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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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denn?« fragte sie ruhig. »Außer den Schwertern, die Tarn Ryths Soldaten tragen ...«
    »Und unseren Messern ...« warf Rok ein.
    »... und unsern Messern«, sagte Tovi, »außer denen gibt es hier im Norden keine Waffen mehr.«
    Sorren versprach, vorsichtig zu sein. Am Ufer des Aruna-Sees jagte sie im Mondschein und teilte ihr Mahl mit einer vorbeikommenden Fischersfrau. Der Boden wurde marschig und trügerisch, sogar bereits dicht neben der Straße. Gänseschwärme verdüsterten die Luft über der Marsch und kreisten in endlosen niederen, eintönigen Schleifen. Mit der Axt schlug Sorren sich einen Wanderstab. Sie hielt achtsam Ausschau nach Gesetzlosen, sah aber keinen. Hinter Tezera wanderte sie drei Tage lang mit einem Händler, der nach Zilia Keep reiste. Wo die Straße sich verzweigte, ließ er sie zurück. Seine Straße führte nach Nordosten, ihr Weg ging nach Nordwesten.
    Nun war sie fast an ihrem Ziel. Die Riemen ihres Packs schnitten ihr in die Schultern, und ihre Wadenmuskeln schmerzten schrecklich, wie sie dies nicht mehr seit unterhalb des Galbareth getan hatten; seit zwei Tagen wanderte sie nun schon bergan, durch ein Land, auf dem nur Steine wuchsen. Vor ihr schnitten die Berge wie Messer in den Himmel.
    Die Tage waren kurz geworden, und sie waren trübe, und selbst am Mittag hob sich die Sonne nur ein Stück weit über die Bergspitzen. Der zunehmende Mond hing tief im Westen. Und Sorren stolperte weiter über die Savanne. Vor vier Tagen hatte es auch schon geschneit. Sorren hatte noch nie Schnee gesehen, und die weißen blitzenden Flocken hatten sie begeistert, bis sie versuchte, sich durch die dünnen Schichten einen Weg zu bahnen und feststellte, daß der Schnee sowohl naß war als auch kalt.
    Im Dämmerlicht des nächsten Morgens erblickte sie ihren ersten Graufuchs. Sie hielt ihn zuerst für einen Wolf und erstarrte vor Furcht, und ihr Herz hämmerte, bis sie erkannte, daß das Tier klein war, eine Fuchsschnauze hatte und den breiten buschigen Schweif des Fuchses. Zwischen den Lefzen lappte eine rote Zunge aus dem Maul. Das Tier stand vollkommen still an einem Felsbrocken, bis der Wind sich drehte.
    In der folgenden Nacht sank die Temperatur zu einer Kälte ab, wie sie sie nie zuvor erlebt hatte: sie grub sich unter abgefallenen Fichtenzweigen ein wie ein Tier, als ihr der Atem vor den Lippen zu gefrieren begann, zu Eis wurde und zu Boden fiel.
    Vor ihr kauerte ein Gestrüpp von Zwergkiefern, und sie beabsichtigte, bei ihnen haltzumachen und in ihrem Schutz auszuruhen. Während der vorherigen Nacht hatte sie in der Hütte eines Holzfällers übernachtet. Er hatte sie unterwegs getroffen und ihr einen Sitz auf seinem Karren angeboten. Es war ihnen schwergefallen, einander zu verstehen, denn Sorren redete noch immer mit dem hastigen Städterakzent, und seine Rede war langsam, verquollen und butterweich. Sie fragte ihn, ob er wisse, wo Tornor Keep liege, und erriet schließlich aus seinen Antworten, daß es eine Tagereise entfernt sei. Er ließ sie die Nacht über bei sich bleiben, und sie schlief neben dem Feuer auf der Erde. Am nächsten Morgen gab er ihr ein paar Streifen Dörrfleisch. Sie ließ ihm das Kaninchenfell zum Dank und hoffte, er werde Verwendung dafür finden. Das Fleisch war ein größeres Geschenk, als er ahnen konnte, denn sie hatte nur noch zwei Jagdpfeile.
    Der Wind war weniger bitter im Schutz des kleinen Gehölzes. Dankbar wand sich Sorren unter ihrem Pack hervor. Sie tastete in dem Sack nach dem Silberflakon, zog den Korken mit den Zähnen heraus und trank einen Schluck Wasser. Dann nahm sie einen Streifen Fleisch heraus und begann zu kauen. Sie genoß den Geschmack auf der Zunge. Sie konnte sich selber riechen, sie stank. Sie überlegte sich, wie das sein würde, wieder einmal ein Bad zu nehmen. In den letzten Nächten hatte sie von heißem Wasser geträumt, von heißem Essen, von heißem Wetter. Sie schluckte einen Bissen Fleisch die kalte Gurgel hinunter.
    In den Zwergkiefern bewegte sich etwas: ein Vogel vielleicht, oder ein Wiesel. Sorren spähte neugierig umher, ob es sich zeigen würde, doch das Tier hatte die Hebung ihres Kopfes bemerkt und verschwand in sein Nest oder seinen Bau. Mühsam streifte sie sich die Tragriemen ihres Packs wieder über die Schultern. Sie atmete eine Lunge voll der eisigen, trockenen Luft ein: sie schmeckte nach Fichtenharz, nach kaltem Fels und nach Stille. Vor ihr standen wartend die Berge.
    Die Stiefel knirschten auf der froststarren

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