Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
Fesseln abzustreifen.
»Ah, da seid Ihr ja, Gargyle«, begrüßte sie der Hexenmeister mit heiserer Stimme. Barabas Schwarzmantel war in einen prachtvollen nachtdunklen Umhang gehüllt, der ständig mit den Schatten des Raumes zu verschmelzen schien. Außerdem hielt er einen Zauberstab in den Händen, auf dessen Ende die mondsilberne Applikation einer Spinne mit grünen Saphiraugen befestigt war. »Ich habe gehört, Ihr bringt mir nicht nur einen weiteren Klabauter, sondern auch eine Elfe?«
»Diese Schmuggler trieben sich vor der Küste herum, Eure Lordschaft«, rasselte Dystariel.
»Ah ja,sehr schön.« Ein feines Lächeln umspielte die Lippen des Hexenmeister. »Die Elfen reserviert sich bedauerlicherweise Ihre Nebelkönigliche Majestät. Aber dieser dort«, er fixierte Koggs lauernd, »der gehört von nun an mir. Klabauter sind so selten. Und jetzt besitze ich sogar zwei von ihnen. Endlich komme ich dazu, meine Versuchsreihe abzuschließen.« Er deutete auf Bilger Seestrand, der halb tot in der Nische hockte. »Immer wieder habe ich dieser Kreatur Verletzungen zugefügt und dann mit Flusswasser, Kanalwasser und Brackwasser experimentiert. Doch nichts scheint dieses Volk so widerstandsfähig zu machen wie Meerwasser. Woran mag das nur liegen ? Drei Tage ohne Wasser, doch stets reicht ein einziger Tropfen aus, ihm wieder etwas Leben einzuhauchen. Eigentlich müsste er längst vertrocknet sein. Faszinierend.« »Ich werde Euch umbringen!«, sprach Koggs mit Eiseskälte.
»Ach ja?«, belustigt beugte sich der Hexenmeister zu dem kleinen Kapitän herab. »Und wie willst du das anstellen, kleiner Seekobold?«
Dystariel trat neben den Hexenmeister und schlug ohne Vorwarnung zu. Ihre sichelförmigen Krallen rasten nach unten - und hieben durch die Gestalt des Hexenmeisters hindurch, wie durch schwarzen Rauch. Ein geisterhaftes Gelächter schallte durch das Turmzimmer und die Truggestalt löste sich vor ihren Augen auf.
Dystariel wirbelte alarmiert herum, während Koggs, Fi und Kai sich wie auf ein geheimes Kommando von ihren Fesseln befreiten. In diesem Augenblick raste aus einer Zimmerecke ein großes, ölig glitzerndes Spinnennetz auf sie zu, das Dystariel gegen eine der Wände schleuderte und vollständig einspann. Bevor Kai, Koggs und Fi reagieren konnten, wickelten sich auch um ihre Körper klebrige Fäden, die sie schmerzhaft gegen zwei der Bücherregale warfen. Kai, der in verrenkter Haltung seinen Stab mit der Laterne umklammerte, versuchte sich daraus zu befreien, doch vergebens. Das engmaschige Netz hatte sich fest um seinen Körper gespannt. Aus den Augenwinkeln sah er, dass es Fi, Koggs und Dystariel nicht anders erging. Hilflos mussten sie mit ansehen, wie der Hexenmeister abermals vor sie trat. Diesmal aus einer anderen Raumecke. Noch immer umspielte ein zufriedenes Lächeln seine Lippen. Weiter hinten im Zimmer öffnete sich eine niedrige Tür und mit grimmigem Blick betrat Hauptmann Eiron das Zimmer.
»Hab ich es mir doch gedacht«, sagte der Wachoffizier. »Mit diesem Gefangenentransport hat etwas nicht gestimmt.«
Auch auf der Treppe hinunter zum Archiv waren stampfende Schritte zu hören. Die Wächtergargyle, die sie vor dem Turm in Empfang genommen hatte, streckte ihren Schädel ins Zimmer.
»Braucht Ihr mich, Eure Lordschaft?«, grollte sie mit argwöhnischem Blick auf Dystariel.
»Nein, nein.« Ein überhebliches Lächeln umspielte die dürren Lippen des Hexenmeisters. »Ganz im Gegenteil. Ich habe hier alles unterKontrolle. Du darfst dich wieder auf deinen Posten zurückziehen.«
Die Gargyle entfernte sich.
»Hauptmann Eiron, Eure Aufmerksamkeit hat eine Belohnung verdient. Denn wenn ich mich nicht irre, dann ist uns heute ein ganz außergewöhnlicher Fang gelungen. Eine aufsässige Gargyle, ein Elfenmädchen und ein weiterer Klabauter«, fuhr Schwarzmantel mit seiner seltsam heiseren Stimme fort. »Offenbar haben uns die drei für dumm oder für nachlässig gehalten. Welch folgenschwerer Irrtum.«
Der Hexenmeister zückte eine Kristallkugel, in der auf magische Weise Fis Antlitz erschien und verglich das Abbild mit dem Gesicht seiner Gefangenen.
»Fiadora. Die lang gesuchte Tochter der Elfenregenten.« Er lächelte triumphierend. »Die dunkle Herrin wird zufrieden mit mir sein. Dann handelt es sich bei diesem Klabauter mit Sicherheit um Koggs Windjammer, dem du dich gerüchteweise angeschlossen hast. Auch er gilt als Staatsfeind ersten Ranges. Hervorragend.« »Ihr werdet Eurem
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