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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hätte Euer Schiff beschlagnahmt und Euch Euer eigenes Leben als Belohnung angeboten?« Fernandes’ Blick nach zu schließen empfandet die Situation zumindest so, als hätte Sharif eben das getan. Aber er war klug genug, es bei einem zornigen Blick zu belassen. Daraufhin hob Sharif nur die Schultern und trat an den Tisch, um drei der kostbaren Kristallgläser mit dem Inhalt der Karaffe zu füllen. Andrej hatte etwas Stärkeres erwartet, aber der Geruch verriet ihm, dass es sich um einen schweren spanischen Rotwein handelte. Was immer Fernandes sonst sein mochte, eines war er gewiss: kultiviert.
    Und auch stolz genug, um mit einem knappen Kopfschütteln abzulehnen, als Sharif ihm eines der Gläser hinhielt.
    »Seid Ihr nur verstimmt, weil ich Euch zu einem Glas Eures eigenen Weins einlade, oder trinkt Ihr aus Prinzip nicht mit Fremden?«, erkundigte sich Sharif amüsiert. »Es soll Länder geben, da kann man erschossen werden, wenn man eine solche Einladung ablehnt, Capitan.« Fernandes rang noch einen kleinen Moment mit sich, aber dann nahm er das Glas doch entgegen, nippte daran und konnte seine Überraschung nicht verbergen, als Sharif einen deutlich größeren Schluck nahm und dann anerkennend nickte. »Vielleicht war ich nur … überrascht«, antwortete er mit einiger Verspätung. »Ich dachte bisher, euer Prophet verbietet euch den Genuss von Alkohol.« Sharif tat erschrocken, blickte dann zum Fenster und atmete übertrieben erleichtert auf. »Es ist noch Nacht«, sagte er, »und ich nehme an, dass er noch schläft und es nicht gesehen hat. Aber vielen Dank, dass Ihr Euch so um mein Seelenheil sorgt, Capitan.« Fernandes leerte wortlos sein Glas und stellte es dann pedantisch in das kunstvolle Drahtgestell zurück, das verhinderte, dass es bei hohem Seegang vom Tisch fiel. »Und was Eure Sorge um Euer Schiff angeht, so kann ich Euch ebenfalls beruhigen«, fuhr Sharif fort. »Bevor wir in den Nil einfahren, nehmen wir einen Lotsen an Bord, der den Fluss genau kennt. Ich bin kein sehr guter Schwimmer, und ich fürchte, dasselbe gilt auch für mindestens die Hälfte meiner Männer.«
    »So wie für meine«, antwortete Fernandes trocken. »Deshalb haben wir ein Schiff.« Er deutete ein Nicken an, das die Grenze der Respektlosigkeit eindeutig überschritt. »Wenn Ihr mich jetzt entschuldigen würdet. Der Platz eines Kapitäns ist an Deck, wenn das Schiff ausläuft.« Sharif bedeutete ihm mit Wedeln der Hand, dass er entlassen sei, und wartete, bis die Tür sich schloss, bevor er hinter dem Schreibtisch des Kapitäns Platz nahm und eine eng zusammengerollte Karte aus einer der zahlreichen Schubladen nahm. Geschickt breitete er sie auf dem Tisch aus, hatte dann aber umso größere Schwierigkeiten, die widerspenstigen Ränder zu bändigen, die sich immer wieder aufrollen wollten. Andrej ließ ihn eine Weile voller unverhohlener Schadenfreude gewähren, bevor er dem Trauerspiel ein Ende bereitete, indem er die Ränder mit der Karaffe und den drei benutzten Gläsern beschwerte.
    »Sagte ich schon, dass ich kein sehr erfahrener Seemann bin?«, fragte Sharif.
    »Nein«, antwortete Andrej. »Aber das ist auch nicht nötig.« Sharif lachte, strich noch einmal – und vollkommen überflüssigerweise – glättend mit beiden Händen über die Karte und lehnte sich dann so weit in seinem Stuhl zurück, dass das Möbelstück protestierend ächzte. Andrej wartete darauf, dass er etwas sagte, doch der Janitscharenhauptmann sah ihn nur an, bis ihm Andrej schließlich den Gefallen tat und fragte: »Was ist das?«
    »Eine Karte«, erwiderte Sharif, machte aber auch sofort eine besänftigende Geste und setzte sich wieder auf. »Ich war nicht ganz untätig in den letzten Tagen«, fuhr er in deutlich ernsterem Ton fort. »Tatsächlich konnte ich eine Menge Informationen zusammentragen. Mehr, als den entkommenen Machdiji lieb sein dürfte.« Er unterbrach sich für einen Moment, um Andrej noch einmal fragend anzusehen. »Sollen wir warten, bis Euer Freund anwesend ist, oder setzt Ihr ihn ins Bild?«
    »Abu Dun?« Andrej schüttelte den Kopf. »Er interessiert sich im Allgemeinen nicht für solcherlei Feinheiten. Meistens reicht es ihm vollkommen, wenn man ihm sagt, was er kaputt machen soll.«
    Sharif lächelte zwar, aber sein Blick wurde misstrauisch. Doch dann beließ er es bei einem Nicken. »So ist es mir auch lieber«, antwortete er, ohne zu erklären, warum. Andrej trat einen Schritt näher an den Tisch heran, als er auf die Karte

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