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Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten

Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten

Titel: Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Finn
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Dennoch ist es den Unbekannten gelungen, das Werk an sich zu reißen.« »Morgoya!«, sagte Kai.
    »Oder einer ihrer Schergen«, ergänzte Eulertin. »Wir müssen uns wohl mit dem Gedanken vertraut machen, dass unsere Feinde ihre Schlinge enger ziehen.« In diesem Moment durchstießen sie mit ihrer Gondel das weit überhängende Geäst der angrenzenden Trauerweide.
    Kai lehnte sich neugierig über den Rand der Eierschalengondel und diesmal war es ihm egal, ob sie bei der heftigen Bewegung hin und her schwankte. Die Trauerweide stand direkt am Ufer jenes Baches, dem sie von Mondraiosch aus gefolgt waren. Und in ihrem Schutz lag Sperberlingen verborgen. Kai starrte auf die mit Tannenzapfenschuppen und Fichtennadeln gedeckten Häuser hinab. Das braungrüne Dächermeer bedeckte fast die gesamte Fläche zwischen dem Stamm und den ausladenden Baumzweigen, deren Spitzen sogar bis ins Wasser des Baches ragten. Sperberlingen verfügte über steinerne Kaianlagen, neben denen Nussschalenboote auf dem Wasser dümpelten. Auf der anderen Seite war das Dorf durch einen hohen Palisadenwall geschützt.
    Überall waren Däumlinge zu sehen, die ihrem Tagwerk nachgingen. Da Sperberlingen im Dämmerlicht der Trauerweide lag, standen an den Straßenkreuzungen hohe Talglaternen aus schlankem Schilfrohr, an deren Enden winzig kleine Flammen brannten. Der Anblick war beeindruckend.
    Endlich erreichten sie die untere Station der Baumbahn. Ein mürrisch dreinschauender Däumling mit dickem Bauch und verstrubbeltem Haar half ihnen beim Ausstieg, dann machten sie sich auf den Weg ins Dorf innere. Die Männer, die ihnen entgegenkamen, trugen zumeist Jacken aus Fell und Schuhe aus Birkenrinde, die Tracht der Frauen hingegen bestand aus dunkelbraunen Röcken und grünen Wollwesten. Vor allem gefielen Kai die adretten Häuser der Ortschaft. Sie waren aus bunten Flusskieseln erbaut und jedes von ihnen besaß eine reich mit Käfern, Vögeln oder Blumen beschnitzte Eingangstür. Kai fiel auf, dass viele der Einwohner damit beschäftigt waren, ihre Häuser und Gärten mit Lampions und bunten Blütengirlanden aus Primeln, Veilchen und Gänseblümchen zu schmücken.
    »Hier laufen doch die Vorbereitungen für eine Feier, oder?«, wollte er von Eulertin wissen.
    »Das fällt dir erst jetzt auf?« Magister Eulertin schüttelte den Kopf. »Sperberlingen feiert heute Abend das Mondfest, Junge. Den Frühlingsbeginn.«
    Soeben kamen sie an einer Distelweberei vorbei, in der einige Däumlingsfrauen an klappernden Webstühlen saßen, als Kai vor einem der Häuser, nur wenige Schritte von ihnen entfernt, einen Schrei vernahm. Mit seiner Zauberflöte in der Hand fuhr er herum und entdeckte auf einer Leiter ein rothaariges Mädchen, das wild mit den Armenruderte und von der obersten Sprosse kippte. Ohne nachzudenken, handelte Kai. Mit ausgestrecktem Arm wirbelte er einen vor der Weberei liegenden Haufen Distelwolle über die Straße. Keinen Augenblick zu spät, das Mädchen landete weich und sicher. Das Mädchen rappelte sich auf. »Danke, Magister Eulertin.«
    Der deutete lächelnd auf seinen Lehrling.
    »Bedank dich bei diesem jungen Mann hier. Ich war leider zu langsam.« »Dann hast du mir das Leben gerettet?« Das Mädchen strahlte Kai aus aquamarinblauen Augen an und küsste ihn kurzerhand auf den Mund. »Wie heißt mein edler Retter?«
    »Kai«, krächzte dieser überrumpelt.
    »Ein hübscher Name. Ich heiße Eibe. Wir sehen uns auf dem Mondfest. Der erste Tanz gehört dir.«
    Der rote Wirbelwind drehte sich kokett um und ließ den völlig verdatterten Kai stehen. »Donnerwetter.« Der Magister schmunzelte. »Wenn du so weitermachst, laufen dir bald alle Mädchen im Dorf hinterher.«
    Magister Eulertin klopfte ihm beim Weitergehen väterlich auf die Schulter. Kai betastete ungläubig seine Lippen und wünschte sich, Fi hätte sich ihm gegenüber nur einmal so dankbar gezeigt.
    Sein Blick fiel nun auf ein großes, rundes Gebäude mit ausladendem Pilzdach. Die eckigen Fenster besaßen Flügel aus schwarzen Insektenpanzern und über dem hohen, zweiflügeligen Eingangsportal hingen prachtvolle Geweihe, die im Schein einer Schilfrohrlaterne matt schimmerten.
    »Sind das etwa Hirschgeweihe?«, wollte der Zauberlehrling wissen. »Muss doch extrem aufwendig gewesen sein, die so klein zu kriegen?«
    Eulertin schüttelte den Kopf. »Das sind die Geweihe von Hirschkäfern. Das ist das Larvenhaus. Und bei den Männern dort handelt es sich um Käferzüchter. Im Sommer

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