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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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dem Posten die Treppe hinab.
    Jemand hatte die Lampen angezündet. In ihrem Licht konnten sie Elith sehen, die an der Tür zum Großen Salon lag, halb auf dem Korridor, halb im Raum drinnen. Die Wachen hatten eine uralte Decke über sie gebreitet, die nach Pferdestall roch. Paxe kniete bei der Greisin nieder. Der Posten zog die Decke von dem Gesicht fort, und Paxe berührte die trockenen Lippen. Die Augen der Alten waren glasig und starr. Paxe hob eine schlaffe, fette, schwere Hand und ließ sie wieder sinken.
    »Sie muß gehört haben, wie sie hereinkamen, und ist gegangen, um nachzusehen, was los war«, sagte der Wachtposten. »Sie hat nicht die geringste Chance gehabt.«
    Ich hab' sie vergessen, dachte Paxe. Sie stand auf, und ihr war übel. Ich hab' vergessen, sie zu warnen.
    »Ich hab' sie vergessen«, sagte Arré. »Ich hab' vergessen, daß sie herumwandert – nachts. Ich hab' überhaupt nicht an sie gedacht. Warum hab' ich denn nicht an sie gedacht?« Ihr Gesicht zuckte unter plötzlich hervorquellenden Tränen. Die Wache zog die Decke wieder über den Leib der toten alten Frau.
    Paxe legte die Hand auf Arrés Arm. »Nein, ich bin schuld«, sagte sie. »Es wäre meine Aufgabe gewesen. Gib mir die Schuld!« Arré schluckte heftig und wie ein Kind, aber sie schwieg.
    »Nein, es war Isaks Schuld«, sagte Sorren plötzlich. »Isak trägt die Schuld!«
    Arré blickte auf. »Ja«, sagte sie. »Isak! Wo ist der Mann? Der, der überlebt hat?«
    »Im Schließhaus.«
    »Nehmt – nehmt Eliths Leichnam da weg! Bringt den Mann her!« Sie zerrte einen der tiefen Armsessel näher zur Lampe und setzte sich. »Paxe, bist du stark genug, um zu bleiben? Sorren, bring mir Wein!«
    »Solltest du das?« fragte Sorren.
    »Heiliger Wächter, Mädchen! Nur einen Schluck! Und du trink selber auch ein Glas!« Sie neigte den Kopf zur Seite. »Kennst du den Mann, Paxe?«
    »Ich kenne ihn«, antwortete Paxe grimmig.
    Dann brachten sie Seth in den Salon. Mit tiefer Zufriedenheit stellte Paxe fest, daß er beim Gehen beträchtliche Schwierigkeiten zu haben schien. Jemand hatte ihm einen groben Verband aus Stoff und Zwirn um den Ellbogen gebunden. Sorren kam mit zwei Gläsern Wein, eins für Arré, eins für sich selbst. Seth starrte Arré an; er schien die Augen nicht von ihren nackten Brüsten losreißen zu können. Paxe sagte zu Sorren: »Hol ihr ein Hemd!« Dann trat sie vor Seth und ballte die rechte Hand in seinem Haar. Sie brachte ihr Gesicht dem seinen ganz nahe und sagte sehr leise: »Du kannst sehr rasch tot sein. Denk daran!« Sein Gesicht wurde grau, und die Augen verengten sich. Sie ließ ihn los und trat zurück. Ihr Arm pochte, doch das Himmelskraut bewirkte immerhin, daß der Schmerz nicht allzu wirklich wurde.
    Arré sagte: »Du warst einer meiner Wachsoldaten, sagt mir die Hofmeisterin. Warum bist du fortgelaufen?«
    »Es hat mir nicht gepaßt, wie man mich behandelt hat«, sagte der Mann und starrte auf seine Füße. Sorren brachte Arré das Hemd. Es war enorm groß, denn es war eines ihrer eigenen.
    »Ich konnte nicht in dein Zimmer«, sagte sie. »Das Öl – Toli macht sauber.«
    Arré zog sich das Hemd an. »Wie ist mein Bruder auf dich gestoßen?« fragte sie. Er kratzte sich mit der unverletzten Hand am Kinn. »Ich bin auf ihn gestoßen. Ich hab' gehört, daß er dich nicht besonders gut leiden kann. Und da hab' ich mir gedacht, er wird mich in seinen Dienst nehmen.«
    »Und tat er das?« fragte Paxe.
    »Ich arbeite seit fast einem Monat für ihn.«
    »Deshalb also konnten wir dich nicht finden«, sagte Paxe.
    Arré fragte: »Nachdem du mich getötet hättest, was hättest du dann tun sollen?«
    »Fliehen«, sagte Seth. »Zu den Asech. Der Jongleur sollte das arrangieren.«
    »Wer waren die übrigen?« fragte Paxe.
    Seth setzte zu einem Achselzucken an, überlegte es sich aber. »Mietkiller aus der Ölstraße«, sagte er.
    Arré nippte an ihrem Wein. »Du weißt doch, was nun mit dir geschehen kann«, sagte sie.
    Seth fuhr sich mit dem Daumen in jener allgemein verständlichen Geste quer über den Hals.
    »Richtig«, sagte Arré. »Aber das werde ich nicht tun. Ich werde dich am Leben lassen, damit du gegen ihn aussagen kannst. Später werden wir dann sehen.« Sie gab den Wachen einen Wink, ihn fortzuführen, und schaute dann zu Paxe. »Du könntest dich eigentlich auch setzen!« sagte sie. Sorren sprang zu einem der Sessel und drehte ihn so, daß er Arré gegenüberstand. Paxe setzte sich. Die Kissen fühlten sich

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