Die Chroniken der Nebelkriege 3: Die Letzte Flamme
pflegen. Und ich darf nichts tun, was mein Leben gefährden würde.«
»Gut.« Kai trat direkt neben ihn. Er berührte den Reif und ließ seine elementaren Kräfte wirken. Der Verschluss glühte hell auf und Stenzel schrie überrascht. Im nächsten Moment polterte das mondsilberne Halseisen vor ihnen zu Boden. »Ihr habt mich befreit?« Ungläubig starrte ihn der Secretarius an. Seine Augen füllten sich mit Tränen. »Wie habt Ihr das gemacht?«
»Elementares Feuer«, antwortete Kai ruhig.
»Meine Güte!« Stenzel tastete aufgeregt mit seinen Spinnenbeinen nach ihm. Kai trat unwillkürlich einen Schritt zurück.
»Entschuldigt. Aber zu so was sind nur Feuermagier imstande! Ich dachte, Morgoya hätte sie alle ausgelöscht?«
»Nein, nicht alle.«
»Beim Unendlichen Licht, dann ist es also wahr? Ihr seid die Letzte Flamme?« Stenzel verneigte sich vor ihm und knickste auf groteske Weise mit seinen acht Beinen. »Euer getreuer Helfer! Ich schwöre, ich werde Euch bis in den Tod dienen. Ihr werdet das Land und seine Menschen befreien und heilen, ja?«
»Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, Secretarius Stenzel.« Kai spürte, welche Hoffnungen der alte Mann wirklich hegte und kämpfte gegen den Kloß in seinem Hals an. Die schauderhafte Abnormalität des Secretarius würde er niemals rückgängig machen können. »Aber jetzt müssen wir in die Schatzkammer.« »Wie ich schon sagte, das ist nur Morgoya und Schwarzmantel möglich.« Der Secretarius krabbelte auf seinen übergroßen Spinnenbeinen aufgeregt an ihm vorbei und bedeutete Kai, Fi, Dystariel und den beiden Klabautern, ihm zu einem Regal an der Wand zu folgen.
»Ihr müsst es abrücken«, krächzte er. »An der Wand dahinter befindet sich eine Geheimtür, die hinauf in die Schatzkammer führt. Doch der Weg hinein wird euch versperrt bleiben. Morgoya hat die Tür zur Kammer mit einem mondsilbernen Türwächter ausgestattet. Er öffnet nur ihr oder Schwarzmantel persönlich.« Kai, Koggs und Fi traten an das Regal heran und räumten ungestüm die Bücher und Flaschen heraus. Anschließend stürzten sie das Gestell mit Dystariels Hilfe um. Vor ihnen im Mauerwerk waren die schwachen Umrisse einer verborgenen Tür zu sehen.
»Gebt mir einen Augenblick Zeit«, flüsterte Fi. Sie tastete das Gestein ab und fand schließlich den verborgenen Mechanismus, mit dem sich die Tür öffnen ließ. Kai trat vor und entzündete ein magisches Feuer, mit dem er den Geheimgang ausleuchtete. Er war breiter, als er gedacht hatte. Steinerne Stufen führten von hier aus nach oben und endeten an einem Portal aus Titanenerz, in das eine gehörnte, mondsilberne Fratze mit geschlossenen Augen eingelassen war. Sie schimmerte rötlich im Licht der Flammen. »Ist das da oben dieser Türwächter?«
Stenzel nickte bedauernd. »Wie ich Euch schon sagte, er wird nur dem Hexenmeister öffnen.«
»Wie wäre es, wenn wir die Schattenmuräne einfach vor diese Blechfresse stellen«, schlug Koggs vor.
»Ach, und du glaubst, dieser Türwächter ist so blöde und erkennt nicht, dass der Kerl ohne Besinnung ist?«, meinte Bilger. Der Klabauter hatte sich inzwischen wieder einigermaßen erholt und leerte gluckernd eine Flasche Wein, die er inmitten von Schwarzmantels Habseligkeiten entdeckt hatte. Laut rülpste er.
»Es muss eine Lösung geben. Sonst war unser Eindringen in die Drachenburg völlig umsonst«, brauste Fi auf. »Kai, vielleicht kannst du die Mondsilberfratze einfach einschmelzen?«
»Und wer öffnet uns dann das Portal?«, fragte Kai niedergeschlagen. »Das wird nicht mal Dystariel gelingen.«
»Lasst uns warten, bis Schwarzmantel erwacht, dann zwingen wir ihn«, knurrte die Gargyle.
»Um dann Gefahr zu laufen, dass er wieder einen seiner Tricks anwendet?« Kai packte grimmig seinen Zauberstab.
»Er hat mir einige Jahrzehnte Zauberererfahrung voraus. Noch einmal überrasche ich den nicht.«
Nachdenkliches Schweigen breitete sich in dem Turmzimmer aus, als sich Quiiiitsss wieder in Erinnerung rief.
»Na ja, mein junger Herr«, geisterte er, während er von der Decke hinüber zu dem bewusstlosen Hexenmeister schwebte. »Es gäbe da vielleicht doch eine Möglichkeit. Allerdings weiß ich nicht, ob das funktioniert, da ich es noch nie ausprobiert habe.« Kai blickte überrascht auf. »Was? Sag schon?«
»Vom blutigen Pfeifer habe ich mal vernommen, dass es ihm gelungen sei, in den Körper eines jungen Diebes zu fahren«, raunte der Poltergeist und verzog angewidert
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