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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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ölte sie. Ihr Körper war noch immer so fest und schlank, wie er es gewesen war, als sie in Sorrens Alter war, doch mußte sie jetzt daran arbeiten, diesen Zustand zu erhalten.
    »Guten Morgen, Meisterin des Hofes!« Eine Handvoll ihrer Soldaten kam durch das Hoftor. Sie winkte einen Gruß. »Hast du von der Schlägerei gestern nacht gehört?« Das war Seth; er liebte Kämpfe.
    »Ich hab' davon gehört«, rief sie. »Warst du dabei?«
    Sein Schokoladengesicht platzte zu einem Grinsen auseinander. »Doch nicht ich. Ich war daheim und im Bett.«
    »Das wäre ein echtes Wunder«, sagte Paxe.
    Seth mimte Erstaunen.
    »Schau mich bloß nicht so unschuldig an! Ich kenn dich!« Sie hatte ihm schon zweimal eine Prügelstrafe verordnen müssen, weil er im Waffenhof gerauft hatte. Er warf die Hände nach vorn, die Handflächen zum Himmel gewendet, ein Bild vollkommener Unschuld. Sie zuckte die Achseln. Die anderen Wächter knufften und neckten ihn, während sie zum Waffenschuppen hinübergingen. Paxe ließ die Leute allein exerzieren, ohne ihre Aufsicht. Es war die Tagesstunde, zu der sie normalerweise ihre Runde machte. Sie schlenderte ans Tor des Med-Bezirks. Dieser war von allen der mit den unregelmäßigsten Grenzen. Er hatte die Form eines Stiefels; die Stiefelöffnung wies nach Süden, die Zehen nach Osten, und der Absatz stieß direkt an das Nordost-Tor. Paxe nannte den Stadtteil den »Med-Distrikt«, doch ganz insgeheim dachte sie von ihm als dem ihren: er war ihr Gebiet, ihr Reich, das Stück Stadt, das ihr gehörte.
    Bei der Halle der Reisenden an der Brunnenstraße machte sie halt und aß ihre Frühmahlzeit. Die Stadtleute begrüßten sie, Fahrende (die in der Halle kostenlos verpflegt wurden) starrten sie an und fragten sich ganz offenkundig, wer die sein mochte. Sie schlenderte über den Weinmarkt und stocherte sich dabei die Wurstreste aus den Zähnen. In der Straße der Goldschmiede blieb sie vor einer Werkstatt stehen. Der Meister lächelte und zog seine sämtlichen Laden hervor.
    »Hofmeisterin Paxe! Was verschafft uns die Freude? Gibt es etwas, das du gern haben möchtest? Sag es mir nur!«
    Paxe betrachtete sich die wunderhübschen, teuren Schmuckstücke. Einst, vor vielen Jahren, hatte sie in eben dieser Werkstatt ein Armband für Arré erstanden. »Es gefällt mir alles, Tian, aber ich werde nichts kaufen.« Sie pochte auf ein Tablett. »Steck das wieder weg, bevor die Diebe unruhig werden!«
    »Wenn du dabeistehst? Nie im Leben!« Doch er trug die Borde zurück in seinen Laden. Sie ging weiter, nach Süden zu dem Tanjo-Posten. Die Medwache, eine Frau namens Orilys, salutierte mit zusammengelegten Händen und einer Verbeugung.
    Vier Bezirke grenzten an den Tanjobezirk: Med, Minto, Isara und Sul. Und alle vier unterhielten dort eine Wache. »Wie steht es?« fragte Paxe.
    Orilys warf einen Blick auf die Kuppel des Tanjo. Hinter dem Tor leuchtete der breite weiße Prozessionsweg in der Sonne. Vor dem Eingang fegte ein Tempelschüler mit einem Besen das bereits makellose Pflaster. Ein roter Vogel glitt über ihre Köpfe hinweg seinem Nest zu. Eine Kolonie dieser Vögel hauste in den Mauerspalten des Bauwerks. »Still«, sagte die Wache. »Hier ist es immer still.«
    Der Verkehr am Nordwest-Tor war normal. Paxe blieb stehen und beobachtete. Die Posten wurden unruhig, und sie lächelte ihnen zu, vermutlich hatte sie beim Würfelspiel gestört. Sie würden sofort weiterspielen, sobald sie ihnen den Rücken gekehrt hatte. Ein Kurier in Grün langte am Tor an, und die Posten hielten einen Karren zurück, damit die Botin zuerst eintreten könne. Paxe hätte gern gewußt, woher die Botin kam und was ihre Botschaft sein mochte. Es konnte keine Eilmeldung sein, denn sonst wäre die Botin im Sattel geblieben. Es war eines der Privilegien des Grünen Clans, daß seine Angehörigen innerhalb der Stadtmauern reiten durften.
    Eine schnatternde Kinderschar drängte sich um sie, als sie vom Tor wegging. »Hofmeisterin!« kreischten sie, und sie betätschelte alle, die sie erreichen konnte, und gab dem ältesten Kind eine Bronzemünze mit der Anweisung, für sie alle Birnen zu kaufen. Die Kinder rannten zwischen den hereindrängenden Karren davon.
    Auf dem Weg zum Hügel zurück kam Paxe durch die Ölstraße. Sie hieß so, weil längs der Straße früher einmal Chobabäume gestanden hatten, auf denen jene langen gelben Kapseln wuchsen, aus deren Samen man das Chobaöl preßte. Am Ende der Avenue stand noch immer eine

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