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Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden

Titel: Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth A. Lynn
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spräche er zu einem Hund oder zu einem Rind.
    Sorren berührte den Boden mit einem Knie und stand wieder hochgereckt da. »Mein Herr, ich gehe nach Hause. Ich habe eingekauft.«
    »Na also«, sagte Kim Batto triumphierend.
    Die Heilerin beachtete ihn nicht. »Sie hat Angst«, sagte sie. »Ich glaube, sie hat Angst vor mir.« Sie streckte eine Hand aus. »Kind, du brauchst mich nicht zu fürchten. Ich bin dem Chea geweiht, der Harmonie.« Die Stimme klang verführerisch.
    »Lehi, das ist doch lächerlich«, sagte Kim Batto und legte der Hexe die Hand auf die Schulter.
    Sie wirbelte unter der Berührung herum. »Mein Herr und Lord, ich habe dir nicht die Erlaubnis gegeben, mich zu berühren«, sagte sie so klar und deutlich, daß die alten Männer am Brunnen es hörten und zu keckern begannen. Kim Batto wurde blutrot im Gesicht. »Auch habe ich nicht um deine Hilfe gebeten!« Die Hexe wandte sich wieder Sorren zu. »Du hast mich ›Damisen‹ genannt. Das ist ein Wort aus der alten Sprache. Wo hast du sie erlernt, mein Kind?«
    Sorren sagte zaudernd: »Ich war Pflückerin, lehi. Ich habe es auf den Feldern gelernt.«
    »Du bist eine Feldarbeiterin? Aber warum fühle ich dann ...« Die Hexe ließ den Satz unbeendet. Und plötzlich fühlte-spürte-wußte Sorren, da war eine Berührung, eine Wesenheit, weich wie eine Spinnwebe, aber kräftig wie das Licht der Sonne, unentrinnbar wie der eigene Herzschlag. Ihre Sinne schienen sich zu verdunkeln, schienen schwächer zu werden, um dann, plötzlich, viel klarer zu werden. Wind schlug ihr ins Gesicht – sie roch den Duft von Leder, Sandelholz, Linnen und Wasser. Unfähig, sich zu bewegen, ertrug sie das Eindringen der Hexe in das Heiligtum unter ihrer Schädeldecke.
    Der Kontakt dauerte nur einen Augenblick, dann verging er. Freigegeben, stieß Sorren einen Schrei aus. Tollpatschig wie ein Kind stieß sie gegen Kim Batto, der einen Fluch ausstieß. Als sie das Gleichgewicht wiedergewonnen hatte, floh sie Hals über Kopf wie ein Verbrecher vom Ort seiner Untat. Sie tauchte durch das Gewirr der Einkaufenden, der Händler und Kinder und Ochsen und Ziegen davon. Endlich erreichte sie, schluchzend vor Atemnot, das Med-Haus. Der Torposten gaffte sie erstaunt an. »Wer ist denn hinter dir her?«
    Sie verfügte nicht über die Worte, es ihm zu sagen.
    »Fahr zur Hölle!« Sie rannte durch das Tor, ehe er überhaupt hinlangen konnte. Paxe stand auf dem Waffenhof – Sorren hörte sie reden, Anweisungen geben. Es hörte sich an, wie wenn sie Pikentraining befehligte. Sorren wandte sich dem Häuschen zu, blieb dann jedoch stehen. Paxe hatte ihr seit vier Tagen nicht einen einzigen Blick gegönnt. Wenn sie jetzt in die Kate ging, könnte das Paxe wütend machen. Und das würde sie nicht ertragen können. Aber wenn sie ins Haupthaus ging, würde Arré sie vielleicht sehen und würde wissen wollen, was nicht in Ordnung sei, und was sollte sie dann sagen? Nach Atem ringend stolperte sie in den Garten und ließ sich dort auf den Rasen fallen.
    Es war Borti, der sie fand. Als wiege sie nichts, hob er sie hoch und trug sie an die Hinterseite des Hauses in die Nähe der Waschküche. »So.« Er steckte ihr einen Fruchtschnitz in die Hand. »Iß!« Sie biß hinein. Der süße Saft machte sie heftig einatmen, so gut schmeckte es.
    »Wie ...«
    »Ruath hat es mir gesagt.« Ruath hatte die Wache am Tor. »Hat gesagt, du sähest geradeso aus, als ob ein Dämon hinter dir her wäre.«
    »Oh.«
    »Ich hab' ihm gesagt, daß ich das bezweifle. Aber ich hab' mir gedacht, ich geh mal nach dir schauen.« Seine tiefe Stimme rumpelte zärtlich dahin wie ein Wiegenlied. »Du weißt doch, du brauchst mir überhaupt nichts zu erzählen, wir sind doch Freunde, oder? Aber wenn du gerannt bist, dann hast du Hunger, also hab' ich dir was zu essen gebracht. Und durstig ...« – Er legte ihr eine lederbezogene Flasche in den Schoß. »Also hab' ich das da auch gleich mitgebracht.«
    Sorren zerrte mit zuckenden Fingern den Korken aus der Flasche. Aber sie zitterte jetzt nicht mehr so stark. Dann trank sie. Der Wein war sehr herb und stark. Sie verschluckte sich, hustete sich aus und trank erneut. »Danke, Borti!«
    »Ach, nicht der Rede wert. Du würdest das doch auch für mich tun, oder?«
    »Sicher.« Sie lächelte weinerlich in sein schnurrbärtiges Gesicht hinauf. Die Schnurrbarthaare waren von weißen Strähnen durchsetzt, doch waren sie noch immer lang und von üppiger Dichte. »Bloß glaube ich nicht, daß ich

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