Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden
sich vorzustellen.
Isak rubbelte sich die Haare mit dem Tuch. Sorren sagte zu seinem Nacken: »Mein Herr und Lord, darf ich dich etwas fragen?«
»Aber sicher.«
»Heute früh habe ich Paxe im Hof mit einem Schwert trainieren sehen.«
Er ließ das Handtuch fallen, drehte sich um und blickte sie an. Seine Stimme klang sanft wie ein Katzenschnurren: »Wirklich? Wie interessant.«
»Es hat mich beunruhigt. Ich habe gedacht – ich weiß, daß jemand Schwerter in die Stadt gebracht hat, alle wissen das –, ich hab' gedacht, es ist verboten, ein Schwert zu haben.«
»Dann solltest du Paxe darüber fragen«, sagte Isak.
»Ich rede mit ihr nicht über solche Sachen«, sagte Sorren. Dies stimmte. Sie ließ die Blicke zu den Wandbehängen schweifen. Sie wiesen die Farben des Hauses Med auf: rot und blau.
Isak straffte sich das Haar mit einer Hand im Nacken und tastete mit der anderen nach einer Spange. »Teilen denn die wahrhaft Liebenden nicht alles miteinander?« Er fand die Spange. »Und wieso fragst du ausgerechnet mich?«
Sorrens Herz pochte heftiger. Weil mir deine Schwester das befohlen hat, dachte sie. »Weil ich mir denke, du würdest es wissen«, sagte sie.
Isak rieb sich mit der Hand über die glattrasierte Wange. »Es ist gegen das Gesetz, ein Langschwert zu besitzen, ein Kriegsschwert. Aber es hat nie einen Erlaß des Rates gegeben, der den komys, das Kurzschwert, verbietet. War das Schwert ein langes?«
»Ich weiß nicht, ich habe nie ein langes gesehen.«
Er gab ihr die Länge und Breite mit den Händen an. »Etwa so und so.«
»Ich kann es wirklich nicht sagen. Ich war zu weit weg. Ich bin bloß eine Leibeigene, also darf ich nicht auf den Waffenhof.«
Isak erhob sich. »Hast du dich mit Paxe gestritten?«
Sie blickte auf ihn hinab. »Wie kommst du denn darauf?«
»Der Kratzer an deiner Stirn.«
Isak besaß scharfe Augen. Sorren fuhr mit den Fingern über die Schwellung. Sie hatte wirklich beinahe vergessen, daß sie noch da war. »Nein, das war Ricky«, sagte sie.
»Wer ist Ricky?«
»Ein dummer Junge«, sagte sie, »der mich vor einer Woche auf dem Markt angerempelt hat.«
»Ah, ein Anbeter!« er neigte den Kopf zur Seite, um zu sehen, wie sie auf seine Neckerei reagieren würde. Sie fragte sich, was er sagen würde, wenn er wüßte, daß Ricky Paxes Sohn war. Natürlich würde er seine Witze darüber reißen. »Das freut mich«, sagte er. »Ich wäre untröstlich, wenn ich hören müßte, daß Paxe und du Streit habt.«
Es machte ihm diebischen Spaß, dergleichen zu ihr zu sagen. Sorren griff nach dem Tablett, zog es heran und goß für beide die Gläser voll Zitronenwasser. »Wer heiratet eigentlich?« fragte sie wie nebenbei.
»Col Ismenin heiratet Nathis Ryth aus dem Blauen Clan.«
Also war Jeshims Information korrekt gewesen. Sorren trank Wasser. »Also ist sie dann eine Ismenin-Tochter?« fragte sie.
Isaks Augen wurden schmal. »Wie die Dinge stehen, eigentlich, nein«, sagte er langsam. »Der Vertrag bedingt, daß er ein Ryth wird. Warum fragst du?«
»Ach, aus Neugier«, sagte Sorren und blickte ihm fest in die Augen. Nach einem kurzen Augenblick lächelte er.
»Das ist schließlich ja schon Tradition«, sagte er. »Und das Haus Ryth ist sehr zufrieden mit dem neuen Sohn.«
Sorren stellte ihr Glas ab. »Ich sollte jetzt gehen, Herr.«
»Ja, ich nehme an, du mußt. Ich sehe dich dann also im Hause Ismenin. Verabsäume bitte nicht, meiner lieben Schwester meine untertänigsten Grüße zu übermitteln.«
»Ja, Herr und Lord.«
»Ich vermute, sie schläft noch immer allein.« Sorren gab keine Antwort. Isak fuhr träge fort: »Sie braucht jemanden im Bett, glaube ich, der sie davor bewahrt, alt und häßlich und verbittert zu werden. Ich würde ihr ja gern jemand empfehlen, aber ich fürchte, unsere Geschmacksrichtungen stimmen nicht überein.«
Sorren verabscheute es, wenn er so über Arré sprach. Sie schaute an ihm vorbei über seine Schulter zu den Wandteppichen.
»Vielleicht schaust du dich mal für sie um«, sagte Isak, »da dein Geschmack ja in die gleiche Richtung geht wie ihrer. Du weißt doch, daß sie und Paxe mal Bettgefährtinnen waren?«
Sorren starrte ihn an, schockiert und mit dümmlichem Gesichtsausdruck. »Nein«, sagte sie.
»Vor dreizehn Jahren, als sie beide noch jung und feurig und schön waren.« Er hob die Stimme: »Teneth! Bring mir ein frisches Hemd!« Das dickliche Mädchen kam eilig mit einem blauen Hemd überm Arm hereingewatschelt. Er
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