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Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten

Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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spannen wir die imposanten Tiere als Zugtiere vor unsere Karren und Wagen.« Schließlich erreichten sie den Dorfplatz, der von einem zweistöckigen Wirtshaus mit bunten Fenstern aus Rosenquarz dominiert wurde, über dessen Eingang eine Honigwabe baumelte. Gelächter drang aus seinem Innern.
    »Das ist der Honigkrug«, meinte Eulertin schmunzelnd. »Unbestritten das Zentrum Sperberlingens. Hier wird es heute Abend ganz schön wild zugehen.«
    »Was ist das dort?«, fragte Kai und deutete auf eine Hütte, über deren Eingang ein Zunftzeichen mit einer Flamme und zwei gekreuzten Hämmern zu sehen war. »Tja«, antwortete Eulertin. »Das ist das alte Schmiedehaus Sperberlingens. Dort arbeiteten früher Magister Fackelbart und seine Gesellen. Sie waren Feuermagier, so wie du.«
    »Feuermagier? Was wurde aus ihnen?«
    »Fackelbart und seine Lehrlinge wurden von Morgoyas Schergen umgebracht. Das ist jetzt vier Jahre her. Seitdem ist es uns Däumlingen nicht mehr möglich, Werkzeuge aus Metall herzustellen. Um Eisen zu verhütten, braucht man Temperaturen, die man ohne Zauberei nur in gewaltigen Schmelz öfen erzeugen kann. Doch die kann kein Däumling bauen. Wir beziehen unsere Werkzeuge jetzt von den Zwergenschmieden aus Mondraiosch, doch deren Arbeit ist überaus teuer.«
    Kai folgte dem Windmagier nachdenklich weiter in Richtung Weidenstamm. Sie kamen nun in ein Viertel, in dem es streng nach schwelendem Harz roch. Eulertin, der sah, wie Kai die Nase rümpfte, blieb kurz stehen. »Der Geruch stammt von der Firniskocherei Sperberlingens. Die beiden Erdmagier, die dort arbeiten, unterstehen Amabilia.« »Was ist das, eine Firniskocherei?«
    »Ach Junge, das musst du doch wissen«, antwortete der Däumlingsmagier unwirsch. »Das ist jene Flüssigkeit, mit der auch ihr Menschen Holz und Bilder behandelt, damit sie nicht irgendwann Glanz und Haltbarkeit verlieren. Unser Firnis hingegen dient noch einem anderen Zweck. Er härtet jene Materialien aus, die normalerweise zu leicht oder zu zerbrechlich wären, als dass selbst wir Däumlinge sie verwenden könnten.« »Wohnt hier diese Amabilia?«
    »Nein, sie lebt dort oben.« Eulertin deutete den Stamm der Weide empor. Hoch oben, etwas unterhalb der Blätterkrone, entdeckte Kai eine alte Spechthöhle, die von einem großen Zunderschwamm überdacht wurde. Vor dem Baumhaus erstreckte sich eine breite Balustrade, die von einem verschlungenen Geländer aus grünen Weidenzweigen eingefasst wurde. An langen Seilen baumelten Weidenkörbe hinab in die Tiefe. »Herrje!«, entfuhr es Kai. »Von dort oben hat man sicher eine tolle Aussicht auf Sperberlingen.«
    »Allerdings. Und nun komm. Amabilia wundert sich sicher schon, wo wir bleiben.« Kai, der erwartet hatte, dass sie sich jetzt den herabhängenden Tragekörben zuwenden würden, fühlte sich plötzlich von einem Windelementar gepackt, das ihn brausend anhob und an der Seite von Magister Eulertin zur Wohnstatt der Erdzauberin trug. Oben angelangt lösten sich die Elementare unter säuselnden Geräuschen auf. Beeindruckt sah sich Kai um. Nicht nur das Geländer, die gesamte Balustrade wurde von lebendem Astwerk gebildet. Nur hatte er keine Vorstellung, wie Amabilia den Baum dazu gebracht hatte, auf diese kunstvolle Weise zu wachsen. Eulertin ging an einem großen Laufrad vorbei, in dem ein Wesen hockte, das zur Gänze aus Eichenlaub und Wurzelsträngen bestand. Es blinzelte ihnen träge aus Moosaugen zu. Ein Eichung. Oder ein Wurzelbold. So genau konnte Kai das nicht sagen, aber er hatte Erdelementare wie dieses schon einmal in einem von Eulertins Büchern gesehen. Offenbar diente es Amabilia dazu, die Lastkörbe nach unten und oben zu ziehen.
    Eulertin klopfte höflich gegen die kunstvoll beschnitzte Tür, dann betraten sie einen hohen Raum mit Tischen und Bänken aus Weidenrinde, die in Blickrichtung eines Pultes aufgestellt waren. An der Wand hinter dem Pult hing eine große Schiefertafel, direkt daneben stand ein Ständer mit großer Karte, auf der ein Sperber abgebildet war. »Was ist das hier?«, fragte Kai flüsternd.
    »Ein Schulzimmer«, erklärte der Däumlingsmagier feierlich. Er war kurz stehen geblieben, um, wie Kai belustigt feststellte, schnell noch einmal mit einem Kamm durch seinen Bart zu fahren. »Amabilia ist die Dorflehrerin. Bei uns Däumlingen wird Bildung großgeschrieben, musst du wissen.« Schnell führte er ihn in einen Nachbarraum, der mit seinen gemütlichen Korbsesseln, einer großen Birkenholzkommode,

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