Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
Dachkammer der Wetterwarte war über und über mit gewundenen Kupferröhren, verschlungenen Destillierkolben und anderen alchemistischen Gerätschaften vollgestopft. In einer Ecke drehte sich ein von Mäusen angetriebenes Laufrad und aus mehreren großen Gläsern glotzten sie grüne Wetterfrösche an.
»Herein mit euch!«, ertönte eine Bassstimme. Doktorius Gischterweh war ein beleibter Mann mit glatt zurückgekämmtem, braunem Haar, dessen blaue Windmachertracht sich straff über seinen Bauch spannte. Eine Schwalbe flog von seiner Schulter und sauste hinauf zu einem Nest, das an einem der Dachbalken klebte. Der Doktorius legte eine große Lupe beiseite und wandte sich von einem großen Spinnennetz an der Wand ab, in dem eine fast fingerlange Rempelspinne hockte. Er zwinkerte ihnen zu, als er ihre irritierten Blicke bemerkte. »Ist die Spinne zu träge zum Fangen, Gewitter bald am Himmel hangen. Ist was Wahres dran.«
Erst jetzt wandte er sich seinem Kollegen zu. »Und, Horatio? Wieder Gespenster gesehen?«
»Jaja, treibt ruhig euren Spott mit mir«, murrte dieser und nieste laut. Misstrauisch trat er an eines der Turmfenster und sah auf die Straße. »Ihr werdet mir eines Tages noch dankbar sein, dass ich mich nicht so leichtfertig verhalte wie ihr.«
»Du könntest wenigstens deinen Hut abnehmen«, schlug Doktorius Gischterweh vor. Magister Chrysopras kam seinem Wunsch unwillig nach und enthüllte eine Halbglatze. Der Dicke griff zu einem knorrigen Weidenstab an der Wand, dessen Ende mit einem taubeneigroßen Bergkristall besetzt war. »Euren kranken Freund legt am besten gleich dort hinten aufs Bett.«
Er geleitete Koggs in eine kleine Schlafkammer, die nur durch einen Vorhang vom Arbeitsraum getrennt war. Der Klabauter legte den Elfen kommentarlos nieder und Fi und der Magier beugten sich über ihn. Die beiden flüsterten leise miteinander, und Kai sah, wie Fi unglücklich den Kopf schüttelte. In diesem Moment trat Magistra Wogendamm ins Zimmer. Sie trug ein Tablett in den Händen, auf dem zwei Teller mit Schmalzbroten und ein halbes Dutzend Arzneiflaschen standen.
»Ich schlage vor«, sprach sie, »ihr esst erst einmal etwas, während wir uns um euren Patienten kümmern.«
Sie stellte das Tablett auf einem Hocker ab und murmelte eine Formel. In diesem Moment fing es in einer Wasserschale, die neben dem Hocker auf dem Boden stand, zu gluckern und zu plätschern an und vor ihren Augen erhob sich ein durchscheinendes Wasserwesen aus der Schale. Es war eine Nereide. Erwartungsvoll blickte das zierliche Elementar zu der Zauberin auf.
»Meine Liebe, wir haben Gäste«, sagte die Zauberin. »Mach doch bitte den Tisch da sauber und stell den Regenkocher solange auf das Fass da hinten! Und dann hol ein paar Stühle, damit wir uns setzen können.«
»Wie Ihr wünscht, Herrin«, gluckste das Wasserelementar, brauste zu einem Abstelltisch, auf dem ein schwerer Kupferkessel mit verschlungenen Röhren stand, und schwemmte die eigentümliche Apparatur zu einem großen Eichenfass unter einer Schiefertafel mit Wetteraufzeichnungen.
Anschließend schwappte es so lange über die Tischfläche hinweg, bis die dunklen Flecken darauf verschwunden waren, und spülte den Tisch zusammen mit fünf Hockern in die Zimmermitte. Magistra Wogendamm verschwand derweil im Nebenzimmer. Hansen sah dem Treiben kopfschüttelnd zu.
»Bisschen hoch, findet ihr nicht?« Koggs starrte missmutig die langbeinigen Hocker an und schob sich eine schwere Kiste von der Wand heran. Dann setzte er sich und langte nach einem der Brote. Kai und der Stadtkämmerer folgten seinem Beispiel. Einzig Magister Chrysopras ließ sich von alledem nicht beirren. Hin und wieder in Hansens Taschentuch schnäuzend, beäugte er weiter die Umgebung vor dem Turm. »Sag mal, Koggs«, meinte Kai leise. »Was meinte Fi vorhin damit? Ich meine mit diesem >lichtverschworen« Der Klabauter kratzte sich nachdenklich unter seinem Dreispitz und suchte das Zimmer erfolglos nach etwas Hochprozentigem ab. Hansen reichte ihm stumm einen silbernen Flachmann. »Weiß nicht genau. Diese Elfen drücken sich immer etwas schwülstig aus. Klingt für mich wie Gesäusel von Verliebten.« Der Klabauter lachte rau und nahm einen kräftigen Zug aus der Flasche. »Aber das wäre bei zwei Jungs ja wohl eher ungewöhnlich.«
»Jaja, ...« Kai versuchte sich an einem Lächeln, doch es gelang ihm nicht so recht. In diesem Moment öffnete sich der Vorhang, und Fi und die beiden Magier kehrten
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