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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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wieder in den Kasten zurück. Dann stand sie auf und verließ ihr Haus. Ehe sie mit irgend jemandem sprechen würde – sei es Arré oder die Hexer –, wollte sie ganz genau in Erfahrung bringen, woher das Schwert gekommen war.
    Sie schritt den Hang hinunter zur Quellenstraße, dort wandte sie sich nach Osten und ging zum Flußufer, in jenen Bezirk, der nach den Ismeninas benannt und der von ihnen bewacht wurde.
     
    Das Haus der Ismeninas war aus Stein. Es erhob sich auf dem Steilufer und kehrte dem Fluß seine breite Rückfront zu. Es war ein neues Haus. Das ursprüngliche Herrenhaus der Ismeninas war, genau wie die anderen Häuser der Großen Familien der Stadt, aus rotem Zypressenholz gebaut gewesen, jenem wundervollen Holz, das sich zu Silber verfärbte, wenn es alterte. Es war Rath Ismenin, Ron Ismenins Großvater, der das Steinhaus hatte errichten lassen. Im Jahr des Rates Dreiundneunzig waren er und weitere Ratsmitglieder nach Tezera gereist, um dort über die Auswirkungen des Banns auf den Handel zu konferieren. Rath Ismenin hatte die großen Familien dort besucht und hatte dabei zum erstenmal in seinem Leben Marmorhallen betreten. Als er in den Süden heimgekehrt war, befahl er, daß das alte Herrenhaus dem Erdboden gleichgemacht werde, und baute sich ein Haus aus weißem Granit, mit Baumeistern und Maurern, die er in Tezera angeworben hatte. Seine Nachbarn waren zutiefst schockiert gewesen von der Sache.
    Die Straße, an der das Haus lag, hieß mit dem charakteristischen Humor der Stadt im Volksmund »Rath-Gasse«. Der Waffenhof lag neben dem Haus. Wie der Hof der Med war er ein umzäunter Erdplatz. Paxe strebte rasch darauf zu.
    Vor dem hohen Eisentor stand eine Wache. »Guten Morgen«, sagte Paxe. »Ich möchte den Meister des Hofes Dobrin sprechen.« Dobrin war seit fünfzehn Jahren Meister im Hof bei den Ismeninas. Er war ein kleiner dunkelhäutiger Mann, älter als Paxe. Sie kannte ihn – nicht besonders gut, doch alle Kampfmeister in Kendra-im-Delta kannten sich untereinander.
    Der Posten am Tor sagte: »Tut mir leid. Der Meister unterrichtet jetzt im Hof.«
    Paxe trat zurück, um sich den Mann genauer anzuschauen. Der Mann war jung und trug einen lächerlichen kleinen Oberlippenbart, der wie eine dünne Raupe aussah. »Ich heiße Paxe«, sagte sie. »Ich bin Meisterin im Hof der Med.« Und da sie erwartete, er werde ihr Platz machen, trat sie vor. Die Höflichkeit verlangte, daß er sie eintreten ließ.
    Er fuhr sich über die trockenen Lippen und schob seinen Speer wie eine Schranke quer vor den Eingang. Unter der Speerspitze hing eine graugoldene Troddel. »Ich bedaure, Meisterin im Hof«, sagte der Junge. »Es ist niemandem gestattet, den Ismenin-Hof zu betreten, der nicht Ismenin-Farben trägt.«
    Paxe hatte von solch einem Befehl noch nie etwas gehört. »Wessen Befehle sind das?« fragte sie.
    »Die Ron Ismenins.«
    Sie musterte ihn von oben bis unten mit einem abschätzenden starren Blick. Beide wußten sie, wie leicht es für sie sein würde, ihn beiseitezuschieben. Sie legte den Kopf schief und lauschte auf das Knallen von Holz, das auf Holz schlug und auf die ausgerufenen Zahlen (»Eins – und zwei – und drei – und vier!«), die hinter dem Tor zu hören waren. Dann sagte sie: »Sage dem Meister im Hof Dobrin, daß ich hier bin und ihn zu sprechen wünsche!«
    Möwen kreisten über ihrem Kopf und schrillten spöttisch. Hier am Fluß waren immer Möwen. Sie stemmte die Hände in die Hüften und trat zurück, damit der Posten Platz habe und sich überlegen könne, was er tun solle. Wenn er sich weigerte, Dobrin ihre Botschaft zu übermitteln, dann würde sie einfach durch ihn hindurchmarschieren.
    Der Halbmann schluckte schwer. »Verzeih mir, Meisterin«, sagte er. Er schob den Riegel zurück und glitt durch die Tür. Sie hörte, wie er sie von der anderen Seite wieder verriegelte. Sie starrte auf das Tor und zwang sich, nicht zu explodieren.
    Nach einer sehr kurzen Weile kehrte der Wachtposten zurück. Sie hörte, wie er den Riegel zurückschob, doch er kam nicht durch das Tor, sondern hielt ihr statt dessen den Flügel auf. »Entschuldige mich«, sagte er nochmals.
    Sie musterte ihn, wie sie einen ihrer eigenen Soldaten gemustert haben würde. »Auf deiner Speerspitze sind Rostflecken.«
    Die Ismeninsoldaten hatten sich auf dem Hof in zwei Gliedern aufgestellt, die Gesichter zueinander gekehrt und jeweils Paare bildend. Sie trugen Holzschwerter. Paxe schaute gelassen zu, wie sie ihre

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