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Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi

Titel: Die Chronik der Unsterblichen 13 - Der Machdi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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hinzu. »Wir haben nicht für euch entschieden, keine Sorge. Kapitän Fernandes war nur so freundlich, seine Pläne ein wenig zu ändern. Und ihr könnt immer noch mit uns reisen-oder es auch lassen, ganz wie ihr wollt.«
    Erging zwar nicht weiter, deutete aber zu den Planken hin. »Aber kommt doch an Bord. Kapitän Fernandes hat mir versprochen, dass wir mit dem ersten Sonnenstrahl ablegen, und bis dahin ist nicht mehr viel Zeit. Ich habe noch eine Menge zu tun, aber wenn wir erst einmal durch den Isthmus sind, haben wir Zeit genug zum Reden.« Erging diesmal nicht voraus, sondern wartete, bis sie sich in Bewegung gesetzt und vor ihm die steile Planke hinaufgeeilt waren.
    An Deck des Schiffes herrschte hektische Betriebsamkeit von jener Art, die auf den ersten Blick wie Chaos wirkt, in ihrer Gesamtheit jedoch so perfekt funktioniert wie eine gut geölte Maschine. Was Andrej überraschte, war die Größe des Schiffes. Galeonen waren schon vor mehr als einem Menschenalter endgültig aus der Mode gekommen – und das Andrejs Meinung nach vollkommen zu Recht, vereinigten sie doch alle Nachteile, die Segelschiffe und Galeeren hatten, ohne deren jeweilige Vorzüge in nennenswertem Maße zur Geltung zu bringen –, doch die Elisa musste schon alt gewesen sein, als diese Art von Schiffen ihre Blütezeit erlebt hatte. Und sie war wirklich groß. Andrej schätzte, dass sie mindestens hundert Mann Besatzung brauchte, und zwar ohne die Ruderer, die auf dem Mitteldeck eingepfercht waren und die zwei Dutzend Ruder auf jeder Seite bedienten. Und seinem kundigen Auge entging auch nicht, dass längst nicht alle Männer, die in einer immer noch schier endlosen Reihe Kisten, Bündel und Säcke an Bord schleppten, Matrosen waren. Sie hatten keinerlei Mühe mit der Größe oder dem Gewicht ihrer Last, aber sie trugen sie nicht so, wie Seeleute es taten, die an schwankende Schiffe und wippende Planken gewöhnt waren.
    »Das sind Soldaten«, raunte er Abu Dun zu. Doch wohl zu laut, denn noch bevor der Nubier antworten konnte, tat es Sharif an seiner Stelle.
    »Und zwar genau einhundert. Ich habe jeden Einzelnen von ihnen persönlich ausgesucht. Die Besten aus einer Truppe, die ohnehin aus den Besten besteht.«
    So wie er das sagte, dachte Andrej, klang er wie ein Kind, das ein Lob erwartet, weil es eine Aufgabe besonders gut erledigt hat.
    »Warum?«, fragte er einfach.
    Sharif blinzelte und lächelte dann amüsiert. »Hätte ich die Schlechtesten auswählen sollen?«
    »Warum so viele? Hundert Mann sind eine halbe Armee.«
    »Und wir werden sie brauchen, fürchte ich«, antwortete Sharif, plötzlich wieder ernst, »denn wie es aussieht, befehligt der Machdi eine ganze Armee. Würden die Dinge anders liegen, würde ich sagen, es ist nur eine Bande aus Aufwieglern und Raufbolden, aber ihr habt gesehen, was das Kat aus ihnen macht. Apropos …« Erzog einen prall gefüllten Leinenbeutel aus dem Mantel, den er Abu Dun reichte. »Hier. Das sollte für die nächsten Tage reichen.
    Sobald wir von Bord gehen, bekommst du mehr.«
    Andrej wusste, dass Abu Duns Vorrat an Kat seit dem vergangenen Abend aufgebraucht war, und er hätte damit gerechnet, dass der Nubier ihm den Beutel aus der Hand reißen würde. Stattdessen starrte er Sharif lange feindselig an, ehe er das kleine Säckchen an sich nahm und mit jetzt wieder vollkommen ausdruckslosem Gesicht einsteckte.
    »Vielleicht … ahm … wartet ihr einfach in der Kabine des Kapitäns auf mich«, sagte Sharif. »Sobald wir abgelegt haben, komme ich zu euch.«
    Erwartete ihre Antwort nicht ab, sondern verschwand so schnell in dem Gedränge an Deck, als hätte ersieh darin aufgelöst.
    »Ich werde das Gefühl nicht los, dass du den guten Hauptmann nicht magst«, sagte Andrej.
    Abu Dun stieß zornig die Luft zwischen den Zähnen aus.
    »Was fällt diesem Kerl ein? Er behandelt mich wie einen Süchtigen!«
    »Bist du das denn nicht?«, fragte Andrej.
    Abu Dun fuhr mit einer so schnellen Bewegung herum, wie man sie einem Mann dieser Größe niemals zugetraut hätte, und seine Augen füllten sich mit jähem Zorn. Jeder Muskel in seinem Körper war mit einem Mal angespannt. Seine Hände zitterten, schlössen sich halb zu Fäusten und öffneten sich dann wieder. Vielleicht für den Bruchteil eines Gedankens, so kurz, dass es nicht einmal ein Wort für diese Zeitspanne gab, war Andrej davon überzeugt, dass er sich auf ihn stürzen würde, doch der Moment verging, noch bevor aus Überraschung wirklich

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