Die Chroniken der Nebelkriege 2: Der Eisige Schatten
Kai ein.
»Ja, vielleicht«, antwortete Eulertin und eine Weile schwiegen sie und lauschten der fröhlichen Elfenweise unter ihnen. Kai musste zugeben, dass Gilraen beneidenswert gut spielen konnte.
»Kommst du mit mir runter?«, wollte Eulertin wissen. »Wenn ich mich nicht irre, wartet auf dem Festplatz ein junges Däumlingsmädchen auf dich.«
»Ach, lieber nicht.« Kai schüttelte hastig den Kopf und täuschte Müdigkeit vor. »Der Tag war ziemlich anstrengend.
Amabilia hat Euch doch sicher berichtet, dass mir der Ritt auf dem Eichhörnchen nicht besonders gut bekommen ist.«
»Ja, das hat sie.« Eulertin klopfte ihm väterlich auf die Schulter.
»Aber wie verhalten wir uns jetzt Gilraen gegenüber?«, fragte Kai.
»Mit Vorsicht«, erwiderte sein Lehrmeister und stopfte nachdenklich seine Pfeife. »Jedenfalls so lange, bis wir wissen, ob er die Schatten seiner Vergangenheit wirklich hinter sich gelassen hat. Für ihn spricht, dass Fi ihm vertraut. Das sollten wir nicht unterschätzen. Elfen besitzen ein feines Gespür für Stimmungen und sie durchschauen Täuschungsmanöver. Aber auch sie sind nicht unfehlbar.«
Kai seufzte unwillkürlich.
Der Däumlingsmagier steckte seine Pfeife in den Tabaksbeutel und packte seinen Zauberstab. »So, dann will ich dich mal in Ruhe lassen. Amabilia hat mal wieder Recht gehabt. Sie meinte schon zu mir, dass du wohl darauf verzichten würdest, dem Fest da unten einen Besuch abzustatten.«
»Das hat sie gesagt?« Kai blickte irritiert zu den Fenstern in seinem Rücken und sah die Hexe, wie sie fröhlich summend Blumen auf die Tische des Schulzimmers stellte. »Ja, das hat sie. Wie dem auch sei, da unten gibt es eine Menge alter Bekannte, die traurig wären, wenn ich nicht auf ein Schwätzchen zu ihnen runterkäme. Ich lasse euch beide dann mal alleine.« Eulertin zwinkerte seinem Lehrjungen verschwörerisch zu und ging zu einem der Weidenkörbe. Er stieg ein und drehte sich noch einmal zu ihm um. »Ach ja, nur für den Fall, dass du heute Abend doch noch etwas unternehmen solltest, denke daran, dass wir bereits morgen Mittag abreisen werden. Die Feenkönigin wartet auf uns.«
»Wieso? Was sollte ich denn noch unternehmen?« Kai schüttelte den Kopf und lauschte dem Ächzen und Quietschen von Seilwinde und Laufrad. Er starrte hinab und suchte nach Fi. Ob sie mit Gilraen tanzte? Sicher nicht, sonst hätte man ihn ja nicht spielen hören. Kais zufriedenes Lächeln erlosch, als er die beiden inmitten der Menge entdeckte. Der blonde Elf tanzte und spielte zum Vergnügen der Umstehenden zugleich, und es war ziemlich deutlich zu sehen, dass er und Fi von einer Gruppe von Däumlingsmädchen umringt wurden, die begeistert in die Hände klatschten. Hinter ihm knarrte die Haustür und Amabilia betrat den Balkon. »Ein herrlicher Abend«, sprach sie und trat näher. »Ich liebe das Mondfest.«
»Lasst Euch von mir nur nicht aufhalten«, entgegnete Kai trübsinnig.
»Oh, da haben wir uns missverstanden.« Sie rückte verschmitzt ihre Brille zurecht und warf einen kurzen Blick über die Brüstung. »Das da unten ist ja ganz nett, aber dieses Fest meinte ich eigentlich nicht.«
»Ihr wollt noch auf ein anderes Fest?«
Amabilia ging nicht weiter auf die Frage ein, sondern deutete mit dem Kinn zum Dorfplatz. »Ein wirklich hübsches Mädchen. Und ganz schön temperamentvoll, wenn man das so sagen darf. Muss für dich sehr schwer sein, wie?«
Kai fühlte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Hatte Amabilia tatsächlich bemerkt, dass Fi ein Mädchen war?
»Wen, äh, meint Ihr?«
»Ach Kai«, Amabilia legte freundlich ihre Hand auf seinen Arm und sah ihm in die Augen.
»Ach so, das mit Fi«, stammelte er kleinlaut. »Na ja, ich musste ihr versprechen, es niemandem zu erzählen. Keiner weiß davon, nicht einmal Magister Eulertin. Und was das andere betrifft.« Er räusperte sich verlegen, »ja, sie ist ganz nett für eine Elfe.« »Ganz nett, soso«, sagte Amabilia amüsiert. Sie fuhr ihm durchs Haar und deutete hinab auf den Festplatz. »Bloß nicht aufgeben, mein Junge. Wenn du jemanden liebst, wirklich liebst, dann lohnt es auch, um deine Liebe zu kämpfen. In dir steckt viel mehr, als du ahnst. Wenn Fi das noch nicht begriffen haben sollte, was ich eigentlich bezweifle, wird sie eines Tages schon dahinterkommen.«
Kai schenkte ihr ein dankbares Lächeln.
»Ihr wart mit Magister Eulertins Bruder Melber verheiratet?«, fragte er neugierig. »Ja«, antwortete Amabilia. »Die
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