Die Chronik von Tornor 03 - Die Frau aus dem Norden
Probe mit Isak heut morgen«, sagte Sorren. Sie rutschte auf der Matte näher an Paxe heran.
»Und, ist es gut gegangen?«
»Ja«, sagte Sorren. »Aber ich hasse Isak!«
Paxe fragte: »Warum haßt du Isak, chelito?« Ihr Arm schlang sich um Sorrens Schultern, und sie ließ sich glückserfüllt dagegensinken.
»Er ist ein chaba'ck! Es macht ihm Vergnügen, Menschen wehzutun.«
Paxes Körper wurde vollkommen steif. »Hat er dir wehgetan?«
»Er hat was gesagt ...«
Paxe blickte finster drein. »Was?«
»Er hat mir gesagt ...« Sorren starrte auf die Bodenmatten. Plötzlich war es gar nicht mehr so leicht, es auszusprechen. »Er hat gesagt, du und Arré, ihr wart ein Liebespaar, vor ganz langer Zeit.«
»Ah«, sagte die Hofmeisterin und streichelte mit den Fingern Sorrens Nacken. »Er war ja nicht einmal hier. Er war in Shanan und lernte bei Meredith.« Sie schlang beide Arme um Sorren und zog sie fest an sich. Sorren konnte die Tusche an ihren Fingern riechen. »Du willst also, daß ich dir davon erzähle?«
»Ja. Bitte«, sagte Sorren.
Paxes Atem strich durch Sorrens Haar. »Ich war damals Zweitkommandierender bei den Med-Wachen. Kemmeth-no-Vira war Hofmeister. Er ist schon tot. Ich war vierundzwanzig, Ricard war ein Baby, und Arré war dreißig. Es war drei Jahre nach dem Tod ihrer Mutter, und Arré lernte, wie man Oberhaupt einer Familie und Ratsmitglied ist. Sie war auch damals schon so wie jetzt – klein und hochfahrend und eigensinnig wie ein Hurrikan – und ich ...« – Paxe zögerte – »ich war dir ziemlich ähnlich, auf vielerlei Art. Sie brauchte jemanden, mit dem sie reden konnte, und ich hörte gern zu ...«
»War sie schön?« fragte Sorren.
Paxe gluckste. »Das würde ich nicht gerade sagen. Bezaubernd. Ja, und sie konnte einen zur Weißglut treiben. Nein, schön war sie nicht.«
Sorren verschränkte die Finger in die ihrer Geliebten. »Aber du, du mußt schön gewesen sein.«
»Das bezweifle ich«, sagte Paxe.
»Und was ist passiert?«
»Wir waren zwei Jahre lang ein Liebespaar. Und dann ... dann wuchsen wir einfach langsam auseinander.«
Sorren runzelte die Stirn. »Daraus erfahre ich nicht sehr viel.«
»Es ist schon so lange her«, sagte Paxe sanft. »Du kennst doch das Silberarmband mit dem blauen Stein drin, das Arré immer trägt?«
»Natürlich«, sagte Sorren, »es ist ihr Lieblingsschmuck.«
»Ich habe es ihr geschenkt.«
»Oh!« Sorren erwog diese Nachricht einen Augenblick lang. »Tut es dir leid, daß es vorbei ist?« fragte sie, unfähig den kleinen Giftstich der Eifersucht aus ihrer Stimme zu verbannen.
Paxes Arme drückten sie fester. »Ich hab' doch eine Geliebte«, sagte sie.
Und dann liebten sie sich. Gleich da auf den Matten des Fußbodens, und das Webmuster drückte sich tief in Sorrens nackten Rücken ein.
Nach dem heftigen Liebesspiel saß Sorren erschöpft und nackt im Unterzimmer und erzählte Paxe von ihrem Besuch bei Marti Hok, von der Geschichte der Sorren von Tornor und von der Entdeckung der ›Karten‹. »Es ist wahr«, sagte sie. »Marti Hok hat es gesagt. Ich bin wirklich aus dem Norden.«
Paxe fragte: »Hast du Marti Hok erzählt, daß du in den Norden gehen willst?«
Sorren faßte ihr Haar mit den Händen zusammen, um es zu flechten. »Sie hat es gewußt«, sagte sie und errötete, als ihr einfiel, daß Marti Hok ja auch über sie und Paxe Bescheid gewußt hatte. »Sie weiß ziemlich viel.« Sie hielt im Zöpfeflechten inne, als ihr Martis Worte einfielen. »Sie hat gesagt, Isak sei böse.«
Paxe lehnte sich in ein Kissen zurück. »Böse ist aber ein sehr starkes Wort.«
»Du selber hast gesagt, er führt etwas im Schilde«, sagte Sorren mit Nachdruck.
»Und das tut er. Du brauchst ein Band, chelito.« Sie stand auf und ging ins Obergeschoß. Sorren hörte sie im Schlafzimmer hantieren. Als sie wieder herunterkam, hielt sie ihr ein langes Indigoband hin.
Sie schlang das Band über Sorrens Kopf und dann hinab und kreuzweise über ihre Brüste. Sorren griff mit einer Hand danach. »Mach das nicht, es kitzelt.« Sie verknotete das Band um das Ende des Zopfes ganz fest, dann fragte sie: »Was heckt Isak aus?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Paxe. »Aber wieso hat er sich heute dazu hinreißen lassen, dich unglücklich zu machen? Ich habe gedacht, er mag dich gern.«
»Ich glaube«, sagte Sorren langsam, »es war, weil ich ihn über die Schwerter ausgefragt habe.«
Paxe erstarrte zu einer Statue, ehe sie sich langsam auf die Matte
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