit der Magie der Ungläubigen verzaubert.« »Versündige dich nicht, Vater!«, sagte Murida erschrocken.
    Süleyman nippte an seinem Becher und

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